Mehr Ideenreichtum, Dynamik, Wachstum: Das wünschen sich aktuell viele für die Wirtschaft. Ein möglicher Faktor für einen Aufschwung ist mehr Innovationsgeist. Dazu haben auch Hamburger Parteien Pläne nach der Bürgerschaftswahl. Ein Überblick.
Die Stimmung in der Hamburger Wirtschaft ist mittelmäßig. Die Handelskammer Hamburg erwartet für 2025 keinen Wirtschaftsaufschwung. Laut ihrer Umfrage – befragt wurden Personen zwischen dem 12. Dezember 2024 und dem 8. Januar 2025 – erwarten rund 59 Prozent der befragten Hamburger Unternehmen im neuen Jahr eine stagnierende Geschäftslage. Etwa 28 Prozent gehen von einer schlechteren, nur 13 Prozent von einer besserer Geschäftslage aus. Im Vergleich zum Vorjahresquartal haben sich die Erwartungen verbessert, sind aber insgesamt immer noch eher pessimistisch.
Die Probleme sind bekannt: eine geringere Nachfrage, zu hohe Kosten, zu wenig Fachkräfte und viel Bürokratie. Doch daneben beflügelt eine Wirtschaft auch Innovationsgeist, Dynamik und neue Ideen. Was planen die Hamburger Parteien nach der Bürgerschaftswahl in diesen Bereichen, um den Innovationsstandort Hamburg zukunftsfit zu machen? Hier kommen Eckpunkte aus den Wahlprogrammen im Überblick.
CDU: Freihafen 2.0 und Normenkontrollrat
Im Bereich Innovationen möchte die Hamburger CDU durch sogenannte Reallabore den Standort stärken. Dadurch sollen Start-ups die Möglichkeit erhalten, neue Technologien noch vor der Markteinführung unter realen Bedingungen zu testen. Es soll laut Programm eine innenstadtnahe Innovationszone namens „Freihafen 2.0“ mit flexibel gestaltbaren Regularien entstehen. Wenn etwas irgendwo in der EU erlaubt sei, schreibt die CDU, dann solle es auch hier erprobt werden können.
Im Freihafen 2.0 soll auch eng mit der Technischen Universität Hamburg (TUHH) und anderen Forschungseinrichtungen zusammengearbeitet werden, um einen Bogen von der Wissenschaft in die Praxis zu schlagen. Die CDU teilt FINK.HAMBURG mit, dass die TUHH beispielsweise Partnerschaften mit Unternehmen eingehen könne, „um gemeinsame Projekte zu realisieren und den Wissenstransfer zu fördern“.
Das möchte die CDU noch:
- Eine höhere Grundfinanzierung der staatlichen Hamburger Hochschulen, mehr Freiheiten für Hochschulpräsidien und hochschulübergreifende Kooperationen sowie mehr Netzwerke zwischen privaten und staatlichen Hochschulen
- Mehr unternehmerische Bildung im Studium, mehr Professuren in den Bereichen Information und Künstliche Intelligenz
- Eine stärkere Vernetzung der Gründungsstrukturen in Hochschulen mit Unternehmen
- Die Partei fordert auch mehr Geld für Start-up-Fonds von der EU und dem Bund
- Die Digitalisierung und Automatisierung möglichst vieler Verwaltungsabläufe, eine Gewerbeanmeldung innerhalb weniger Tage und einen Normenkontrollrat zur Begrenzung von Bürokratie
- Wichtige Zukunftsbereiche für die CDU sind beispielsweise der Gesundheitssektor, die Telemedizin oder Künstliche Intelligenz
SPD: Innovationsquartiere und Taskforce „Resiliente Industrie“
Die SPD möchte Innovationsquartiere sowie das Luftfahrtcluster fördern. Ein zusätzlicher Standort für das Zentrum für angewandte Luftfahrtforschung (ZAL) soll entstehen und das Luftfahrtcluster Hamburg Aviation gestärkt werden. Am neu entstehenden Körber Technologie Campus (KTC) in Bergedorf sollen Hochschul- und Forschungseinrichtungen der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW Hamburg) angegliedert werden, heißt es.
In der Science City in Bahrenfeld möchte die Partei in der sogenannten DESY Innovation Factory einen Quantum Technology Hub zur Erforschung und Entwicklung von Quantentechnologie gründen. Die SPD schreibt darüber hinaus beispielsweise vom Ausbau des vierten Innovationsquartiers Tech City Harburg als einen Raum für Infrastruktur und Unterstützung für Gründer*innen von technologiegetriebenen Unternehmen.
Das möchte die SPD noch:
- Die Planungs- und Genehmigungsverfahren durch eine Taskforce „Resiliente Industrie“ beschleunigen
- Die Innovationsparks der Stadt stärken und Schwerpunkte wie Green Technology, Life Sciences, Luftfahrt und maritime Technologie dadurch ausbauen
- Die Clusterpolitik der Stadt fortsetzen und stärken
- Für internationale Fachkräfte das Standortmarketing ausbauen
- Start-up-Förderungen über die Innovationsstarter GmbH bündeln
- Die Gründungsförderung in Hochschulen und der Wissenschaft verbessern und niedrigschwelliger machen
Was ist Clusterpolitik?
Die Clusterpolitik soll laut der Handelskammer Hamburg als wirtschaftspolitisches Instrument bestimmte innovative Branchen fördern, indem sich Wirtschaft, Wissenschaft und Politik vernetzen. Aktuell gibt es neun solcher Cluster in Hamburg.
Die Grünen: Zukunftsstiftung und Haus der Innovation
Die Hamburger Grünen möchten Start-ups politisch bei ihrer Ansiedlung, Finanzierung und Genehmigung unterstützen. Um neben den vorhandenen Förderungssystemen ein strategisches und einheitliches Vorgehen bei der Innovationsförderung zu verfolgen, möchte die Partei ein sogenanntes Haus der Innovationen als zentrale Anlaufstelle gründen.
Durch eine Hamburger Zukunftsstiftung sollen außerdem Fördergelder an „zukunftsweisende und erfolgversprechende Technologien“ und die Forschungsinfrastruktur bereitsgestellt werden, heißt es. In der gesamten Metropolregion Hamburg möchte die Partei Innovationen fördern und in das Haus der Innovation einbinden.
Das möchten die Grünen noch:
- Einen Innovationsfonds für die Schulentwicklung, um deren Mittel sich Schulen bewerben können
- Die Schaffung von „Sonderinnovationszonen“ mit wenig Regularien und starker Vernetzung von Wissenschaft und Praxis, bspw. in der neuen Science City Bahrenfeld
- Eine „Vernetzungsplattform“ für Wissenschaft, Gründer*innen und Unternehmen
- Einen Ausbau von Forschung und Lehre, bspw. im Bereich Künstliche Intelligenz, Klima- und Nachhaltigkeitsforschung, Quantentechnologien sowie eine höhere Grundfinanzierung der Hochschulen
- Mehr Mittel für die Förderprogramme und für Beratungsprogramme zur Beschaffung externer Mittel für Gründer*innen
- Weibliche Gründerinnen stärker fördern, wie durch das „Female-Founders-Programm“, und sozialorientiertes Unternehmer*innentum fördern
Die Linke: Gemeinwohlorientierung und Stopp von Privatisierung
Öffentliche Investitionen, Umverteilung und alternatives Wirtschaften stehen bei der Partei Die Linke ökonomisch im Vordergrund. Dafür führt sie einige Punkte in ihrem Wahlprogramm auf: Ein Privatisierungsstopp soll in die Hamburger Verfassung, Genossenschaften und alternative solidarische Unternehmensformen sollen gezielt wirtschaftlich gefördert werden. Um die Wirtschaft anzukurbeln, sollen einkommensschwache Haushalte öffentliche Konsumhilfen erhalten.
Für Kleinstunternehmen und Soloselbständige möchte die Partei ein eigenes Beratungs- und Förderangebot. Gewerbemietverträge möchte sie außerdem entfristen und neue Lösungen für Lieferverkehr und Logistik gemeinsam mit den Kammern erarbeiten. Von konkreten Innovationsförderungen schreibt Die Linke nichts.
Das möchten die Linke noch:
- Öffentliche Investitionen in die Bereiche Infrastruktur, Bildung, Gesundheitswesen, Kultur und Umweltschutz massiv ausweiten
- In eine ressourcenschonende und gemeinwohlorientierte Wirtschaft investieren
- Sich für eine Abschaffung der Schuldenbremse auf Landes- und Bundesebene einsetzen
- Sehr hohe Einkommen, Erbschaften und Vermögen höher besteuern
FDP: „Digitale Hanse“ und Unternehmensgründungen
Die FDP möchte mehr europäische Wirtschaftskooperationen und schlägt eine Hamburger Initiative zur Schaffung einer „Digitalen Hanse“ vor – eine europäische Innovationsregion mit den Ländern Nordeuropas. Auf eine Anfrage von FINK.HAMBURG schreibt die FDP Hamburg, dass die „Digitale Hanse“ Städte vernetzen und Handel, Wirtschaft, Tourismus und Innovation voranbringen solle. Außerdem solle die Zusammenarbeit und Digitalisierung in diesen Bereichen verbessern und im Klimaschutz und beim Thema Energie mehr Kosteneffizienz bringen. Die Partei erhoffe sich hiervon einen Standortvorteil und mehr Attraktivität für Unternehmen.
Technologien wie Blockchain oder Künstliche Intelligenz sollen in Hamburg zentral weiterentwicklet werden. Es soll ein Hamburger Blockchain-Zentrum oder -Hub entstehen und Gründerstipendien im Bereich Blockchain ausgeschrieben werden.
Das möchte die FDP noch:
- Ein „Belastungsmoratorium” und einen Auflagenstopp für Unternehmen sowie bürokratische Auflagen insgesamt prüfen und vereinfachen
- Städtische und staatliche Beteiligungen prüfen und zurückfahren, wo sie keiner sozialen Daseinsvorsorge oder den gesetzlichen Aufgaben dient
- Eine engere Vernetzung von Wissenschaft und Wirtschaft und einfacheres Gründen an Hochschulen. Möglich seien dafür „Gründerforen an Unis“, ein „Innovationsfonds“ mit Risikokapital sowie „zielgerichtete Forschung mit klaren internationalen Schwerpunkten“, teilt die Partei FINK.HAMBURG mit
- Eine stärkere Clusterpolitik und engere Zusammenarbeit von Unternehmen, Start-ups und Wissenschaft in wichtigen Wirtschaftsbereichen
- Keine Beiträge für eine Clustermitgliedschaft von neu gegründeten Unternehmen sowie ihre automatische Mitgliedschaft in den Clustern
- Entscheidende Bereiche sind für die FDP beispielsweise die Luft- und Raumfahrtindustrie, der Maschinenbau, die Gesundheitswirtschaft, der Tourismus, Handel und Hafen und auch die Kreativwirtschaft
AfD: Mehr MINT-Anteil und gestärkte Berufsausbildung
Um die Hamburger Wirtschaft anzukurbeln, setzt die AfD Hamburg in ihrem Wahlprogramm auf eine Senkung der Gewerbesteuer. Sie möchte für Hamburger Unternehmen den Kammerzwang sowie Kleinsteuern wie die Biersteuer abschaffen. Sie möchte auch den Kammerzwang in der Stadt abschaffen.
Fiskalpolitisch spricht sich die Partei für einen Schuldenabbau der Stadt aus. Den Außenhandel möchte sie stärken, indem sie beispielsweise eine Aufhebung der EU-Sanktionen gegen Russland fordert. In Schulen möchte die Partei den Anteil von MINT-Fächern am Stundenplan erhöhen, der Unterricht solle innovationsoffen gestaltet werden.
Das möchte die AfD noch:
- Leistung in der Schule stärker in den Vordergrund stellen, bspw. Schulnoten ab der zweiten Klasse
- Leistungszentren an einzelnen Gymnasien zur Förderung von Schüler*innen
- Duale Berufsausbildungen gegenüber dem Studium stärken
- Einen „umsichtigen Einsatz von Künstlicher Intelligenz“ dort, wo er Effizienz und mehr „Lebensqualität“ bringt, allerdings mit menschlicher Kontrolle und nur, wenn die KI nicht mehr Fehler begeht als ein Mensch
- Die Partei schreibt außerdem, dass sie die Erforschung von Blockchain-Technologien unterstütze
- Städtepartnerschaften ausbauen, bewerben und durch Beteiligung von städtischen Unternehmen und Wirtschaftsverbänden fördern
Laurenz Blume, Jahrgang 1999, behauptet von sich selbst, er mache die besten Zimtschnecken. Für die "Neue Osnabrücker Zeitung" schrieb er unter anderem über Schnecken im Garten, Schützenfeste im Norden und tickerte zu "Aktenzeichen XY". Während seines Praktikums bei Spiegel TV recherchierte er für das investigative Dokuformat "Die Spur", führte Vorgespräche mit Protagonisten und begleitete einen Dreh. In seinem Geburtsort Kiel absolvierte Laurenz den Bachelor in Öffentlichkeitsarbeit und Unternehmenskommunikation. Ausgerechnet als Nordlicht stammt sein einziger Pokal von einem Skirennen. Die Zimtschnecken hätten aber auch einen verdient, sagt die FINK.HAMBURG-Redaktion. Kürzel: lab