Kübra Gümüsay und Alena Jabarine sitzen auf der Couch, während Jessica die Lesung vor dem Publikum eröffnet.
Die Lesereihe wird von Jessica Louis eröffnet. Foto: Swetlana Holz

Mit Widerstand & Leben” startet im Eeden eine neue Lesereihe, die sich mit Fragen von Identität und gesellschaftlichem Wandel beschäftigt. Zum Auftakt liest Alena Jabarine aus ihrem ersten Buch „Der letzte Himmel.

Vor einer gelben Wand steht eine braune Cord-Couch. Daneben liegen Zitronen und Kerzen auf einem grün-weiß gestreiften Leinentuch, das an eine Pflanze geknotet wurde. Dazwischen steht das Buch der Autorin Alena Jabarine, dessen Farben sich im gesamten Raum widerspiegeln. Jabarine sitzt auf der Couch neben Kübra Gümüsay, die durch den Abend führt. Jabarine trägt eine Zitronen-Kette um den Hals. Ihre gelbe Satin-Hose wirft Falten. Es wird ruhig im Raum zum Start der Lesesreihe „Widerstand & Leben” im Eeden – einem feministischen Co-Creation-Space in der Stresemannstraße. 

Die Zitronen, die überall im Raum zu finden sind, stehen für Palästina und für die dort wachsenden Zitronenbäume. Zitronen gälten für viele aus Palästina als Symbol für Heimat, entsprechend seien sie auch auf Jabarines Buchcover zu sehen, erklärt Gümüşay.

Auftakt einer neuen Lesungsreihe 

Im Eeden kommen Menschen aus verschiedensten Bereichen zusammen. In einem Hinterhof in Altona arbeiten sie an einer gemeinsamen Vision: einer gerechteren, nachhaltigeren und damit lebenswerten Zukunft. Zwischen Kunst, Design, Kultur, Wissenschaft und Politik entsteht hier ein interdisziplinäres Netzwerk. Ziel ist es, den gesellschaftlichen Wandel konkret anzugehen. 

Gegründet wurde das Co-Creation-Space von Jessica Louis, Kübra Gümüşay, Onejiru Arfmann und Nürsen Kaya. Vier Frauen, die unterschiedliche Perspektiven, Erfahrungen und Expertisen aus den Bereichen Kultur, Aktivismus, Wirtschaft und Design zusammenbringen.

Zwei Frage stehen hier im Raum: Wie wollen wir leben? Und was braucht es, um dahin zu kommen? Auch in der Lesungsreihe „Widerstand & Leben” wird nach Antworten auf diese Fragen gesucht. Gelesen wird von widerständigen Autor*innen, um ihre Bücher, ihre Gedanken und ihre Perspektiven kennenzulernen.

Gümüşay moderiert die Lesung. Sie hat die Reihe mitinitiiert. „Wir haben ‚Widerstand und Leben‘ ins Leben gerufen, um uns mit den Dynamiken von Widerstand auseinanderzusetzen. Gerade in einer Gegenwart, in der unterschiedliche Formen struktureller Unterdrückung auf uns wirken, sowohl global als auch lokal, erklärt Gümüşay.

Alltag und Identität: Jabarines Lesung

Heute sitzt ein gemischtes Publikum auf den Stühlen, Sofas und Bänken. Einige Zuhörer*innen sind noch Kinder. Bevor Gümüşay die Autorin vorstellt und die Lesung beginnt, wird es laut. Alle im Publikum sollen sich mit einer unbekannten Sitznachbar*in über ihren Tag und Gemütszustand unterhalten. Die gleiche Frage: „Wie geht es dir?” stellt Gümüşay auch Jabarine und das Gespräch über Widerstand und Leben beginnt. 

„Der letzte Himmel” ist das erste Buch von Alena Jabarine, der deutsch-palästinensischen Journalistin mit israelischer Staatsbürgerschaft. Während Jabarine 2020 bis 2022 für eine deutsche Stiftung in Ramallah tätig war, begann sie auf Instagram aus dem Alltagsleben der palästinensischen Bevölkerung zu berichten und politische Zusammenhänge zu erläutern. Genau von dieser Zeit und ihren Erfahrungen handelt ihr Buch: Von Systemen, die man nicht wählt, aber in denen man lebt. Während Jabarine einzelne Textstellen vorliest, bittet Gümüşay um ein Taschentuch. Sie kann ihre Tränen kaum zurückhalten.

Auf einem gestreiften Tuch liegen Zitronen sowie eine Kerze und das Buch von Alena Jabarine
Alena Jabarines Buch „Der letzte Himmel”. Foto: Swetlana Holz

Wurzeln schlagen als Akt des Widerstands

Für Jabarine bedeutet Widerstand, sich der eigenen Identität und den eigenen Werten im Klaren zu sein. Dabei vergleicht sie sich immer wieder mit einem Baum, der tief in der Erde verwurzelt ist. So gefestigt zu stehen, beschreibt sie als die größte Form von Widerstand. „Mich auf meine Werte zurückbesinnen und gefestigt bei mir bleiben. Trotzdem in Kontakt bleiben, flexibel sein, jeden Tag. Trotzdem unerschütterlich sein in dem, was mich als Mensch ausmacht.“

Sie differenziert zwischen Widerstand, den man für sich selbst und die Community oder für andere Personen leistet: Sie erklärt, dass sie, wenn sie sich in die Lage der Menschen vor Ort in Palästina versetzt, beginnt, ihr eigenes Handeln zu reflektieren. Ein Buch allein werde den Betroffenen vermutlich nicht helfen. „Wenn ich in Gaza wäre, würde ich mir nicht wünschen, dass jemand darüber ein Buch schreibt”, so Jabarine. Dennoch sei ihr Buch für die Menschen in Deutschland, die vom palästinensischen Widerstand kaum etwas mitbekommen, eine Möglichkeit, mehr darüber zu erfahren.

„Wenn ich in Gaza wäre, würde ich mir nicht wünschen, dass jemand darüber ein Buch schreibt.” 

Die Kerzen auf dem Leinentuch sind heruntergebrannt. Zum Schluss bedankt sich eine Zuhörerin für den emotionalen Abend bedankt. Sie und ihre Freundin seien extra für die Lesung aus Nordrhein-Westfalen nach Hamburg gereist.

Nach und nach entstehen Lücken auf dem Tisch, auf dem einige Exemplare des gelesenen Buches liegen. Die Gruppe bildet eine Schlange. Vorne sitzt Jabarine, nimmt sich Zeit für jedes Gespräch, signiert, lächelt und hört zu.

Die nächste Lesung findet am 3. Juli statt. Neben Gümüşay wird dann Mithu Sanyal auf der Couch sitzen und Einblicke in ihren Roman „Antichristie” geben. 

Seray Ünsal liefert ab. Mal 200 Rosen aus dem Blumenladen ihrer Familie, vor allem aber klare Botschaften: „Ich will der Boss sein, um Frauen zum Boss zu machen.“ Mit diesem Satz hing sie bereits auf Plakaten der Körber-Stiftung in ihrer Heimatstadt Hamburg. Das Motto zieht sich weiterhin durch Serays Leben. Geboren 2002, studierte sie Politikwissenschaften und arbeitete unter anderem beim NDR im Community Management sowie bei Radio Energy. Ihr Herzensthema: Frauenrechte, insbesondere die Aufklärung über Femizide. Die Energie dafür zieht sie aus einem jährlichen Gossip-Girl-Marathon und Pfingstrosen, ihren Lieblingsblumen.

Kürzel: say

Liliana Lütje, Jahrgang 2003, setzte als Kind die Küche ihrer Großmutter in Brand. Positive Erinnerungen hat sie hingegen an ihre Zeit als Kinderreporterin, weshalb sie später Digitale Medien mit dem Nebenfach Wirtschaftspsychologie in Hamburg und Lüneburg studierte. Ihre Stärke im Marketing beweist sie in der Betreuung von medizinischen Social Media Kanälen. Kreativ wird Lilli auch abseits des Bildschirms, am liebsten beim Basteln. Ansonsten hat sie fast immer einen guten Rat parat, das zeigte sie auch im “Eltern”-Magazin.
Für gute Geschichten brennt sie noch immer.
Kürzel: lit

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