Die Berliner Band Combo Aspik hat auf dem Überjazz-Festival in Hamburg ihre Playtime für ein live gespieltes DJ-Set genutzt. FINK.HAMBURG hat mit ihnen über ihre musikalischen Einflüsse und Clubkonzerte in Berlin gesprochen.

Titelbild: Yvonne Schmedemann @ÜBERJAZZ FESTIVAL

Combo Aspiks Konzerte sind aufgebaut wie ein DJ-Set: Funkige Discobeats bringen das Publikum zum Tanzen, lassen aber wenig Zeit für Applaus. Wir haben Bassisten und Produzenten Magic Manfred und Gitaristen Florian Schultz nach ihrem Auftritt auf dem Überjazz-Festival im November getroffen und mit ihnen über ihre Inspirationen, ihre Hassliebe zu Vulfpeck und Jazzschubladen gesprochen.

Das Überjazz-Festival findet jährlich auf Kampnagel statt. Neben Jazz, werden in drei verschiedenen Hallen Soul, Hip-Hop, Ambient und andere Musikrichtungen gespielt.

FINK.HAMBURG: Während des Überjazz-Festivals haben wir uns gefragt: Wie definiert ihr für euch das Genre Jazz?

Magic Manfred: Jazz ist heute ein weit gefasster Begriff, der durch moderne Einflüsse und tanzbare, energetische sowie teils spirituelle Elemente geprägt ist, besonders auf Festivals wie diesem. Unsere Musik sehe ich nicht klassisch als Jazz, auch wenn sie improvisiert und im Moment entsteht – unser Fokus liegt auf Tanzbarkeit, Energie und Freude. 

Florian: Für mich bedeutet Jazz vor allem, ständig etwas neu zu denken – das macht diese Musik so spannend. Deshalb würde ich auch sagen, Jazz ist wahrscheinlich die Musikrichtung, die sich in den letzten 80 Jahre am meisten verändert hat. Auch wenn viele aktuelle Stile und Acts, wie das Überjazz-Festival, oft nostalgische Elemente aufgreifen und mit modernen Elementen mischen. Ich denke da zum Beispiel an Silvan Strauss.

Wie ist es bei euch selbst? Ihr bezeichnet euch schon eher als Funkband, oder? 

Magic Manfred: Das ist lustig, weil die Intention für Combo Aspik kommt aus meinem Plattenkoffer – in meiner zweiten Identität bin ich DJ: In unserem Sound steckt viel Boogie- und Post-Disco-Sound.  

Am Anfang haben wir zwar auch keinen klassischen Jazz gemacht, aber bei weitem noch nicht so funky geklungen. Gerade Flo hat erstmal hart Jazz-Fusion gespielt. Aber irgendwann dachten wir: Lass mal nicht nur ein einfaches Revival machen, sondern wir lassen jeder einzelnen Person in dieser Band ihren Platz und dann gucken wir, was passiert. 

Wie ist es für euch auf dem Überjazz aufzutreten? War das bis jetzt euer größtes Konzert? 

Magic Manfred: Das war unser erstes Konzert außerhalb Berlins in unserer neuen siebenköpfigen Konstellation. Der Vibe auf dem Festival ist natürlich ein ganz anderer, als um 2 Uhr nachts in einem Club in Berlin-Wedding zu spielen. Im Club kannst du eigentlich kaum was falsch machen. Gerade deshalb hatten wir in Berlin schon Gigs, bei denen die Leute zahlenmäßig und stimmungsmäßig noch mehr abgegangen sind. 

Der Humboldthain-Club ist ein Kunst-Club-Projekt am gleichnamigen S-Bahnhof in Berlin-Wedding.

In welchen Clubs spielt ihr sonst in Berlin? 

Magic Manfred: Im Humboldthain und Heideglühen zum Beispiel. Das Publikum zeigt sich sehr dankbar, weil eine Liveband im Club natürlich etwas Besonderes ist. Hier war das ein richtiges Konzert und das Publikum war teilweise schon etwas älter, als wir es sonst aus den Clubs zum Beispiel gewohnt sind. Deshalb war ich auch ehrlich gesagt erst ein bisschen aufgeregt.  

Das Heideglühen ist ein alternativer Club in Berlin-Moabit nahe S-Bahnstation Beusselstraße.

Florian: Es sind unterschiedliche Vibes: Zum einen diese Clubnacht, wo gefeiert wird, wo alle total am Dancen sind, wo der Raum voller Nebel ist und wo es nur um Energien geht. Hier schätzt das Publikum unsere Musik auf eine andere Art: Das Publikum verarbeitet die Musik natürlich auch körperlich, nur intrinsischer. Ich glaube, das Künstlerische wird hier anders wahrgenommen. Aber das soll nicht heißen, dass ich das eine oder das andere besser finde. Es ist cool in einem kleinen Club zu spielen, aber es ist auch der Hammer hier zu spielen. 

Habt ihr ein konkretes Beispiel für einen Unterschied? 

Magic Manfred: Der Beifall! Unser Konzept ist eigentlich Club-Musik, unsere Konzerte sind wie ein DJ-Set aufgezogen, nur eben als Liveband. Wir geben deswegen auch wenig Raum zum Klatschen. Ich hatte das Gefühl, das Publikum hier hat sich den Raum für den Beifall richtig nehmen wollen. Das haben wir aber schon öfter als Feedback bekommen, sowohl als etwas Negatives als auch Positives. 

Wer von euch komponiert die Stücke?  

Magic Manfred: Also ich hab’ schon meist die groben Ideen mitgebracht. Aber ich habe weder fertige Melodien noch komplexen Akkordfolgen festgelegt, sondern eher Impulse gegeben, die uns dann als Team inspirieren sollen. Der Opener unseres heutigen Sets zum Beispiel entstand so:

Gerrit – bester Mann, aber er ist leider nicht mehr dabei. Wir sind immer noch voll gut befreundet – ist kurz auf Klo gegangen, als wir über die neue Platte geredet haben. Ich meinte zu Flo, dass da auch ein Unisono zwischen Bass und Gitarre sehr gut passen würde. Ich hatte dann dieses Riff im Kopf und meinte zu Flo: „Spiel das mal mit.“ Dann haben wir da noch ein bisschen rumgetüftelt und als Gerrit nach drei Minuten vom Klo wiederkam, war das Stück schon fertig. Also man kann sagen, der Track ist in einer Toilettenpause entstanden. 

Donald „Don” Blackman war ein US-amerikanischer Jazz- und Funk-Pianist. Sein Titel “Haboglabotribin” wurde von Snoop Doggy Dogg gesamplet.

Als ich euch auf der Bühne gesehen hab, dachte ich erst an die Band Vulfpeck. Was sind eure musikalischen Einflüsse? 

Magic Manfred: Das muss jede Person aus der Band für sich selbst beantworten. Bei mir kommt der Einfluss aus der Zeit zwischen 1976 und 1981, vor allem Post-Disco, Boogie und der sogenannte Jamaica-Funk aus dem New York der frühen 1980er mit Artists wie Don Blackman oder Bernard Wright. Das ist meine Inspiration für die Band. 

Und um nochmal ein paar Genres zu nennen: Soul und Hip-Hop, auch wenn diese nicht direkt einfließen. 

Vulfpeck ist eine der bekanntesten US-amerikanischen Funkbands. Musikproduzent und Gitarrist Cory J. Wong und Bassist Joe Dart sind die bekanntesten Mitglieder der Band. Darts Markenzeichen ist seine Sonnenbrille.

Florian: Vulfpeck gar nicht, by the way … [lacht]

Wieso mögt ihr Vulfpeck nicht? 

Magic Manfred: Doch, früher war ich schon ein Fan. Aber heute – bei diesem Nerdtum um deren Musik – das ist mir ein bisschen too much. Ich kann verstehen, dass das Leute abholt, aber ich will einfach die Augen zu machen und Musik hören. Ich stehe nicht so darauf, jede Basslinie mitzusingen und das ist mittlerweile auf den Konzerten die Norm.  

Da haben wir unsere Überschrift: Combo Aspik hasst Vulfpeck. Nein, ist natürlich Spaß. Eine letzte Frage: Was schätzt ihr an euch gegenseitig am meisten? 

Magic Manfred: Die Menschlichkeit: Wir verstehen uns alle gut, können ehrlich zueinander sein und ich bin sehr dankbar, so liebe Menschen in meiner Band haben zu dürfen. Allein schon die Fahrt aus Berlin hierhin hat viel Spaß gemacht. Wir sagen uns sowohl positive als auch negative Sachen. Das ist etwas ganz besonders. Hab’ heute in einem Podcast gehört, dass man sich mehr positive Sachen sagen soll. 

Was denn für ein Podcast? 

Magic Manfred: Weiß ich nicht mehr …

Florian:  Komm hau’ mal raus. 

Oh, hast du Angst vor der Überschrift? 

[alle lachen]

Florian: Spaß beiseite. Was ich noch sagen wollte: Spannend ist auch noch, dass wir in der Band eine Altersspanne von zehn Jahren haben. Wir sind alle zwischen 24 und 34 Jahre alt und trotzdem passt das bei uns so gut. 

Luna Baumann Dominguez, Jahrgang 1996, hat ein Faible für das deutsche Lachshuhn. Das hat ihr in ihrem Lieblingskartenspiel “Hennen” schon einige Siege beschert. Sie ist in Mönchengladbach geboren, aber schon 13-mal umgezogen. Beim WDR in Köln machte sie ein Praktikum in der Wirtschaftsredaktion. Ihren Bachelor in Kommunikationswissenschaft begann Luna vor allem, um beim Uni-Radio in Münster zu arbeiten. Dort gründete sie die feministische Sendung “Equals” und interviewte Reggae-Musiker: Bei einem Dub-Inc-Konzert in Paris ließ der Schlagzeuger für sie sogar das französische Fernsehen warten. Die Leute im Ruhrgebiet - große Klappe, herzlich, immer direkt - vermisst sie schon jetzt. Kürzel: lun

Helen Kemmler, Jahrgang 1998, ist schon ein Chlorspeicher in die Luft geflogen. Denn für ihre Masterarbeit in der Gas-Chemie kochte sie vor allem im Labor an der FU Berlin und in Bologna. Durch die Berichterstattung in der Corona-Pandemie fiel der Chemikerin auf: Im Journalismus gibt es zu wenige Naturwissenschaftler*innen. Also verzichtete Helen auf eine Promotion. Stattdessen überquerte sie die Alpen und startete einen Blog über PFAS, Kontrabass und Berge. Außerdem arbeitete sie in einem Outdoor-Geschäft, wo sie unter anderem Klaas Heufer-Umlauf zum Schuhregal führte. Ihr Ziel: Wissenschaftsjournalistin, am liebsten bei Quarks. Kürzel: kem

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