Meterlanger Stoff, alte Werbebanner, zahlreiche Fenster und jede Menge Holz: Der Verein Schrott Bewahre setzt sich mit seiner Arbeit gezielt für Kreislaufwirtschaft und gegen Materialverschwendung ein. 

Warum wird so viel weggeschmissen, was noch gebraucht werden kann? Diese Frage war der Ausgangspunkt für Nicolai Kwasniewski und seine Mitstreiter*innen bei Schrott Bewahre e.V. Seit der Gründung ihres Vereins arbeiten sie daran, Baumaterialien vor der Müllverbrennung zu retten und sie für Projekte oder Events wieder nutzbar zu machen. Ein Besuch zeigt, wie aus einer Grasplantage ein Ort für Wiederverwertung wurde.

Was ist eine Kreislaufwirtschaft?
Die Kreislaufwirtschaft ist ein nachhaltiges Wirtschaftsmodell, das darauf abzielt, den Lebenszyklus der Produkte zu verlängern. Materialien und Produkte werden so lange wie möglich genutzt, repariert, recycelt und Abfälle minimiert. Im Gegensatz zur linearen Wirtschaft, die auf Wegwerfen und große Mengen billiger, leicht zugänglicher Materialien basiert, fördert sie die Wiederverwendung von Ressourcen, um ihren Wert zu erhalten.

Von der Idee zur Umsetzung

„Es hat mit einer Mail angefangen“, erinnert sich Kwasniewski. „Da stand ungefähr drin: ‘Habt ihr auch keinen Bock mehr, dass Material weggeworfen wird? Wir wollen eine Materialkreislauf-Initiative gründen.“ Anfang 2023 ging es mit ersten Treffen los und gegen Ende des Jahres hatten sie bereits kleine Kellerräume in Rothenburgsort, doch der Lagerplatz reichte nicht aus.

Im April vergangen Jahres waren sie dann das erste Mal in den Räumlichkeiten eines leerstehenden Hotels in Hammerbrook – vorher Schauplatz einer illegalen Grasplantage. „Wir mussten erst einmal alles entrümpeln: Blumentöpfe, Kabel, Kanister, Düngemittel“, berichtet Kwasniewski. Seit Oktober ist der Raum gefüllt mit Holz, Plexiglas und anderen Materialien, die auf ihre Wiederverwendung warten.

Gemeinsam für den Kreislauf

Es stapeln sich Tischplatten aus Schulen, Stoffrollen von Filmsets oder alte Fenster, die vor der Müllentsorgung gerettet wurden. Alles Baumaterialien mit Potenzial, ein zweites Leben zu erhalten. Das Lager von Schrott Bewahre ist quasi eine Schatzkammer. „Hier ist nichts gekauft“, erklärt Kwasniewski. „Alles, was du siehst, wurde uns überlassen. Hamburger Filmproduktionen oder Holzhändler bringen uns, was sie nicht mehr brauchen.“

Die Vereinsarbeit hört mit dem Sammeln und Einlagern aber nicht auf: „Es ist ein großer logistischer Aufwand“, sagt Kwasniewski, „Wir messen, sortieren und katalogisieren.“

Aber es geht nicht nur darum, Material zu retten, sondern auch darum, die richtigen Abnehmer*innen zu finden. „Das ganze Zeug zu bekommen, ist nicht der schwierige Part, sondern eher Leute zu finden, die uns die Materialien wieder im großen Stil abnehmen“, erklärt Kwasniewski. Besonders herausfordern sei dabei, die nicht vorhersehbaren Stückzahlen: „Wir haben nicht immer zuverlässig Produkt XY da, womit allerdings Abnehmer oft rechnen“, sagt er. „Das geht nur mit sehr, sehr viel Lagerfläche, doch diese können wir uns nur leisten, wenn wir mehr verkaufen. Das ist unser Deadlock, eine Engstelle, an der wir arbeiten.“

Fläche, Fläche, Fläche

Die größte Herausforderung des Vereins bleibt demnach Platzmangel, denn auch die aktuelle Halle ist alles andere als ideal: „Die Anlieferung ist schwierig, wenn es regnet, wird es feucht und auf Dauer gibt es einfach nicht genug Platz“, erklärt Kwasniewski. Das Problem haben viele, nicht nur Schrott bewahre: „Künstler, Projekte und gesellschaftliche Initiativen – für alle ist Raum in der Stadt knapp und teuer“, sagt er.

Auch die Finanzierung ist ein ständiges Thema, beispielsweise der Aufwand, die ganzen Materialien zu transportieren. „Material durch die Gegend zu fahren, ist unglaublich zeit- und kostenintensiv. Es erfordert Lagerflächen, Transportmittel und Helfer. All das ist oft knapp“, sagt Kwasniewski.

Schritt für Schritt

Die Lagerhalle während der Einweihungsfeier. Foto: Leon Salner
Die Lagerhalle während der Eröffnungsfeier. Foto: Leon Salner

Der Erfolg von Schrott Bewahre basiert auf dem Engagement seines Teams. Rund 15 Ehrenamtlich aus verschiedensten Berufen arbeiten ehrenamtlich zusammen, um die Idee von Nachhaltigkeit voranzutreiben. „Wir haben einen Tischler, einen Architekten, eine Textildesignerin, eine Kulturmanagerin und sogar einen Geografen im Team“, sagt Kwasniewski. Sie sind zwar noch lange nicht da, wo sie hinwollen und auch die Strukturen innerhalb des Vereins müssen teilweise noch ausgebaut werden, sagt er. Aber für die Sache würde es sich lohnen. „Uns eint einfach die Lust am Machen und der Spaß am Material.“

Ein fester Kern von etwa sieben Personen kümmert sich darum, dass die Grundstrukturen des jungen Vereins aufgebaut werden. Aber natürlich kann jede und jeder dem Verein helfen, gerade in Projektphasen suchen sie tatkräftige Personen. Tukki Neumann ist gelernter Produktdesigner und der Einzige, der zurzeit Vollzeit für den Verein arbeitet. „Akut bräuchten wir jemanden, der ein Ass in Buchhaltung ist“, sagt er. „Aber grundsätzlich können wir immer Unterstützung gebrauchen. Helfende Hände sind immer gut.“

Auf dem Laptop von Annika Eifert, Jahrgang 1999, sind schon viele Flüssigkeiten gelandet – Kaffee, Früchtetee, Nagellackentferner. Die gebürtige Hessin studierte in Erfurt Kommunikationswissenschaft und Management. Während dieser Zeit leitete sie das Non-Profit-Onlinemagazin „UNGLEICH“, das die Lebensqualität im Osten hervorhebt. Ein Praktikum im Social-Media-Team von „OMR 5050“ brachte sie schließlich nach Hamburg. Sie selbst nennt sich „TikTok Opfer“ und ist für jeden Trend zu haben. Bildschirmzeit? Bleibt ihr Geheimnis. Ihr Laptop ist immer noch in ständiger Gefahr – und deshalb gut versichert. Kürzel: ika

Hinterlasse einen Kommentar

Please enter your comment!
Please enter your name here