360-Grad-Lichtprojektion in einem großen Raum. Sie zeigt die Titanic. In der Mitte steht ein Rettungsschiff, in dem sich Besucher*innen befinden.
Die 360-Grad-Projektion zeigt den Untergang der Titanic. Foto: Paula Maria Coscia

Mit virtuellem Tauchgang, Originalexponaten und personalisierten Bordkarten macht die Titanic-Ausstellung in Hamburg die Geschichte des Unglücks erlebbar. „Titanic: Eine Immersive Reise“ läuft bis September in der Expo-Halle.

Das Holzregal kippt, Teller fallen zu Boden, Porzellan zerbricht. Du fliegst durch die Gänge des Schiffes, wirst plötzlich klein im Verhältnis zur Umgebung. Geisterhafte Gestalten rauschen an dir vorbei, ihre Stimmen rufen panisch durcheinander: „Die Titanic ist doch unsinkbar!“ Der Boden schwankt, du musst dein Gleichgewicht finden. Neben dir schwebt ein weiß-grauer Avatar-Kopf, ohne Körper lose im Raum: eine weitere Person mit VR-Brille auf der Nase. Die Titanic sinkt und du stehst an Bord. Es ist die Illusion der Katastrophe.

Das immersive VR-Erlebnis ist nur ein Teil der Titanic-Ausstellung in der Hamburger Expo-Halle. Der Eintritt für die Ausstellung beginnt bei 26 Euro. Für die Virtual-Reality-Erfahrung, mit der Besucher*innen einen Teil des Untergangs der Titanic erleben können, muss ein Aufpreis von sechs Euro gezahlt werden. Rund vier Monate dauerte der Aufbau der Ausstellung, die noch bis zum 14. September besucht werden kann. 2025 jährte sich im April nicht nur der Untergang der Titanic zum 113. Mal, auch die Entdeckung des Wracks liegt im September genau 40 Jahre zurück. 

Titanic-Ausstellung mit Originalexponaten

„Alles in der Ausstellung ist aktuellen Erkenntnissen der Wissenschaft nachempfunden“, sagt Ausstellungsleiter Nicolai Toop. Ein gutes Beispiel dafür ist die Nachbildung des Gangs der ersten Klasse. Bisher gab es keine Aufnahmen davon, und in Filmen wurde der Gang immer mit rotem Teppich dargestellt. „Durch aktuelle Tauchgänge ist dann rausgekommen, dass es ein schwarz-weißer Linoleumboden war“, sagt Toop. In der Expo-Halle können Besucher*innen nun durch diesen originalgetreu nachgestellten Gang laufen. 

„Eine weitere Besonderheit der Ausstellung ist, dass einige Originalexponate zu sehen sind“, sagt Toop. Darunter befindet sich auch einer der zwölf noch erhaltenen Sonnenstühle vom Sonnendeck. Insgesamt sind rund 300 Exponate in der Ausstellung zu sehen. Einen Schwerpunkt bilden die Originalstücke des baugleichen Schwesterschiffs Olympic. „Die Ausstellung zeigt viel Geschirr, Besteck, Gläser und ähnliche Gegenstände, die baugleich zur Titanic waren“, sagt Malte Fiebing-Petersen, Vorsitzender des Titanic-Verbandes Hamburg.

Titanic galt als unsinkbar

Bis heute gibt es unterschiedliche Erklärungsansätze, warum der Untergang der Titanic eine so große Faszination auslöst. „Man konnte sich damals kaum vorstellen, dass ein neues, als unsinkbar geltendes Luxusschiff durch einen Eisberg versenkt wird“, sagt Fiebing-Petersen. „Der Untergang löste eine tiefe Schockstarre aus, die bis heute im kollektiven Bewusstsein verankert ist“, so der Titanic-Experte. „Nur einen Tag nach dem Untergang berichteten Zeitungen weltweit über das Unglück – von Brasilien über Europa bis nach China“, erklärt Fiebing-Petersen. 

„Ich finde, man sollte die Ausstellung nachdenklich und vielleicht auch ein wenig traurig verlassen.“  Malte Fiebing-Petersen 

Als wissenschaftlicher Berater der Ausstellung war es Fiebing-Petersen wichtig, dass neben der Faszination für das Schiff das Gedenken an die Opfer im Mittelpunkt steht. Besonders im letzten Raum, der dem Untergang gewidmet ist, steht dieser Aspekt im Vordergrund. „Das ist keine Spaßveranstaltung. Ich finde, man sollte die Ausstellung nachdenklich und vielleicht auch ein wenig traurig verlassen. Alles andere wäre aus meiner Sicht unwürdig“, sagt er. „Die immersiven Elemente tragen ganz wesentlich dazu bei, dass sich die Menschen stärker mit den Opfern und den Menschen an Bord identifizieren können“, sagt Fiebing-Petersen. 

Die Projektion zeigt wie das Wasser die Räume der Titanic flutet.
Wasserprojektionen fluten den Raum. Foto: Katharina Schöndorfer

Personalisierte Bordkarten machen Ausstellung greifbar

Gleich zu Beginn des Rundgangs erhalten alle Besucher*innen eine Bordkarte, versehen mit Informationen über Alter, Herkunft und Klasse echter Passagier*innen. Helen Churchill Candee war beispielsweise Passagierin der ersten Klasse sowie bekannte Journalistin und Autorin. Sie war auf dem Heimweg von einer Forschungsreise durch Europa. Diese personalisierten Tickets sollen das Ausstellungserlebnis greifbarer machen. 

Der Raum ist blau beleuchtet und zeigt einen großen Glaskasten mit Namen der Passagier*innen eingeteilt in Klasse und Lost oder Saved.
Der Memorial Room soll an die Passagier*innen erinnern. Foto: Paula Maria Coscia

Der Rundgang endet im Memorial-Room – einem stillen Raum, der den Opfern des Schiffsunglücks gewidmet ist. Gedämpftes Licht fällt auf gläserne Tafeln, die in der Mitte des Raumes stehen. Bläuliche Lichtstrahlen erleuchten die eingravierten Namen, die nun auf den Tafeln erkennbar werden. Besucher*innen bewegen sich langsam um sie herum, ihre Blicke wandern über die Namen aller Opfer und Überlebenden. Hier können Besucher*innen an interaktiven Infotafeln herausfinden, ob die Person auf ihrer Bordkarte das Unglück überlebt hat oder nicht.

Eindrucksvoll, aber nichts für schwache Nerven

Es wird still. Im dunklen Gang leuchtet ein Schild mit der Aufschrift „Exit“. Ein Moment des Innehaltens, ein kurzer Atemzug – dann nimmt ein Mitarbeiter dir die VR-Brille ab, und du kehrst zurück in die Realität. Nach 15 Minuten endet der immersive Rundgang.

Die immersive Ausstellung verbindet historisches Wissen mit emotionaler Erfahrung. Besonders das VR-Erlebnis bleibt lange im Gedächtnis, ist aber nichts für schwache Nerven. Kinder und ältere Menschen sollten mit Vorsicht daran teilnehmen, und auch alle, die schon unangenehme Erfahrungen mit VR gemacht haben, da der virtuelle Flug Schwindel auslösen kann.

Zu Stoßzeiten kann es in der Ausstellung recht voll werden. Wer die Möglichkeit hat, sollte ruhigere Zeiten wählen, um die Inhalte besser aufnehmen zu können. Die Ausstellung ist zwar teuer, dennoch lohnt sich der Besuch für alle, die sich für die Titanic und ihre Geschichte interessieren. 

Wichtig bleibt, sich bewusst zu machen: Es geht nicht nur um ein berühmtes Schiff, sondern um ein reales Unglück und echte Schicksale. Wer mit der nötigen Sensibilität durch die Räume geht, wird eine eindrucksvolle und nachdenklich machende Ausstellung erleben.

Katharina Schöndorfer, Jahrgang 2000, servierte nach dem Abitur Bier und Brezn im Dirndl – in einem bayerischen Wirtshaus mitten in Melbourne. Als Kind überlegte Kathi als Astronautin zum Mond zu fliegen, bis sie merkte, dass Physik nicht ganz ihre Umlaufbahn ist. Heute will sie Journalistin werden. Sie studierte Journalistik, Strategische Kommunikation und Politikwissenschaft in Passau. Im Studium gelang Kathi ihr erster journalistischer Pitch an PULS zum Thema Nacktheit. Die BR-Redaktion kaufte ihr und ihrer Studienkollegin die Themenidee für die PULS Reportage “7 Tage nackt” ab. Nach ihrem Auslandssemester in Estland absolvierte sie Praktika beim BR und dem Münchner Radiosender Gong 96.3. Einen Podcast auf Estnisch? Parem mitte (Besser nicht). Kürzel: kat

Paula Maria Coscia, Jahrgang 2000, kocht laut ihrer Freunde die beste Bolognese. Sellerie, Rotwein und (ihre italienischen) Wurzeln sind ihr Geheimnis. Passend zu ihrer Leidenschaft für Kulinarik berichtete sie als Videojournalistin für Sat 1 über die Torten einer familiengeführten Konditorei. Als sie 2019 in Hong Kong vor gewalttätigen Auseinandersetzungen fliehen musste, versteckte sie sich bei McDonalds. Dieses Erlebnis hat sie nicht davon abgeschreckt, die Welt weiter entdecken und darüber berichten zu wollen. Erst einmal geht sie nach Hamburg – nicht weit von ihrer Heimatstadt Kiel, wo sie Deutsch und Philosophie studierte. Kürzel: cos

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