
3D-Drucken ist keine Zauberei – das soll im 3D-Druck-Führerschein der Hamburger Bücherhalle vermittelt werden. Die Teilnehmenden können ihre eigenen Modelle erstellen und kostenlos drucken.
„Das Coolste, was ich bisher gedruckt habe, ist eine Druckplatte voller Quietscheentchen, die im Dunkeln geleuchtet haben”, erzählt Natalie Weitsch von ihren ersten 3D-Drucken. Seit Mai 2025 gibt die Bibliotheksmitarbeiterin regelmäßig Workshops, um den 3D-Druck-Führerschein in der Zentralbibliothek der Bücherhalle Hamburg zu erlangen. Die Kurse sind kostenfrei.
An diesem Tag findet der Workshop im Rahmen der Code Week 2025 statt. Während der zweiwöchigen Veranstaltungsreihe können vor allem Kinder und Jugendliche auf kreative Weise Technik und KI entdecken, doch auch Erwachsene dürfen an einigen Events teilnehmen.
Von der Idee zum 3D-Modell
Zu Beginn des Workshops präsentiert Natalie den sieben Teilnehmenden die Grundlagen des 3D-Druckens und die Vorgaben, die für den Druck in der Bücherhalle gelten. Um den Drucker zu benutzen, muss man mindestens sechzehn Jahre alt sein, eine gültige Bücherhallenkarte besitzen und über den Führerschein verfügen. Dann kann man nach vorheriger Buchung den Drucker in der Zentralbibliothek für maximal vier Stunden am Stück verwenden. Die Materialkosten für den Druck übernimmt die Bücherhalle.

Teilnehmerin Maike Braun rückt ihre rosafarbene Brille zurecht und sucht im Slicing-Programm „Bambu Studio” nach einem Motiv. Die App unterteilt die fertige Designvorlage in kleine „Scheiben”, die der Drucker später Schicht für Schicht ausdrucken kann – daher der Begriff „Slicing”.
Passend zum Herbst entscheidet sich die 63-Jährige für ein kleines Gespenst. In der App muss sie nun die Füllstärke auswählen. Das ist die innere Struktur eines 3D-gedruckten Objekts. Sie bestimmt, wie stabil und belastbar das fertige Objekt wird. „Es hat mich überrascht, wie einfach und intuitiv die 3D-Modellierung funktioniert”, so Maike Braun. Auch Teilnehmer Christian Puls hatte sich das Drucken „schwieriger vorgestellt”. Er war überrascht, wie viel Arbeit die Software übernimmt.

Drucken bei 220 Grad
Der Druckarm fährt ratternd hoch, runter, nach rechts und links.Er bewegt sich auf der x-, y- und z-Achse, um den dreidimensionalen Raum darzustellen. Das Druckmaterial, auch Filament genannt, ist auf Spulen in dünnen Fäden aufgewickelt. „Die Drucker schmelzen das Material und tragen es dann Schicht für Schicht wieder auf”, sagt Natalie – „ähnlich wie eine Heißklebepistole.”
Bei diesem „Schmelz-Schichtverfahren” erhitzt sich der Druckkopf auf etwa 220 Grad Celsius. Dadurch schmilzt das Filament. Beim Erkalten auf der Druckplatte wird das Material wieder fest. Die Druckplatte hat eine Temperatur von maximal 65 Grad Celsius, damit das Material gut haften bleibt, sich aber nicht wieder verformt.
Je nach Komplexität des Drucks, dauert er unterschiedlich lange. Der Druck des kleinen Lesezeichens mit Bücherhallenlogo dauert beispielsweise 20 min. Manchmal kann es während des Druckvorgangs zum „Spaghetti-Fehler” kommen. „Dann muss man den Druck abbrechen und neu starten”, so Natalie. Beim „Spaghetti-Fehler” werden überschüssige Filament-Fäden abweichend von der gewünschten Form produziert.

3D-Quietscheentchen waren nicht nachhaltig genug
Eine Zeit lang füllten Quietscheentchen in allen möglichen Größen die Regale an den Wänden. „Leider wurde dem ein Ende gesetzt, weil wir etwas Sinnvolleres drucken sollten. Denn ein Ziel von uns ist Nachhaltigkeit”, sagt Natalie. Zum Drucken verwendet die Bücherhalle deshalb lebensmittelechtes Polylactid (PLA). Der Kunststoff besteht aus Maisstärke und ist biologisch abbaubar. „Trotzdem dauert es ungefähr 120 Jahre, bis es komplett abgebaut ist.”
Ein Vorteil des Materials: „Es ist lebensmittelecht. Es könnte theoretisch in den Mund genommen werden, wenn man es mit Lebensmittellack überpinselt”, erklärt Natalie. Eine Gabel und ein Messer könnte man drucken. Auf lange Sicht ist das Material aber nicht lichtecht und nicht hitzebeständig und kann sich verformen. Deshalb eignet es sich beispielsweise nicht für Kerzenhalter.

Bücherhallen-Besuchende können aus einer großen Anzahl an Farben auswählen. Das PLA-Filament gibt es in allen möglichen Farben und Strukturen: seidig, matt, mehrfarbig, glitzernd und durchsichtig. Es gibt sogar Filament, das im Dunkeln leuchtet.

Drucken für Brettspiele
Da im zweistündigen Workshop nicht alle ein Objekt drucken können, dürfen die Teilnehmenden ein fertiges Lesezeichen mit nach Hause nehmen. Maike möchte auf jeden Fall in der Weihnachtszeit gemeinsam mit ihrer Tochter wiederkommen, um ein „bisschen rumzuspielen”. Auch Christian hat schon eine Liste mit Objekten erstellt, die er für seine Brettspiele drucken möchte.
Für Kinder und Schulklassen hat die Bücherhalle andere Angebote. Um den Kindern besser verständlich zu machen, was genau bei einem Druck passiert, nutzt Natalie mit ihnen einen 3D-Druck-Stift. Mit diesem zeichnen sie dann gemeinsam Schicht für Schicht übereinander. „So können wir für die Kinder entzaubern, was die Maschine macht”, fasst Natalie die abgewandelte Methode zusammen.

Wirtschaftsbehörde fördert das Projekt
Insgesamt hat Natalie mit ihrem Bücherhallen-Team seit Mai über 300 Menschen im 3D-Drucken geschult. Die 3D-Drucker der Bücherhalle sind in das Maker Lab integriert. Dort können Besuchende der Bücherhalle ihre Kreativität auch mit Lasercuttern oder Näh- und Strickmaschinen ausleben. Das Workshop-Angebot ist nur kostenlos möglich, weil die Hamburger Behörde für Wirtschaft das Projekt fördert und auch laufende 3D-Druckkosten übernimmt.

Mit vielen Anregungen und neuen Motivideen verlassen die Teilnehmenden mit ihrem 3D-Druck-Führerschein den Kursraum. Natalie schiebt die Stühle zurück an die Tische und schaltet die Drucker der Reihe nach aus. „Es macht immer wieder viel Spaß!”, zieht sie Bilanz schließt die Glastür hinter sich ab.






