Was ist zu tun, wenn mein Hund schwer verletzt ist, was gehört in ein Erste-Hilfe-Set für Hunde, und wie kontrolliert man eigentlich den Puls bei seinem Haustier? Zu Besuch beim Kurs für Erste Hilfe beim Hund. 

Hamburger Notfalldienstnummer: 040-43 43 79

Erreichbarkeit: Wochentags nachts: 20:00 – 8:00 Uhr und Wochenende und Feiertage: 8:00 – 8:00 Uhr

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Übung einer Wiederbelebung beim Hund mit Hilfe einer braunen Hunde-Reanimationspuppe.
Kein Notfall: Reanimationspuppe Elmo steht für Wiederbelebung-Übung zur Verfügung. Foto: Chris Hill

Es läuft „Highway to Hell“ von ACDC. Der kleine, braune Hund Elmo liegt regungslos auf der Seite. Seine Zunge hängt weit aus dem Maul heraus. Im Rocksong setzt gerade das Schlagzeug ein. Leonie Spinzig (33) kniet über dem leblosen Körper. Ihre Hände pressen mit durchgestreckten Armen im Takt der Musik auf den Brustkorb. Neben ihr hockt Tim Matschkowski (34). Es sieht aus wie ein Notfall. Doch es handelt sich um einen Kurs für Erste Hilfe beim Hund. Die Übung zur Wiederbelebung wird heute das letzte Thema sein. Elmo ist eine Reanimationspuppe.

Der Kurs findet in der Gleishalle inmitten des Kultur- und Kreativquartiers am Hamburger Oberhafen statt. Matschkowski ist seit zwei Jahren “zertifizierter Hundetrainer nach Paragraph 11 Tierschutzgesetz”, betont er. Das ist ihm wichtig. Der Begriff „Hundetrainer“ ist nicht geschützt. Den Workshop für Erste Hilfe beim Hund bietet Matschkowski ein bis zweimal im Monat an. Zusätzlich betreibt er mit seinem Start-Up Rudel eine App zur Bildung und Unterstützung von Menschen mit Hund. 

Wissen wie zu handeln ist – auch im Notfall

Direkt zu Beginn des Kurses erläutert Matschkowski, welche wichtigen Vitalwerte es beim Hund gibt. Aufmerksam hören die Teilnehmenden – hauptsächlich weiblich gelesen, zwischen 25 und 40 – zu und lernen, wie man Atmung, Puls und Schleimhäute kontrolliert. Letztere sollten, je nach Anstrengung und Tageszeit, eine rosarote bis zartrosa Farbe haben. Bei manchen Rassen gibt es dunkle Verfärbungen. Die sind aber unbedenklich. Den Puls des Hundes fühlt man am besten mit Zeige- und Mittelfinger an der Innenseite des hinteren Oberschenkels. Es sei wichtig, diese Kontrollen regelmäßig mit dem Hund zu üben. So würde der Hund an entsprechende Berührungen gewöhnt und Halter*innen können Notfälle schneller erkennen, meint der Hundetrainer. 

Laut Dr. Colin von Negenborn haben Halter*innen eine besondere Verantwortung gegenüber ihrem Hund. Von Negenborn arbeitet an der Uni Hamburg an einem Forschungsprojekt. Dort untersucht der Philosoph und Wirtschaftswissenschaftler, wie Menschen für Tiere gerechtere und nachhaltige Entscheidungen treffen können. Grundsätzlich sollten Hundebesitzer*innen von einem Lebenswillen ausgehen. „Sollte ein Hund Schmerzen haben oder leiden, ist es die Verantwortung des*der Halter*in die Schmerzen nach Möglichkeit zu lindern – auch unter Aufwendung finanzieller und zeitlicher Mittel.“

Eine Frau im Schneidersitz legt bei ihrem Hund einen Pfotenverband an.
Leonie Spinzig (33) übt mit Hündin Mayla den Pfotenverband. Foto: Chris Hill

Prävention sei das beste Mittel, um Notfälle zu vermeiden, findet Hundetrainer Matschkowski. Viele Notfälle passieren beim Spielen. Bälle können verschluckt werden oder Stöcker zu Stichverletzungen führen. Bei Stichverletzungen ist es wichtig zu wissen: Fremdkörper stecken lassen und nicht herausziehen, versuchen die Blutung zu stoppen, den Hund beruhigen und schnellstmöglich in die nächste Tierklinik bringen. „Für Hunde gibt es keinen Notarzt, der kommt, wenn man anruft“, sagt Matschkowski. Bei der Hamburger Notfalldienstnummer gibt es lediglich eine Bandansage, welche Tierärzte nachts, an Wochenenden und Feiertagen Notdienst haben.  

Im Notfall sei es am wichtigsten, „dass ihr sagen könnt, was es war“, sagt Matschkowski den Teilnehmenden. Er empfiehlt Verpackungen, Beipackzettel und mutmaßliche Giftköder einzusammeln und mit zum Tierarzt zu nehmen. Bei allergischen Reaktionen sollten Halter*innen wissen, was den Notfall ausgelöst hat. Häufig sind dies Insektenstiche oder Kontakt mit dem Eichenprozessionsspinner. Die Brennhaare der Raupen sind für Hunde und Menschen gleichermaßen gefährlich.

Was gehört in ein Erste-Hilfe-Set für Hunde?

Grafik einer Checkliste für ein Erste-Hilfe-Set für Hunde. Abbildung eines Alaskian Husky mit der Aufzählung: Verbandsmaterial, Desinfektionsmittel, Wundsalbe, flexibles Thermometer, Pinzette (abgerundet), Aktivkohlepaste, Einmalhandschuhe, Plastiktüten, Zeckenentferner, Wattespäbchen, dünner Gummischlauch, Kontaktliste mit Tierärzten. Zusatz: Haltet Rücksprache mit eurem Tierarzt
Was gehört in Erste-Hilfe-Set für Hunde? – Checkliste Grafik: Chris Hill Foto: Elena Hill

Um in Notfällen richtig ausgestattet zu sein, sollten Hundebesitzer*innen immer ein Erste Hilfe Set für Hunde dabeihaben, meint Matschkowski. Danach zählt er auf, was seiner Meinung nach nicht in einem solchen Set fehlen darf. Zur Behandlung von Vergiftungen, beispielsweise durch Medikamente oder Schokolade, empfiehlt er Aktivkohle als Paste, nicht als Tabletten. Danach geht es um den Umgang mit Zeckenbissen und wie die Parasiten richtig zu entfernen sind.

Im nächsten Teil des Kurses lernen die Teilnehmenden die Utensilien aus den bereitliegenden Sets zu benutzen. Als erstes zeigt Matschkowski das Binden einer Maulschlaufe aus einem Verband. Besonders schwierig sei dies bei Hunden mit einer kurzen Schnauze, meint der Hundetrainer und deutet in Richtung eines französischen Bulldoggenrüden. Dennoch gelingt es der Besitzerin, problemlos eine Maulschlaufe anzubringen. Maulschlaufen dienen der Eigensicherung, um bei der Behandlung Bisse von möglicherweise panischen Hunden zu vermeiden. Danach lernen die Besitzer*innen, wie sie einen Pfotenverband anlegen. Manche Hunde ziehen ihre Vorderpfote immer wieder weg, aber lassen sich mit Leckerlis bestechen. So gelingt es schließlich allen, einen Verband anzulegen.

Bild einer Hundehalterin, die bei ihrem Hund (französische Bulldogge) eine Maulschlafe aus angebracht hat.
Anja Kammerer (37) gelingt es eine Maulschlaufe beim französischen Bulldoggen-Rüden Scooty anzulegen. Foto: Chris Hill

Wiederbelebung beim Hund?

Ein Hundetrainer auf den Knien gestickuliert, wie man einen Hund wiederbelebt.
Hundetrainer Tim Matschkowski (34) erklärt den Teilnehmenden, wie man einen Hund wiederbelebt. Foto: Chris Hill

Zum Schluss wird die Wiederbelebung beim Hund mithilfe des braunen Dummys Elmo geübt. Dabei liegt der Hund auf der rechten Seite, das linke Vorderbein leicht nach vorne angewinkelt. Ansonsten funktioniert die Wiederbelebung ähnlich wie beim Menschen. Die Arme ausstrecken und mit den Handballen zwanzig Mal rhythmisch auf den Brustkorb drücken. Danach gibt man zwei tiefe Atemzüge in die Schnauze des Hundes und beginnt wieder von vorn. Für das richtige Tempo spielt Matschkowski „Highway to Hell“ auf seinem Handy ab. Der Song hat mit 116 Schlägen pro Minute die optimale Geschwindigkeit für eine Reanimation beim Hund – und beim Menschen.

Ein Mann und eine Frau sitzen mit ihrem Hund auf dem Boden und üben das Anlegen eines Pfotenverbands.
Jan-Mika Schmahl (28) und Josephine Schuldt (28) üben mit Hündin Winnie den Pfotenverband. Mit Ablenkung und Leckerlis klappt es. Foto: Chris Hill

Ich möchte im Ernstfall lieber vorbereitet sein. Deswegen wollte ich die Wiederbelebung beim Hund ausprobieren“, erzählt Leonie Spinzig nach dem Kurs. Auch Josephine Schuldt (28) und Jan-Mika Schmahl (28) wollen für Notfälle gewappnet sein. Das Paar plant eine sechswöchige Camper-Reise mit ihrer zweijährigen Havapoo-Hündin Winnie. Ihre größte Angst sei, „dass unserem Hund etwas passiert. Sie ist wie ein Kind für uns.“

„Viele Menschen können ihren Hund nicht richtig lesen, anfassen und versorgen“, sagt Matschkowski und fügt hinzu: „Das ist im Alltag schon schwierig genug. Im Notfall ist es umso wichtiger.“ Auf die Frage, wann man einen Hund wiederbeleben sollte, meint er: „Ich würde immer wiederbeleben, genauso wie beim Menschen.“

Chris Hill – ein Name wie ein Boyband-Leader. Und tatsächlich spielt Musik im Leben von Chris, Jahrgang 1993, eine große Rolle. Als Schlagzeuger einer Rockband eröffnete er sogar das Deichbrand Festival. Er wuchs in Buxtehude auf – “oben inna Süd”. In Hamburg studierte er Medienmanagement mit Schwerpunkt auf Online-Kommunikation. Danach arbeitete Chris in einer Agentur in Düsseldorf und gab in der Mediaplanung viel Geld aus. Nach weiteren drei Jahren Agenturarbeit für lokale Unternehmen möchte er nun hin zum Journalismus. Nebenbei engagiert sich Chris für Klimagerechtigkeit und Tierwohl. So entwickelte der Husky-Papa eine Kampagne über die Risiken von Sommerhitze für Hunde. Kürzel: hil

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