Letztes Wochenende fand der 15. Game Jam am Campus Finkenau statt. Neun Teams hatten rund 48 Stunden Zeit ein Videospiel zu produzieren. Das Gewinnerteam überzeugte mit einem fotografierenden Glühwürmchen.
Ein winterlicher Sonntagabend an der Finkenau. Zu dieser Zeit treibt es eigentlich niemanden auf den Kunst- und Mediencampus. Die Türen sind verschlossen, hinter den Fenstern brennt kein Licht. Doch an diesem letzten Sonntag im November herrscht im Forum Finkenau kreatives Chaos. An Gruppentischen sitzen etwa fünfzig Menschen vor ihren Laptops, tippen Code, zeichnen Grafiken, geben ihrem Produkt den letzten Feinschliff. Die Tische sind voller Kabel, bedeckt von leeren Flaschen, vollgeschriebenen Zetteln und leeren Snack-Packungen. Die meisten starren konzentriert auf ihre Bildschirme, andere wuseln aufgeregt umher. In zwanzig Minuten müssen hier neun spielfertige Videogames abgegeben werden. Von der ersten Idee bis zum Upload haben die jungen Teilnehmenden rund 48 Stunden Zeit, ein Videospiel zu entwickeln. Von den Illustrationen, bis zu den Spielmechaniken und dem Sound: Alles wird hier selbstgemacht. Studierende verschiedener Fachrichtungen kommen zusammen, um gemeinsam kreativ zu sein.

Ein Wochenende, ein Videospiel
An einem Wochenende gemeinsam mit anderen ein Computerspiel produzieren zu einem vorgegebenen Thema: Das ist das Konzept des Game Jams. Es ist bereits die 15. Veranstaltung dieser Art an der HAW Hamburg. Diesmal lautet das abstrakte Thema „Discover”. Veranstaltet wird das Event einmal im Semester vom Fachschaftsrat Medien – von Studierenden für Studierende.
„Hier treffen sich dann Programmierer*innen, Designer*innen, Soundartists, Writer*innen oder einfach Leute, die mal was machen wollen in dem Bereich. Also es ist von allen Skillsets jemand dabei”, sagt Francesco Vinciguerra. Er organisiert gemeinsam mit anderen Mitgliedern des FSR den Game Jam. Früher hat er selbst daran teilgenommen, nun läuft er durch das Forum, beantwortet Fragen, behält die Zeit im Blick. „Das ist cool, weil es ein interdisziplinärer Punkt ist, wo viele aus dem Campus zusammenkommen können und kreativ arbeiten. Und auch wenn das Spiel am Ende nicht ganz funktioniert, haben wir noch Spaß, haben viel gelernt und einfach mal was gemacht”, sagt er. „Ich kenne viele Leute, die haben noch nie ein Spiel gemacht, aber wollen Spiele machen oder wollen in die Games-Studiengänge, aber haben für ihr Portfolio noch keine Projekte.” Wenn man an zwei Tagen ein fertiges Spiel entwickelt, bleibe keine Zeit mehr zum Prokrastinieren.

Um 18:20 Uhr betritt Vinciguerra die Bühne und geht ans Pult. Die Zeit ist abgelaufen und nun stellen die einzelnen Teams ihre Projekte kurz vor. Vinciguerra bittet die Gruppen, direkt zu erwähnen, wenn man beim Testen der Spiele etwas beachten soll, wie zum Beispiel: „Klickt nicht den Frosch an, sonst explodiert das Spiel.” Die meisten Teams sind entspannt, stellen freudig ihre Spiele vor. Nur in einem Team scheint es noch ernste Probleme zu geben, das Spiel crasht beim Laden. Die anderen Teams reagieren mit Mitleid und Verständnis. Am Ende wird das Videospiel, ein queerer Datingsimulator, doch noch rechtzeitig zum Testen fertig.
Beim Game Jam geht es nicht ums Gewinnen
Das Spielen gehört auch zum Game Jam. Am Ende des Wochenendes testen die Teilnehmer*innen ihre Games gegenseitig, bewerten sie und geben Feedback. Das Team mit der besten Bewertung gewinnt die Veranstaltung. Francesco betont jedoch auch, dass es nicht ums Gewinnen gehe. Letztlich sei es für alle eine Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen und gemeinsam kreativ an etwas zu arbeiten. Der Game Jam ist offen für alle. „Das heißt, man muss kein Team mitbringen. Wir haben immer eine Teamphase, bevor alles losgeht, und dann finden wir Leute, die alleine sind oder zu zweit und dann matchen wir die mit Skills. Dass sich Artists mit Programmierern finden zum Beispiel. Damit jeder ein Spiel schaffen kann.”
Am Ende des Abends gewinnt ein Spiel den Wettbewerb, in welchem man als Glühwürmchen nachts Käfer sucht und fotografiert, während man Katzen, Eulen und Fledermäusen ausweichen muss. Nora Nemitz und Till Iversen haben als Developer*innen im Gewinnerteam mitgearbeitet. „Gewinnen ist cool, aber es geht vor allem darum, dass man mit dem eigenen Produkt happy ist”, sagt Till nach der Preisverleihung. „Es ist einfach ein gutes Gefühl, am Ende ein cooles Game zu haben”, sagt Nora. Die größte Herausforderung an diesem Wochenende sei es gewesen, alles zusammenzufügen zu einem Spiel, das am Ende auch Spaß macht, sagt Till: „Die letzten 20 Minuten waren gefühlt so stressig wie die letzten zwei Tage”.

In kurzer Zeit ein fertiges Videospiel zu erstellen hält die Teilnehmenden bis tief in die Nacht in der Hochschule. „Übernachten dürfen wir hier leider nicht. Das ist nicht erlaubt. Aber es geht dann wirklich sehr lang”, sagt Francesco vom FSR. „Also da wird viel Kaffee getrunken und danach braucht man eigentlich einen kurzen Urlaub, aber es ist trotzdem echt cool, diese Experience.” Nach der Siegerehrung räumen alle gemeinsam auf, stapeln Stühle und wischen Tische ab. Am nächsten Tag muss im Forum wieder der normale Hochschulbetrieb stattfinden.
Games kostenlos spielbar
Alle Spiele des Game Jams sind öffentlich und kostenlos auf dem PC spielbar. Auch wir haben die Games getestet und unsere Highlights zusammengestellt.
Snap Me Softly
Als Glühwürmchen muss man hier auf Fotojagd gehen und liebevoll gezeichnete Käfer finden. Doch dabei sollte man sich insbesondere vor der Fledermaus in Acht nehmen.
Diskover your Jam
Hier wurde das Motto kreativ interpretiert. Als DJ steuert man durch die Musik die Figuren in einer schwimmenden Geister-Bar, um sich den Weg zum Ziel freizuräumen.
The Last Stop
In diesem Spiel ist die Hauptfigur im Bus eingeschlafen und leider zur letzten Station gefahren. Nun muss sie drei Münzen finden, um ein neues Ticket zu kaufen. Die Kameraführung ist irritierend, aber dies trägt zum gruseligen Flair des Spiels bei.
Deepscover
In einem U-Boot taucht man ab, um seltene Fische zu fangen. Doch der Sauerstoff ist begrenzt und man muss abwägen, wie lange man in der Tiefe des Ozeans bleibt.
Discover your Love
Dies ist ein queerer Dating-Simulator, in dem man auf eine Karte drei potentielle Flirt-Partnerinnen entdecken kann. Indem man verschiedene Dialoge auswählt, kann man das Herz der Auserwählten gewinnen.







