Ein 3D-Drucker steht auf einem Tisch vor einer Glaswand.
In der Zentralbibliothek werden mehrere 3D-Drucker für Workshops genutzt. Foto: Antonia Telgmann und Miriam Mair.

3D-Drucken ist keine Zauberei – das soll im 3D-Druck-Führerschein der Hamburger Bücherhalle vermittelt werden. Die Teilnehmenden können ihre eigenen Modelle erstellen und kostenlos drucken.

„Das Coolste, was ich bisher gedruckt habe, ist eine Druckplatte voller Quietscheentchen, die im Dunkeln geleuchtet haben”, erzählt Natalie Weitsch von ihren ersten 3D-Drucken. Seit Mai 2025 gibt die Bibliotheksmitarbeiterin regelmäßig Workshops, um den 3D-Druck-Führerschein in der Zentralbibliothek der Bücherhalle Hamburg zu erlangen. Die Kurse sind kostenfrei.

An diesem Tag findet der Workshop im Rahmen der Code Week 2025 statt. Während der zweiwöchigen Veranstaltungsreihe können vor allem Kinder und Jugendliche auf kreative Weise Technik und KI entdecken, doch auch Erwachsene dürfen an einigen Events teilnehmen.

Von der Idee zum 3D-Modell

Zu Beginn des Workshops präsentiert Natalie den sieben Teilnehmenden die Grundlagen des 3D-Druckens und die Vorgaben, die für den Druck in der Bücherhalle gelten. Um den Drucker zu benutzen, muss man mindestens sechzehn Jahre alt sein, eine gültige Bücherhallenkarte besitzen und über den Führerschein verfügen. Dann kann man nach vorheriger Buchung den Drucker in der Zentralbibliothek für maximal vier Stunden am Stück verwenden. Die Materialkosten für den Druck übernimmt die Bücherhalle. 

Eine Frau mit braunen kurzen Haaren rückt ihre rosane Brille auf der Nase zurecht. Sie sitzt vor einem Laptop und hört gespannt einem Vortrag zu.
Teilnehmerin Maike Braun hat noch keine Erfahrung im 3D-Drucken. Foto: Antonia Telgmann und Miriam Mair.

Teilnehmerin Maike Braun rückt ihre rosafarbene Brille zurecht und sucht im Slicing-Programm „Bambu Studio” nach einem Motiv. Die App unterteilt die fertige Designvorlage in kleine „Scheiben”, die der Drucker später Schicht für Schicht ausdrucken kann – daher der Begriff „Slicing”.

Passend zum Herbst entscheidet sich die 63-Jährige für ein kleines Gespenst. In der App muss sie nun die Füllstärke auswählen. Das ist die innere Struktur eines 3D-gedruckten Objekts. Sie bestimmt, wie stabil und belastbar das fertige Objekt wird. „Es hat mich überrascht, wie einfach und intuitiv die 3D-Modellierung funktioniert”, so Maike Braun. Auch Teilnehmer Christian Puls hatte sich das Drucken „schwieriger vorgestellt”. Er war überrascht, wie viel Arbeit die Software übernimmt. 

Der Druckarm eines 3D-Druckers fährt über eine Druckplatte. Auf der Druckplatte liegen fertig gedruckte Lesezeichen der Bücherhalle.
Die 3D-Drucker können innerhalb von 20 Minuten Lesezeichen drucken. Foto: Antonia Telgmann und Miriam Mair.

Drucken bei 220 Grad

Der Druckarm fährt ratternd hoch, runter, nach rechts und links.Er bewegt sich auf der x-, y- und z-Achse, um den dreidimensionalen Raum darzustellen. Das Druckmaterial, auch Filament genannt, ist auf Spulen in dünnen Fäden aufgewickelt. „Die Drucker schmelzen das Material und tragen es dann Schicht für Schicht wieder auf”, sagt Natalie – „ähnlich wie eine Heißklebepistole.”

Bei diesem „Schmelz-Schichtverfahren” erhitzt sich der Druckkopf auf etwa 220 Grad Celsius. Dadurch schmilzt das Filament. Beim Erkalten auf der Druckplatte wird das Material wieder fest. Die Druckplatte hat eine Temperatur von maximal 65 Grad Celsius, damit das Material gut haften bleibt, sich aber nicht wieder verformt.

Je nach Komplexität des Drucks, dauert er unterschiedlich lange. Der Druck des kleinen Lesezeichens mit Bücherhallenlogo dauert beispielsweise 20 min. Manchmal kann es während des Druckvorgangs zum „Spaghetti-Fehler” kommen. „Dann muss man den Druck abbrechen und neu starten”, so Natalie. Beim „Spaghetti-Fehler” werden überschüssige Filament-Fäden abweichend von der gewünschten Form produziert. 

Zwei 3D-Drucker stehen auf zwei Rollwägen vor einer Glaswand.
Gedruckt wird mit dem Kunststoff Polylactid. Das Material ist biologisch abbaubar. Foto: Antonia Telgmann und Miriam Mair.

3D-Quietscheentchen waren nicht nachhaltig genug

Eine Zeit lang füllten Quietscheentchen in allen möglichen Größen die Regale an den Wänden. „Leider wurde dem ein Ende gesetzt, weil wir etwas Sinnvolleres drucken sollten. Denn ein Ziel von uns ist Nachhaltigkeit”, sagt Natalie. Zum Drucken verwendet die Bücherhalle deshalb lebensmittelechtes Polylactid (PLA). Der Kunststoff besteht aus Maisstärke und ist biologisch abbaubar. „Trotzdem dauert es ungefähr 120 Jahre, bis es komplett abgebaut ist.” 

Ein Vorteil des Materials: „Es ist lebensmittelecht. Es könnte theoretisch in den Mund genommen werden, wenn man es mit Lebensmittellack überpinselt”, erklärt Natalie. Eine Gabel und ein Messer könnte man drucken. Auf lange Sicht ist das Material aber nicht lichtecht und nicht hitzebeständig und kann sich verformen. Deshalb eignet es sich beispielsweise nicht für Kerzenhalter.

Eine 3D gedruckte hellblaue Gans mit orangenen Füßen hat einen Holzanhänger im Mund. Auf ihm steht MakerLab Bücherhalle.
Die 3D-gedruckte blaue Gans ist ein Lieblingsstück der Bücherhallenmitarbeiterin Natalie. Foto: Antonia Telgmann und Miriam Mair.

Bücherhallen-Besuchende können aus einer großen Anzahl an Farben auswählen. Das PLA-Filament gibt es in allen möglichen Farben und Strukturen: seidig, matt, mehrfarbig, glitzernd und durchsichtig. Es gibt sogar Filament, das im Dunkeln leuchtet.

Ein 3D-Drucker steht vor einer Glaswand. Am Ende des 3D-Druckers sind vier Spulen angebracht. Auf ihnen ist das Druckmaterial, Filament aus PLA, in verschiedenen Farben aufgewickelt.
Das Druckmaterial gibt es in diversen Farben aber auch in durchsichtig, glitzernd oder im Dunkeln leuchtend. Foto: Antonia Telgmann und Miriam Mair.

Drucken für Brettspiele

Da im zweistündigen Workshop nicht alle ein Objekt drucken können, dürfen die Teilnehmenden ein fertiges Lesezeichen mit nach Hause nehmen. Maike möchte auf jeden Fall in der Weihnachtszeit gemeinsam mit ihrer Tochter wiederkommen, um ein „bisschen rumzuspielen”. Auch Christian hat schon eine Liste mit Objekten erstellt, die er für seine Brettspiele drucken möchte.

Für Kinder und Schulklassen hat die Bücherhalle andere Angebote. Um den Kindern besser verständlich zu machen, was genau bei einem Druck passiert, nutzt Natalie mit ihnen einen 3D-Druck-Stift. Mit diesem zeichnen sie dann gemeinsam Schicht für Schicht übereinander. „So können wir für die Kinder entzaubern, was die Maschine macht”, fasst Natalie die abgewandelte Methode zusammen.

Ein 3D-Drucker steht vor einer blauen Wand. Auf einer Tafel an der blauen Wand steht Wilkommen im MakerLab. Hier kannst du kreativ werden.
Das MakerLab der Zentralbibliothek ist seit Mai 2025 geöffnet. Foto: Antonia Telgmann und Miriam Mair.

Wirtschaftsbehörde fördert das Projekt

Insgesamt hat Natalie mit ihrem Bücherhallen-Team seit Mai über 300 Menschen im 3D-Drucken geschult. Die 3D-Drucker der Bücherhalle sind in das Maker Lab integriert. Dort können Besuchende der Bücherhalle ihre Kreativität auch mit Lasercuttern oder Näh- und Strickmaschinen ausleben. Das Workshop-Angebot ist nur kostenlos möglich, weil die Hamburger Behörde für Wirtschaft das Projekt fördert und auch laufende 3D-Druckkosten übernimmt.

Eine Frau steht neben einem großen Bildschirm und erklärt ein 3D-Druck-Programm. Vor ihr sitzen drei Personen an Tischen in einem Raum.
In der Slicing-App können Teilnehmende zwischen vielen verschiedenen Modellen wählen. Foto: Antonia Telgmann und Miriam Mair.

Mit vielen Anregungen und neuen Motivideen verlassen die Teilnehmenden mit ihrem 3D-Druck-Führerschein den Kursraum. Natalie schiebt die Stühle zurück an die Tische und schaltet die Drucker der Reihe nach aus. „Es macht immer wieder viel Spaß!”, zieht sie Bilanz schließt die Glastür hinter sich ab. 

Antonia Telgmann, Jahrgang 1999, hat früh gelernt, ihre Koffer zu packen. Sie hatte bereits in Dänemark und Singapur gelebt, als sie mit zwölf Jahren nach Hamburg zog. In Asien entdeckte sie ihre Leidenschaft fürs Schwimmen. 2016 kraulte sie bei der Deutschen Meisterschaft als Teil der Staffel. Später studierte sie Politikwissenschaft in Bremen und absolvierte ein Praktikum bei RTL Nord. Für die Onlineredaktion von Radio Bremen, Buten un Binnen, interviewte sie den Knigge-Rat, schrieb über ein Klimacamp für Kinder und berichtete über ehrenamtliches Engagement. Als Kind wollte sie sich bei „Wetten, dass..?“ bewerben – sie konnte alle „Bibi & Tina“-Kassetten am ersten Satz erkennen. Heute träumt sie davon, als Auslandskorrespondentin nach Singapur zurückzukehren.

Kürzel: tel

Miriam Mair, Jahrgang 2001, reiste durch ganz Schweden, um das beste Zimtschneckenrezept des Landes zu finden. Dabei stolperte sie fast über einen Elch und ging freiwillig bei minus 20 Grad baden. In Passau studierte sie Journalistik und Strategische Kommunikation. Während eines Praktikums beim ZDF machte Miriam verschiedene Straßenumfragen. Auch PR reizte sie, bis sie eine Eiscreme vermarkten sollte, die sie nicht mochte. Da war klar: Sie wird Journalistin. Schon als Kind wollte sie werden wie Karla Kolumna, die rasende Reporterin. Das beste Zimtschneckenrezept kreierte Miriam übrigens schlicht selbst. Kürzel: mai

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