Im Forschungsprojekt SeRAH wurde ein Online-Kurs entwickelt. Er schult Pflegekräfte darin, in schwierigen Situationen ethisch fundierte Entscheidungen zu treffen. Dafür kommen KI-generierte Dozierende zum Einsatz. 

Pflegekräfte sind im Alltag oft mit herausfordernden Situationen konfrontiert, in denen sie möglicherweise unsicher sind, wie sie ethisch richtig handeln sollen. „Das sind kritische Entscheidungen, die man nicht gerne alleine treffen möchte“, sagt Constanze Sörensen, Professorin an der HAW Hamburg. Pflegekräfte sollen in diesen Momenten gestärkt werden. Sörensen und ihr Team haben dafür im Forschungsprojekt „SeRAH ‒ Stärkung der ethischen Reflexion in der Altenhilfe” eine Fortbildung entwickelt.

Der SeRAH-Kurs ist kostenlos

Projektleiterin von SeRAH: Prof. Dr. Constanze Sörensen
Prof. Dr. Constanze Sörensen, Projektleiterin von SeRAH und Professorin im Department Pflege und Management an der HAW Hamburg. Foto: HAW Hamburg

Die Fortbildung richtet sich nicht nur an Mitarbeitende in der Altenhilfe, sondern auch an Personen, die im sozialen Bereich arbeiten, Angehörige pflegen oder sich einfach für das Thema interessieren. Sie ist kostenlos über die Hamburg Open Online University (HOOU) zugänglich. In vier Modulen lernen die Teilnehmenden über palliative Versorgung, ethische Reflexion, rechtliche Grundlagen und Entscheidungsfindung. Ein Modul dauert etwa drei Stunden.

Die Idee zu diesem Kurs entstand aus einem Vorgängerprojekt, bei dem Pflegekräfte in Einrichtungen geschult wurden. „Dann kam Corona. Wir konnten nicht mehr in die Einrichtungen und mussten Online-Formate entwickeln“, erklärt Sörensen.

Die ersten Rückmeldungen sind positiv: Ein studentisches Fachprojekt bewertete die Inhalte als qualitativ gut und lobte den Methodenmix. Der Kurs ist unter anderem mit Podcasts, Lernkarten und Lückentexten interaktiv gestaltet. In Quizzen und offenen Fragen kann man sein Wissen regelmäßig testen. Ein vergleichbares Angebot von anderen Hochschulen gebe es bislang nicht, so Sörensen.

KI-Avatare lehren ethische Kompetenz

Eine Besonderheit der Fortbildung: Die Dozierenden sind KI-generiert. „Uns ist sehr wohl bewusst, dass ein Avatar niemals einen echten Menschen ersetzen kann”, sagt Sörensen. Das Projektteam habe sich dennoch bewusst dagegen entschieden, Menschen vor die Kamera zu setzen. Die Kursteilnehmenden sollen ihre eigene Haltung zu ethischen Fragestellungen entwickeln, ohne dass diese durch einen Menschen „emotional gefärbt” wird.

KI-generierte Videos sind zudem leichter nachzubearbeiten und ermöglichen es, mehr Diversität abzubilden, so Sörensen. „Das trägt maßgeblich dazu bei, dass sich möglichst viele Personen aus der Gesellschaft mit den Avataren identifizieren können und sich mitgenommen fühlen”, erklärt die Professorin. „Es wurde bewusst entschieden, dass die Avatare zwar annähernd echt aussehen, aber deutlich erkennbar ist, dass es sich um Avatare handelt.” Die Kursteilnehmenden sollen nicht getäuscht werden.

Als möglichen Nachteil der KI-Avatare sehen die Forschenden den fehlenden zwischenmenschlichen Kontakt. „Darauf haben wir mit der Einrichtung von Pinnwänden reagiert. Dort können die Teilnehmenden Anmerkungen für andere Teilnehmende hinterlassen und auch die Beiträge der anderen lesen”, erklärt die Projektleiterin. Eine Weiterentwicklung des Kurses ist laut Sörensen einmal jährlich geplant. In dem Zuge sei auch eine Überarbeitung der Avatare möglich.

„Wir wollen Lust auf mehr machen”

Das Projektteam arbeitet daran, die Fortbildung möglichst breit in der Praxis zu etablieren. „Im Moment sind wir dabei, das auszurollen – mit Social Media, einem Workbook und Kooperationen mit Pflegeeinrichtungen”, sagt die Projektleiterin. „Das ist ein Einstieg, eine Sensibilisierung und wir wollen Lust auf mehr machen.” Der Kurs sei kein Ersatz für eine umfassende Schulung, aber ein wichtiger Impuls.

Laut Sörensen kann es bereits einen großen Unterschied machen, wenn einzelne Mitarbeitende einer Einrichtung an der Fortbildung teilnehmen. Gerade in Zeiten von Personalknappheit sei es wichtig, niedrigschwellige Lernangebote anzubieten. Die Mitarbeitenden können ihr Wissen an andere weitergeben, ethische Fallgespräche moderieren und zu mehr Sicherheit in herausfordernden Situationen im Pflegealltag beitragen.

Das Projektteam von SeRAH im Museum der Illusionen
Das Projektteam von SeRAH zum Projektabschluss im Museum der Illusionen. Von links nach rechts: Franziska Fuhrmann, Svitlana Andronik, Prof. Dr. Constanze Sörensen und Prof. Dr. Kirsten Kopke. Foto: Prof. Dr. Conztanze Sörensen

Sophie Quaas, 2000 in Meißen geboren, ist USA-Kennerin: Ob als AuPair in San Diego, beim Wandern durch den Grand Canyon oder als Couchsurferin in Alaska, Sophie ist durch und durch Abenteurerin – Zelten auf Festivals ausgenommen. Ihren Bachelor machte sie in Medienforschung in Dresden. Dort arbeitete sie in einer Agentur im Employer Branding sowie in der Unternehmenskommunikation für Sunfire, eines der größten Wasserstoff-Unternehmen Europas. Für die Eröffnung einer neuen Produktionsstätte interviewte Sophie 2023 die Wirtschaftsministerin von NRW, Mona Neubaur – selbstverständlich auf Englisch. Ihr Plan für die Zukunft: Weitere Interviews als Journalistin führen. Kürzel: soq

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