Kaum Zeit für sich trotz Teilzeitjob. Das bedeutet das Hobby  Spielentwicklung für Dominik Schönleben. Seit vier Jahren ist er Spieleentwickler. Dominik dachte sich das Kartenspiel „Neon Hope“ mit aus. Bei dem dystopischen Kartenspiel müssen die Spieler*innen die Welt vor einer düsteren Zukunft retten. Im Interview erzählt er, wie aus einer Idee ein Spiel wurde.

Was für ein Spiel entwickelst du gerade?

Dominik Schönleben: Ich mache das Spiel Neon Hope, das ist ein kooperatives Storytelling Kartenspiel. Es hat ein Near-Future Cyberpunk Thema, aber es findet statt, bevor die Dystopie vollständig eingetreten ist. Du spielst Leute, die versuchen, das Schlimmste zu verhindern.

Du warst mal Journalist, jetzt bist du Brettspielentwickler. Wie ist das dazu gekommen?

Illustration des Spiels Neon Hope. Foto: Hopeful Games UG
Illustration des Spiels Neon Hope. Foto: Hopeful Games UG

Dominik Schönleben: Viele Spieleentwickler, vor allem im Brettspielbereich, sind Quereinsteiger. Sie fangen als Hobby an. So war das bei mir: Ich habe zusammen mit einem Freund angefangen, Spiele zu entwickeln. Wir spielen selber gerne und haben immer überlegt, was wir bei einem Spiel anders machen würden. Über die Jahre hatten wir nie die eine Idee – Was ist ein Spiel, das die Welt wirklich noch braucht? Vor vier Jahren ist mir diese Idee gekommen. Wir wollten immer ein Spiel über Storytelling machen; ein Spiel über Geschichten, die ein bisschen weniger stereotyp und standardmäßig sind. Und da haben wir angesetzt.

Ich glaube, dass es vielen Spieleautoren letztendlich so geht. Die experimentieren mit Spielen herum, die es schon gibt, und fangen dann an, ihre eigenen Spiele zu machen. 

Also sind andere Spiele eine Art Inspiration? 

Dominik Schönleben: Auf jeden Fall. Und ich glaube, das ist ganz wichtig, wie in jeder anderen Profession. Da gehört es dazu, dass Entwickler die Historie von Kartenspielen verstehen. Spiele zu kennen und ihre Mechaniken nachzuvollziehen, ist wie ein Handwerk.

Was meinst du mit Mechanik?

Es gibt bestimmte Mechaniken – zum Beispiel, wie können Spieler einen Würfel einsetzen. Und dann gibt es das schon in vielen Spielen, aber du hast vielleicht noch eine Idee, die es anders macht.

Es ist total absurd, zu glauben, wir würden eine völlig neue Spielmechanik entwickeln

Es ist total absurd, zu glauben, wir würden eine völlig neue Spielmechanik entwickeln. Ich will das nicht ausschließen, aber wir nehmen eigentlich eher Dinge, die schon existieren und rekombinieren die neu, oder setzen da eine neue Idee drauf. So entwickeln sich Spiele weiter. 

Ihr wusstet also schon, in welche Richtung das thematisch geht? 

Dominik Schönleben: In meinem Fall, Ja. Eigentlich ist das eher unüblich in der Spieleentwicklung. Wir haben ja ein Spiel gemacht, das auf der Idee basierte, die wir erzählen wollten. Bei unserem Spiel haben wir daran gearbeitet, die Mechanik von dem Spiel danach auszurichten, was für eine Geschichte wir erzählen wollen, wie wir die erzählen wollen und was für ein Gefühl entstehen soll. 

Aber viele Entwickler kommen auch stark von der mechanischen Seite, das ist eigentlich üblich. Und dann am Schluss wird ein Thema draufgesetzt.

Das ist irgendwie andersrum als erwartet. In meiner Vorstellung gibt es ein Thema und danach arbeiten Entwickler eine Spielmechanik aus. 

Dominik Schönleben: Das gibt es auch, ist tatsächlich eher selten. Beziehungsweise ist es in der Realität oft so, dass Verlage – meistens veröffentlicht man sein Spiel über einen Verlag – bestimmen möchten, welches Thema das Spiel hat. Die Verlage haben irgendein Trendthema, von dem sie glauben, was sich aktuell verkauft.

Karten des Spiels Neon Hope. Foto: Hopeful Games UG
Karten des Spiels Neon Hope. Foto: Hopeful Games UG

Aktuell sind das Tiere und Naturthemen. Vielleicht sind die auch schon wieder fast vorbei, der Trend ist schon wieder im Wechsel. 

Dann hast du ein Spiel mit bestimmten Mechaniken, mit bestimmten Ideen und diese Mechaniken setzt du zum Beispiel in ein Waldsetting. 

Du meintest eben, ihr seid seit vier Jahren dabei, das Spiel zu entwickeln. Dauert das immer so lang?

Dominik Schönleben: Ich glaube, das kann niemand so richtig abschätzen. Ein wichtiger Faktor ist, dass viele Spieleentwickler das in Teilzeit als Hobby machen. Brettspieleentwickler ist in den seltensten Fällen ein Vollzeit-Beruf, mit dem Entwickler ihren Lebensunterhalt verdienen können. Das heißt auch, dass wenn ich vier Jahre an meinem Spiel arbeite, ich nebenher einen Vollzeitjob habe. Und erst jetzt, wo wir zum Ende kommen, meinen eigentlichen Job nur noch Teilzeit mache und mehr Zeit mit dem Spiel verbringe. 

Grundsätzlich ist es so, dass die Entwicklung von dem Spiel sehr individuell verläuft. Ein Spiel kann schnell entwickelt werden, wenn Entwickler schnell eine Lösung finden. Auf der anderen Seite kann es sehr lange dauern, bis die Idee verfeinert und weiterentwickelt ist, also bis das Spiel wirklich funktioniert. Die Vorstellung von vielen Leuten ist, eine brillante Idee zu haben: „Ahh ja, dann machen wir das so!“, und dann funktioniert alles. Die Realität bei Spielen ist eigentlich, dass du ein Spiel machst, und das ist richtig, richtig schlecht. Aber es hat diese eine Sache, die ganz gut funktioniert und dann machst du dein Spiel komplett neu.

Die Realität bei Spielen ist eigentlich, dass du ein Spiel machst, und das ist richtig, richtig schlecht.

Und dann klappt es?

Nee, dann funktioniert irgendwas anderes nicht mehr. Dann machst du das irgendwie acht bis zehn Mal wieder. Am Ende gibt es ein Spiel, das endlich funktioniert. Es ist ein Prozess, bei dem immer wieder was Neues erschaffen wird, bis es eine Lösung gibt. Und ich glaube, das führt bei manchen Spielen auch mal zu einem kürzeren Prozess, weil man zufälligerweise schneller auf diese Lösung stößt. 

Aber manchmal sind es auch Spiele oder Ideen, die wurden noch nie gemacht oder sind in dieser Form neu. Dann ist es oft schwieriger, zu einem Ergebnis zu kommen. Genau das ist, glaube ich, dieser Prozess, warum es dann auch sehr lange dauern kann. Aus diesen zwei Faktoren – einerseits die Entwicklung in Teilzeit, auf der anderen Seite geht der Prozess der Spieleentwicklung durch viele Iterationen.

Wie vereinbarst du die Spielentwicklung mit deinem Arbeitsleben?

Dominik Schönleben: Für mich ist das ein Hobby. Wenn andere Leute am Wochenende an den See fahren oder irgendwas anderes machen, was sie mögen, dann arbeite ich an meinem Spiel. Mittlerweile habe ich einen Teilzeitjob, weil wir jetzt dabei sind, unser Spiel fertigzustellen.

Was ist dein persönliches Lieblingsspiel? 

Dominik Schönleben: Mein persönliches Lieblingsspiel ist Arkham Horror: Das Kartenspiel. Das hat Ähnlichkeiten mit dem Spiel, das ich mache. Ich entwickle in demselben Genre: Arkham Horror ist auch ein Storytelling Spiel, wo man Horrorgeschichten erlebt. 

Wäre das ein Spiel gewesen, das du am liebsten selbst entwickelt hättest? 

Dominik Schönleben: Nee. Gerade deswegen mache ich ja ein Spiel in diesem Genre, das ganz bestimmte Dinge anders macht. Und dieses Veränderte ist das Spiel, das ich entwickeln möchte. 

Welchen Tipp hast du für Leute, die anfangen sich mit der Spieleentwicklung auseinanderzusetzen? 

Dominik Schönleben: Jemandem, der ein eigenes Spiel entwickelt, kann ich nur eine Sache raten: Durchhaltevermögen und Resilienz zu entwickeln. Wenn du ein Spiel entwickelst, dann wird das richtig, richtig schlecht sein. Und wenn du das aber nicht akzeptierst und dann das gesamte Spiel nochmal neu machst – wirklich nicht nur Probleme änderst, sondern komplett neu anfängst – wirst du nie zu einem Spiel kommen, das wirklich gut ist. Ich glaube, das ist das, was Leute unterschätzen: Wie oft du dein Spiel nochmal überarbeiten musst, den gleichen Prozess wiederholen musst, damit du irgendwo hinkommst. 

Louisa Eck, Jahrgang 2002, schrieb in der 3. Klasse für die Schülerzeitung einen Artikel über einen Bauern, der Kastanien für seine Schweine sammelte. Spätestens ab diesem Zeitpunkt war klar: Sie möchte Journalistin werden. Louisa studierte Medienwissenschaft in Köln. Auch ein Abstecher in die PR beim dortigen Institut der deutschen Wirtschaft brachte sie nicht vom Journalismus ab. In der Domstadt entdeckte sie neben ihrer Liebe zum Karneval auch ihr Talent für die Herstellung von veganem Gebäck. Seit ihrem Umzug in ihre Geburtsstadt Hamburg ruht ihr Froschkostüm. Im HAW Newsroom verteidigt sie jetzt Alaaf gegen Helau und Kölsch gegen Alt und Astra. Kürzel: eck

Luna Baumann Dominguez, Jahrgang 1996, hat ein Faible für das deutsche Lachshuhn. Das hat ihr in ihrem Lieblingskartenspiel “Hennen” schon einige Siege beschert. Sie ist in Mönchengladbach geboren, aber schon 13-mal umgezogen. Beim WDR in Köln machte sie ein Praktikum in der Wirtschaftsredaktion. Ihren Bachelor in Kommunikationswissenschaft begann Luna vor allem, um beim Uni-Radio in Münster zu arbeiten. Dort gründete sie die feministische Sendung “Equals” und interviewte Reggae-Musiker: Bei einem Dub-Inc-Konzert in Paris ließ der Schlagzeuger für sie sogar das französische Fernsehen warten. Die Leute im Ruhrgebiet - große Klappe, herzlich, immer direkt - vermisst sie schon jetzt. Kürzel: lun

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