Trump setzte schon an seinem ersten Amtstag zentrale Wahlversprechen um. Große Veränderungen drohen auch im Bereich der Abtreibung – das lässt das von Rechtskonservativen entwickelte „Project 2025” erahnen.

Illustration, Titelbild: Florentine Sießegger

Donald Trump ist seit Montag im Amt. Schon am ersten Tag setzte er einiges von dem um, was er angekündigt hat. Große Veränderungen drohen auch in dem Bereich der Abtreibung.

Welche Maßnahmen sind zu erwarten? Erahnen lässt sich dies durch das Konzept „Project 2025”, welches die rechtskonservative „Heritage Foundation” veröffentlicht hat. 198 mal und auf 60 Seiten ist dort das Wort „Abtreibung” erwähnt. Aus Bundesvorschriften, Verordnungen, Verträgen, Subventionen, Regelungen und Gesetzen hingegen soll „es” fortan gelöscht werden – so der Plan.

Dem „Project 2025” zufolge soll der neue Präsident Abtreibungen einschränken. Trump selbst distanzierte sich zwar von der Schrift. Allerdings beteiligten sich nach Recherchen des Senders CNN mindestens 140 Ex-Mitarbeitende der früheren Trump-Regierung an der Ausarbeitung des Konzeptes. Und auch die Kandidatin der Demokraten, Kamala Harris, warnte während des Wahlkampfs davor, dass Trump die Pläne umsetzen wird. Das „Project 2025” ist auch in zentralen Punkten deckungsgleich mit seiner bisherigen politischen Position, auch hinsichtlich der Pläne, wie Abtreibungen eingeschränkt werden sollen. Trump beschloss bereits in seiner vorigen Regierungsperiode zahlreiche gesetzliche Maßnahmen gegen Schwangerschaftsabbrüche.

Wer steckt hinter „Project 2025“?

Hunderte von Freiwilligen, 34 Autor*innen und zwei Herausgebende der rechtskonservativen „Heritage Foundation” waren an der Entwicklung des „Project 2025” beteiligt. Das im April 2023 veröffentliche Dokument beabsichtigt, die Regierung radikal umzugestalten. Es beschreibt, wie zentrale Institutionen der US-amerikanischen Regierung grundlegend reorganisiert werden könnten. Die Verfasser*innen fordern beispielsweise eine stärkere Machtkonzentration in der Exekutive, den Abbau von Umwelt- und Klimaschutzauflagen sowie Einschnitte bei LGBTQIA+- und Abtreibungsrechten. Ziel ist es, die USA „aus dem Griff der radikalen Linken zu befreien“, wie es in dem Dokument heißt. Kritiker warnen jedoch, dass das „Project 2025“ auf den Abbau demokratischer Strukturen abziele und die Grundlage für eine rechtsautoritäre Herrschaft schaffen könnte.

Trumps vorige Maßnahmen gegen Abtreibung

  • Allen voran sorgte Trump für jene konservative Mehrheit am Obersten Gericht, die 2022 das bundesweite Recht auf Abtreibung aberkannte, was seit 1973 bestand. Das Urteil ermöglicht US-Bundesstaaten, Schwangerschaftsabbrüche zu verbieten. Im Wahlkampf bezeichnete er diese Reform als „großartige Tat”.
  • Zudem strich Trump die Finanzierung der „Agentur der Vereinten Nationen für sexuelle und reproduktive Gesundheit”, die 150 Länder dabei unterstützt, Programme zur reproduktiven Gesundheit umzusetzen und dafür sorgt, dass Abtreibungsmedikamente verfügbar sind. Jo Biden nahm Trumps Streichung zurück.
  • Trump initiierte zudem die Koalition der „Genfer Konsenserklärung”. In dieser positionieren sich 39 Länder wie Polen und Russland gegen ein universelles Recht auf Abtreibung. Die Staaten verlangen, dass internationale Vereinbarungen keine Verpflichtung enthalten dürfen, Abtreibungen zu finanzieren oder zu ermöglichen. Die „Genfer Konsenserklärung“ ist kein rechtsverbindlicher Vertrag, sie hat allerdings eine ideologische Symbolwirkung.
  • Trump führte zudem die politische Richtlinie „Protecting Life in Global Health Assistance” (PLGHA) ein. Demnach dürfen staatliche US-Gelder für Familienplanung und das Gesundheitswesen nicht an ausländische Nichtregierungsorganisationen (NROs) gehen, die Informationen und Beratungen zu Abtreibung anbieten oder Abtreibungsdienste unterstützen.

Es habe sich gezeigt, dass die PLGHA-Regelung „den weltweiten Zugang zu Verhütungsmitteln, sicheren Abtreibungen und anderen wichtigen Gesundheitsdiensten während der ersten Trump-Regierung stark beeinträchtigt hat”, so Politikanalystin Anna Bernstein vom „Guttmacher Institute”  vor der Amtseinführung auf Nachfrage von FINK.Hamburg. Das amerikanische Institut ist eine nichtstaatliche Organisation für Forschung und Politik, die sich für die weltweite Verbesserung der sexuellen Gesundheit und die Ausweitung der reproduktiven Rechte einsetzt.

Wie regeln die Bundesstaaten das Recht auf Abtreibung?

Die USA zählt neben Mexiko zu den weltweit einzigen Ländern, in denen sich Abtreibungsgesetze von Bundesstaat zu Bundessaat erheblich unterscheiden. Aktuell ist in 24 Staaten das Recht auf Abtreibung gesetzlich geschützt. Teilweise ist in diesen Staaten der Versorgungszugang trotzdem eingeschränkt. Beispielsweise erlauben diese keine Abtreibungen bei Minderjährigen ohne elterliche Erlaubnis oder sie finanzieren keine Schwangerschaftsabbrüche von Einkommensschwachen. In dreizehn US-Staaten gilt ein totales Abtreibungsverbot. In weiteren 19 Staaten ist Abtreibung nicht gesetzlich geschützt.

Doch die im „Project 2025” geplanten Maßnahmen gegen Abtreibung gehen noch über die von Trumps letzter Amtszeit hinaus. Welche weiteren sind im Rahmen des „Project 2025” möglicherweise zu erwarten?

„Project 2025”: Die nationale Anti-Abtreibungs-Agenda

Schon auf den ersten Seiten des „Project 2025” heißt es: Der neue Präsident habe „den stärksten Schutz des ungeborenen Lebens” durchzusetzen und sich „energisch an die gesetzlichen Verbote der Bundesfinanzierung von Abtreibungen” zu halten. Das Gesundheitsministerium „propagiere” Abtreibung fälschlicherweise als eine Form der Gesundheitsfürsorge. Die Konservativen wollen die „Arbeitsgruppe für den Zugang zu reproduktiver Gesundheitsversorgung” durch eine neue zu ersetzen, die eine „Pro-Life”-Agenda verfolgt.

Was bedeutet „Pro-Life” und „Pro-Choice”?

Nachdem 1973 Abtreibungen bundesweit in den USA erlaubt wurden, mobilisierten sich Abtreibungsgegner*innen, die sich als „Pro-Life”, also „für das Leben des Ungeborenen”, bezeichneten. Diese Selbstbezeichnung war so erfolgreich, dass sich Abtreibungsbefürwortende gezwungen sahen, sich fortan als „Pro-Choice“, also „für die Entscheidung der Frau”, zu bezeichnen. Die Journalistin und Menschenrechtsaktivistin Annalisa Merelli schreibt im „Quartz“-Magazin: „Der Erfolg der (Pro-Life-)Bezeichnung beruht weitgehend auf seiner Fähigkeit, das Thema nicht als gegen etwas (die Entscheidung der Frau), sondern als für etwas (das Leben) stehend darzustellen”. Feminist*innen kritisieren die inhaltliche „Pro-Life“-Ausrichtung, welche Rechte und Bedürfnisse von Frauen aus der Abtreibungsdebatte ausschließe.

Pläne gegen Abtreibung im „Project 2025”

Weitere Ziele sind unter anderem:

  • Die Rechtskonservativen fordern im „Project 2025”, das 2021 von Biden eingeführte Gender Policy Council abzuschaffen. Der Rat fördert die Geschlechtergleichstellung sowie den Zugang zu Gesundheitsdiensten, einschließlich Abtreibungen. Alternativ ist ein Verantwortlicher im Rang eines Sonderassistenten vorgesehen, der die Behörden bei der Umsetzung von „Pro-Life”-Maßnahmen unterstützen soll. Die Website des Gender Policy Council ist am Tag der Amtseinführung von Trump bereits nicht mehr erreichbar.
  • Auch das „Büro für Geschlechtergleichstellung und Empowerment von Frauen”, das zur „US-Behörde für internationale Entwicklung” gehört, soll abgeschafft werden. Mehr als 180 Verantwortliche für Gleichstellungsfragen sollen gestrichen werden und die Ressourcen in ein neues „Pro-Life”-Büro fließen.

Beschränkung von Abtreibungsmedikamenten

  • Darüber hinaus fordern die Rechtskonservativen in dem Konzept, dass die US-Arzneimittelbehörde die Zulassung chemischer Abtreibungsmittel aufhebt und den Zugang zu Abtreibungspillen wie Mifepriston erschweren soll.

Streichung der internationalen Abtreibungshilfe

  • Damit die USA einen größeren Einfluss auf die Arbeit internationaler Organisationen wie den Vereinten Nationen (UN) oder der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nehmen können, wollen die Rechtskonservativen zurück in die von Trump eingeführte Koalition der „Genfer Konsenserklärung”.
  • Zusätzlich wollen die Rechtskonservativen die unter Trump in seiner ersten Amtszeit eingeführte und unter Biden wieder abgeschaffte PLGHA-Richtlinie wieder einführen und ausweiten.
  • Die PLGHA-Regelung soll künftig nicht nur für die Familienplanung und das Gesundheitswesen, sondern für die gesamte Entwicklungszusammenarbeit gelten. Das würde bedeuten, dass Organisationen und Programme, die Abtreibungen unterstützen, künftig keine US-Gelder mehr erhalten. Zudem soll die Regelung auch für in den USA ansässige NROs, öffentliche internationale Organisationen sowie bilaterale Regierungsabkommen gelten. Trump könnte so der WHO oder UN-Agenturen, die Programme zur Förderung von reproduktiven Rechten und Abtreibungsdiensten unterstützen, die Finanzierung entziehen.

Durchsetzung einer Pro Life-Forschungs- und Lehragenda

  • Die zum Gesundheitsministerium gehörenden „Zentren für Krankheitskontrolle und Prävention” sollen eine „Pro-Life”-Forschungsagenda verfolgen: Die Autor*innen des „Project 2025“ fordern, Studien über die Risiken und negativen Folgen von Schwangerschaftsabbrüchen sowie Methoden der natürlichen Familienplanung zu finanzieren.
  • Staatlich finanzierte Programme zur Verhütung und sexuellen Gesundheit bei Jugendlichen sollen fortan sexuelle Abstinenz vermitteln, anstatt evidenzbasierte, also in ihrer Wirksamkeit gut belegte Methoden zur Aufklärung über Sexualität und Abtreibung anzubieten.
  • Zudem soll dem Entwurf zufolge ein neues Gesetz alle Bundestaaten verpflichten, Abtreibungen zu protokollieren. Die Anzahl von Abtreibungen, Todesfällen, aber auch Daten zu Komplikationen sollen zukünftig gemeldet werden.

Einschränkung der Gesundheitsversorgung für Einkommensschwache

  • Bidens eingeführte „Medicaid-Guidance” soll, so die Idee, aufgehoben werden. Sie ermöglicht es Bundesstaaten, Abtreibungen mit staatlichen Hilfsgeldern für einkommensschwache Menschen zu finanzieren. Die Rechtskonservativen wollen zurück zu der strikten bundesweiten Gesetzesregelung des „Hyde Amendments”. Demnach finanziert der Staat Abtreibungen nur bei Lebensgefahr für die Mutter, Vergewaltigung oder Inzest.

Zurück in die Zukunft? So geht es weiter

In welchem konkreten Ausmaß Trump die „Project 2025”-Pläne umsetzten wird, ist ungewiss. Denn Trump hält sich nicht nur selten an sein Wort, er bleibt auch unberechenbar.

Die politische Bilanz seiner ersten Amtszeit zeigt allerdings, dass er sowohl in den USA als auch global das Recht auf Abtreibung geschwächt habe, so Politikanalystin Bernstein auf Nachfrage von FINK.HAMBURG. Die dokumentierte Haltung seines Vizepräsidenten James David Vance zu Abtreibungsgegnern und die Ernennung mehrerer poltischer Verantwortlicher, die voraussichtlich Bundesbehörden und -ämter leiten werden, seien kein gutes Zeichen für die Zukunft von Frauenrechten. Bernstein vermutet, „dass Trump alle verfügbaren Machtmittel einsetzt, um eine noch umfassendere Agenda gegen Abtreibungsrechte durchzusetzen”.

Eva Rabbe, Jahrgang 1999, kreidet auf den Straßen ihrer Heimatstadt Braunschweig sexualisierte Gewalt an und gründete 2020 die Initiative Catcallsofbs. Ihren Bachelor machte sie in Medienmanagement in Salzgitter. Für ein Praktikum bei Jung von Matt zog sie nach Hamburg. Dort entwickelte sie als Werkstudentin Social Media Konzepte für diverse Unternehmen: Nur Corona hielt sie davon ab, für Adidas den Halbmarathon in Berlin zu laufen. Privat joggt und fotografiert Eva gerne. Mittlerweile probiert sie sich zudem auf der Bühne im Thalia Theater aus. Kürzel: rab

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