Jede Saison spielen zwei Teams in der Relegation um Auf- und Abstieg. Die Fans bekommen noch einmal zwei besondere Spiele geboten. Doch es melden sich Gegner der Relegation, die sie abschaffen wollen. Das sollte nicht passieren. Ein Kommentar von Julian Kornacker.
Die letzten Minuten laufen. Mittelfeldspieler Marcelo Díaz legt sich den Ball zurecht und geht ein paar Schritte zurück. Sein Blick ist starr auf das Tor des Karlsruher SC gerichtet. Es läuft die erste und zugleich letzte Minute der Nachspielzeit. Der Schiedsrichter pfeift und Díaz läuft an. Er schießt den Ball direkt ins Tor und rettet den HSV damit in die Verlängerung. Die HSV-Fans in der Fankurve im Karlsruher Stadion können es kaum fassen. Sie liegen sich vor Freude in den Armen, singen und feuern ihren Verein nochmal an. Am Ende der Verlängerung bleibt der HSV in der ersten Liga und die Fans sind überglücklich. So passiert im Relegationsrückspiel 2015.
Jeder Fußballfan kennt solche Emotionen, die mit kaum etwas zu vergleichen sind. Und dennoch werden Stimmen laut, die sich gegen die Relegation und solche emotionalen Spiele aussprechen. Beispielsweise Jens Todt, Sportdirektor des HSV: „Wenn man als Zweitligist eine richtig gute Saison spielt und dann so knapp scheitert, ist das extrem bitter“, führte er in der „Sportbild“ aus. Auch André Breitenreiter, Trainer von Hannover 96, sagt: „Die Relegation ist ungerecht, der Bundesligist ist klar im Vorteil“.
Doch stimmt das überhaupt? Nein. Der Bundesligist ist nicht immer im Vorteil. Eine ohnehin schon schwache Saison, die nach spätestens 33 Spieltagen auf den Relegationsplatz geführt hat, wirkt schließlich demotivierend für den Erstligisten. Da ist dann eher der Zweitligist im Vorteil, der eine starke Saison abgeliefert hat und jetzt besonders motiviert ist, den letzten Schritt Richtung Aufstieg zu machen.
Die Relegation stärkt zudem den Zusammenschluss zwischen Fans und dem Team. Sollte es nicht mit dem Aufstieg klappen, ist die Enttäuschung und der Frust bei allen Beteiligten zwar groß. Für die Fans ist es aber wichtig, mit solchen Rückschlägen umzugehen. Vielleicht klappt in der folgenden Saison sogar der direkte Aufstieg.
Wenn es keine Relegation mehr gibt, dann gibt es auch keine Endspiele mehr, in denen es um alles geht. In denen die Fans noch einmal tolle Choreografien inszenieren und ihr Team mit aller Macht anfeuern. In denen die Mannschaft noch einmal all ihre Stärke zusammennimmt, um sich und den Fans den Traum vom Aufstieg zu erfüllen oder den Abstieg zu verhindern.
Ohne Relegation steigen einfach drei Mannschaften aus der Ersten Liga ab und drei aus der Zweiten Liga auf. Das war’s. Es fehlen zwei spannende Endspiele. Nicht zuletzt: Die Mannschaften haben schließlich 34 Spieltage, in denen sie vermeiden können, dass sie in die Relegation müssen. Sollte es doch der Fall sein, dann gilt: noch einmal alles geben. Am Ende gewinnt der bessere Verein – egal ob aus der Ersten oder Zweiten Liga.