St. Pauli Trainer Fabian Hürzeler winkt in die Menge.
Fußballtrainer Fabian Hürzeler verabschiedet sich in die Premier League. Foto: Christian Charisius/dpa

Fabian Hürzeler hat sich durch den Aufstieg mit dem FC St. Pauli ein Denkmal gesetzt. Sein Wechsel in die Premier League schmerzt Liebhaber des modernen Fußballs enorm – ist aber vertretbar, findet FINK.HAMBURG-Redakteur Luca Schafiyha. Schließlich kann der FC St. Pauli Trainerwechsel. Ein Kommentar.

Es ist keine fünf Wochen her, dass die Fans des FC St. Pauli auf den Rasen des Millerntors stürmten. Jubelschreie, Bierduschen, ekstatische Menschenmengen wohin das Auge blickt. Im Zentrum der Festivitäten: Erfolgscoach Fabian Hürzeler, auf den Schultern seiner Anhänger*innen. Wie er strahlt auf den Bildern, die diesen Moment einfangen. Und trotzdem: Hürzeler verlässt den Rasen des Millerntorstadions bald für immer.

Hürzeler in einer Riege mit Alonso & de Zerbi

Der Aufstiegsmacher wird in der kommenden Saison nicht am Seitenrand stehen, wenn seine ehemaligen Schützlinge Irvine, Eggestein und Co. die erste Bundesliga-Spielzeit seit der Saison 2010/2011 bestreiten. Stattdessen wird er Chefcoach des englischen Erstligisten Brighton & Hove Albion. Der Verlust für St. Pauli und die Bundesliga wiegt schwer, stand Hürzeler doch für einen äußerst attraktiven und modernen Fußball.

Genau genommen stand Hürzeler für einen Spielstil, der in der Tradition anderer aktuell sehr erfolgreicher Fußballlehrer steht. Vergleichbare Spielideen, wenn auch unter ganz anderen Bedingungen, fand man so zuletzt bei Xabi Alonso, dem Meistercoach von Bayer Leverkusen oder auch Roberto de Zerbi. Bei letzterem handelt es sich ironischerweise um den scheidenden Coach von Hürzelers neuem Verein Brighton.

In diesem Umstand liegt auch die mit dem Wechsel verbundene Fußballlogik. Brighton wurde in den letzten Jahren dadurch berühmt, eben jene moderne Spielidee zu verfolgen und mit fortschrittlichsten Daten- und Scoutinganalysen den finanziell deutlich überlegenen Clubs der Premier League zu trotzen. Dabei ließen sich sehr respektable Saisonplatzierungen erzielen.

Brighton-Wechsel ein „perfect fit“

Dass die Seagulls bei der Suche für eine Nachfolge ihres international begehrten Ex-Trainers de Zerbi nun auf Hürzeler stoßen, ist also alles andere als Zufall oder Momentum. Es ist eine logische, durch gründliche Analyse getroffene Wahl auf einen jungen Trainer, der die Spielidee Brightons bereits verinnerlicht hat. Ein „perfect fit“ sozusagen.

Was nun folgt, wird Fußball-Romantikern weh tun: St. Pauli und Hürzeler hatten gar keine andere Wahl, als den Deal zu vollziehen und man kann ihnen zu diesem Erfolg nur gratulieren. Für Hürzeler ist der Schritt zu Brighton eine Möglichkeit, auf die internationale Bühne zu treten. Und das unter wesentlich besseren Bedingungen als bei anderen inhabergeführten, sehr reichen Vereinen aus England oder anderen Ligen, die auf den ersten Blick eine größere Kragenweite als Brighton zu haben scheinen.

„Wir respektieren den Wunsch, die Chance zu ergreifen, in der Premier League zu arbeiten.“

Kiezclub wird auch ohne Hürzeler auskommen

Der Kiezclub wiederum wird nicht nur entschädigt, sondern sogar fürstlich entlohnt. So bekommen die braun-weißen einen Transfererlös, der bei mindestens 7,5 Millionen Euro liegen soll, wie das “Hamburger Abendblatt” berichtet. Solch eine hohe Transfersumme hat der Verein noch nie für einen Spieler bekommen, geschweige denn für einen Trainer.

Neben der Kohle gibt es auch andere gute Gründe, warum Fans des Kult-Clubs auf eine tolle Bundesligasaison hoffen können. So war die Trennung vom beliebten Vorgänger-Coach Timo Schultz zunächst ebenso ein Stich ins Fanherz. Aber eben nur so lange, bis sich die Ernennung Hürzelers als absolute Erfolgsgeschichte entpuppte.

Die Strukturen im Club stimmen. Der Verein entwickelt sich stetig weiter und bewies bereits Resilienz, was dafür gesorgt hat, dass namhafte Abgänge in der Vergangenheit kompensiert werden konnten. Die Aufgabe der Vereinsführung muss nun sein, erneut durch eine clevere Entscheidung im Sinne der sportlichen Entwicklung für Erfolg zu sorgen.

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Als Kind träumte Luca Schafiyha, Jahrgang 1994, davon, Schriftsteller zu werden. Ein ganzer Roman war dem Rheinländer dann aber doch zu viel. Journalist lautete der neue Berufswunsch. Seitdem ist viel passiert: Neben seinem Germanistik- und Politikstudium in Düsseldorf veröffentlichte Luca regelmäßig eine Kolumne in der „Rheinischen Post“. Luca arbeitete beim WDR, für die Redaktionen des „Handelsblatt“, der „Wirtschaftswoche“, „ran.de“ sowie des „Rolling Stone“. Er selbst spielt gerne Bass-Gitarre. In Bologna absolvierte er ein Erasmus-Semester – den täglichen Aperitivo auf der Piazza Maggiore vermisst er bis heute. Kürzel: sha