Eine farbige Zeichnung zeigt ein Klassenzimmer. Die Stühlöe sind so angeordnet, dass sie ein Hakenkreuz ergeben.
Illustration: Elizaveta Schefler

Wer rechtsextrem ist, kann nicht für den Staat arbeiten, sagt das Beamtengesetz. Warum AfD-Mitglieder aktuell trotzdem unterrichten dürfen. 

„Während früher der Staat durchweg offen abgelehnt und attackiert wurde, setzen verschiedene Gruppen inzwischen vermehrt darauf, gezielt in staatliche Strukturen einzudringen, um ihren Einfluss auszubauen“, heißt es in einem Bürgerschaftsantrag der SPD und der Grünen. 

Das Ziel des Antrags: Über das Eindringen von Verfassungsfeind*innen in den öffentlichen Dienst informieren und Maßnahmen entwickeln, die verhindern, dass der Staat solche Leute einstellt. 

Denn: Wer für den Staat arbeitet, muss auf dem Boden der Verfassung stehen, das regelt das Bundesbeamtengesetz. Aber was heißt das konkret? 

Für Stefan Düll, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, ist die Sache klar: „Die Unvereinbarkeit von rechtsextremistischer AfD-Mitgliedschaft und Verfassungstreue liegt auf der Hand.” 

Es zählt der Einzelfall

Rechtlich gesehen aber reicht eine AfD-Mitgliedschaft im Schuldienst nicht für eine Entlassung. Felix Hanschmann, Professor mit Schwerpunkten auf Verfassungs-, Schul- und Beamtenrecht an der Bucerius Law School, sagt: „Es zählt immer der Einzelfall.“  

Seiner Einschätzung nach reicht eine reine Parteimitgliedschaft nicht für Disziplinarmaßnahmen, von denen die Entlassung  “das schärfste Schwert” sei. Möglich seien auch ein Verweis, eine Geldbuße oder eine Zurückstufung auf einen niedrigeren Dienstgrad.  

Angenommen, ein Geschichtslehrer, der AfD-Mitglied ist, sagt im Unterricht: “Das große Problem ist, dass Hitler als absolut böse dargestellt wird“ und entblößt dabei Siegrunen-Tattos am Unterarm. Ein Elternteil beschwert sich, es kommt zum Disziplinarverfahren und der Lehrer wird aus dem öffentlichen Dienst entlassen. Dann spielt seine Parteimitgliedschaft in der Gesamtbetrachtung möglicherweise eine Rolle, ausschlaggebend war aber seine geschichtsrevisionistische Aussage und verfassungsfeindliche Symbole. 

Parteibuch allein reicht nicht aus

Ein anderes Beispiel: Einer Lehrerin fällt ein AfD-Parteibuch aus der Tasche, eine Schülerin sieht dies und meldet es dem Schulleiter. Dieser kann nun ein Disziplinarverfahren einleiten, um zu klären, ob die Lehrerin verfassungsfeindlich ist. Gibt es hierfür keine weiteren Anzeichen, reicht das reine Parteibuch nicht für eine Maßnahme. 

“Dienstherren können, und sollten meiner Ansicht nach, bei einer AfD-Mitgliedschaft Disziplinarverfahren einleiten und prüfen, ob Beamt*innen verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgen”, sagt  Felix Hanschmann von der Bucerius Law School. Dies kommt in der Praxis allerdings kaum vor, denn Parteizugehörigkeiten sind Privatsache und müssen dem Arbeitgeber deshalb nicht offengelegt werden. 

Anders wäre es bei einem Parteiverbot durch das Bundesverfassungsgericht. Dann müssten Beamt*innen mit AfD-Parteibuch aus dem Dienst entfernt werden. 

Keine Prävention ohne Generalverdacht

Stefan Düll fordert, bei Neueinstellungen, die Mitgliedschaft in extremistischen Organisationen zu prüfen. Brandenburg ist das einzige Bundesland mit einem „Verfassungstreue-Check“. Dieser beinhaltet eine standardmäßige Regelanfrage beim Verfassungsschutz für alle Bewerber*innen, ob Hinweise auf verfassungsfeindliche Bestrebungen vorliegen. 

Jurist Felix Hanschmann kritisiert das Verfahren: „Die Nachteile überwiegen stark.” Zwar müsse der Staat alles tun, um Extremist*innen vom Schuldienst fernzuhalten, doch standardmäßige Regelanfragen bedeuteten Generalverdacht, hohen Verwaltungsaufwand und potenzielle Klagen. Zudem sei oft unklar, wie der Verfassungsschutz seine Informationen erhebe. 

Kommt in Hamburg der “Verfassungstreue Check”?

In Hamburg gibt es (noch) keinen „Verfassungstreue-Check“. Stattdessen wird anlassbezogen geprüft. Bei Polizeibeamt*innen ist eine Regelanfrage Standard – bei Lehrkräften nur bei konkreten Hinweisen.  

Die Bürgerschaft beauftragte den Senat, ein Präventionskonzept gemeinsam mit den Sicherheitsbehörden zu entwickeln. Ein Bericht wird bis zum 30. September erwartet. 

ton

Toni David wurde am letzten Tag des Jahres 1999 in Hannover geboren, ihre Eltern bildeten Clowns aus. Als Vegetarierin an einer Wursttheke zu arbeiten, war für Toni trotzdem kein Witz. Die Stadt „ohne Akzent“ verließ sie 2020 Richtung Hamburg für ihr Politikstudium. Würde sie einen Film produzieren, behandelte dieser die absurden Datingsituationen in einer Großstadt. Nischenthemen sind ihr wichtig: In einem Radioprojekt sprach Toni zum Beispiel über alternative Bestattungen. Nicht lachen kann sie über Mietwucher und Rassismus im Journalismus.

Kürzel: ton

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