Privates Feuerwerk gehört für viele zu Silvester – doch die Folgen für Tiere, Umwelt und Menschen sind erheblich. Warum ein Böllerverbot in Hamburg überfällig ist. Ein Kommentar von Clara Gödecke.

Alle Jahre wieder flammt im Dezember und Januar die Debatte um ein mögliches Böllerverbot auf. Kaum ist der Januar vorbei, verschwindet das Thema zuverlässig wieder in der Schublade. Doch kurz vor dem Jahreswechsel stellt sich für mich erneut die Frage: Wie sinnvoll ist es, an einer Tradition festzuhalten, deren Folgen und Auswirkungen wir nur ungern anschauen?

Als Kind war für mich das Feuerwerk an Neujahr eines der Highlights des Jahres. Mit Familie und Freund*innen Raketen anzünden und die farbigen Explosionen am Himmel anschauen. Gemeinsam das alte Jahr zu beenden und ein neues zu beginnen.

Mittlerweile fühlen sich die Jahreswechsel aber zunehmend anders an. Als wäre Silvester ein Freifahrtschein für rücksichtsloses Verhalten. Letztes Jahr begegneten mir Männer mit Schreckschusspistolen, die so taten, als würden sie Leute erschießen. Nicht nur die Pistolen sahen auf den ersten Blick echt aus, sondern auch die Knalle waren erschreckend laut. Einige Leute habe ich panisch weglaufen sehen. Spätestens als ich sah, wie ein Betrunkener eine Rakete unkontrolliert aus der Hand startete und sie in ein offenes Wohnungsfenster schoss, fragte ich mich: Soll wirklich jede Person die Erlaubnis haben, Feuerwerkskörper zu benutzen? Und was macht Silvester eigentlich außerhalb des Böllerns aus?

Feuerwerks- kategorien 

Kategorie F1: Kleinstfeuerwerk (z. B. Wunderkerzen, Tischfeuerwerke).
Nutzung ab 12 Jahren, ganzjährig erlaubt.

Kategorie F2: Kleinfeuerwerk/ Silvesterklassiker (z. B. Raketen, Batterien, Böller).

Verkauf vom 28.12.–1.1., Nutzung nur am 31.12. und 1.1., ab 18 Jahren.

Kategorie F3 und F4: Mittel- und Großfeuerwerk (z. B. Feuerwerksbomben, wirkungsstarke Raketen).
Nur durch fachkundige Personen mit Befähigungsschein.

Gibt es ein Böllerverbot in Hamburg?

In Hamburg gibt es kein privates Böllerverbot. Lediglich rund um die Binnenalster und auf dem Rathausvorplatz ist das Abbrennen und Verwenden von Feuerwerkskörpern am 31.Dezember 2025 von 18 Uhr bis zum 1.Januar 2026 um 1 Uhr untersagt.

Der Naturschutzbund Hamburg (Nabu) fordert die Bewohner*innen dazu auf, privat auf Feuerwerk zu verzichten. Malte Siegert, Vorsitzender des Nabu, begrüßt die von ZDF organisierte Silvestershow in der Hafencity: „Lieber ein großes zentrales Feuerwerk als zehntausend kleine vor der Haustür. Das ist für Natur, Tiere und Anwohnerinnen und Anwohner allemal besser.”

Tiere leiden unter Feuerwerk

Klar ist: Während viele Menschen gebannt in den Himmel schauen und bunten Lichtern zugucken, geraten Tiere in Stress. Haustierbesitzer*innen wissen, wie viel Stress der Lärm und die grellen Lichter auslösen kann. Manche geben ihren Tieren sogar präventiv Beruhigungsmittel.

Doch besonders Wildtiere trifft es hart. Viele werden aus ihrer Nacht- oder Winterruhe gerissen und verbrauchen somit wertvolle Energiereserven, die sie für den kalten Winter dringend bräuchten. Sven Fraß, Pressesprecher des Hamburger Tierschutzvereins, würde ein privates Böllerverbot in Hamburg begrüßen. Gegenüber FINK.HAMBURG sagt er: „Die vielen blitzenden Lichter und die lauten Knallgeräusche treiben viele Tiere in die kopflose Flucht. Im schlimmsten Fall vor ein Auto oder im Flug gegen eine Scheibe. Bei besonders ängstlichen Tieren wie kleinen Vögel kann dieser Lärmstress sogar zum Herzstillstand führen.”

Verletzungen durch Feuerwerk

Die Feuerwehr Hamburg ist an den letzten zwei Silvestern 30 bis 40 Prozent mehr im Vergleich zum durchschnittlichen Tagesaufkommen ausgerückt, schreibt Pressesprecher Steffen Malz auf Nachfrage von FINK.HAMBURG. Berücksichtigt wurden Einsätze aus Brandschutz, technischer Hilfeleistung und Rettungsdienst. Denn nicht nur Brände müssen in der Silvesternacht gelöscht werden, auch Rettungswägen sind vermehrt unterwegs.

Besonders häufig treten Handverletzungen auf: abgetrennte Finger, Verbrennungen oder Frakturen. Solche Verletzungen entstehen häufig, wenn Feuerwerkskörper zu nah am Körper aufbewahrt oder Raketen aus der Hand gestartet werden. In den Notaufnahmen landen zudem Menschen mit Augenverletzungen, Hörschäden oder weiteren Verbrennungen. Viele dieser Fälle können langfristige Folgen haben.

1. Januar: Eine verdreckte Stadt

Am Morgen des 1. Januars erinnert mich Hamburg oft an eine Kulisse aus einem Endzeitfilm: leere Straßen, Müllberge, ein grauer Dunst.

Während die meisten noch fröhlich böllern, sind in Hamburg schon kurz nach Mitternacht Mitarbeitende der Stadtreinigung Hamburg unterwegs. Die Neujahrsreinigung dient in erster Linie zur Verkehrssicherung. An traditionellen Treffpunkten für Neujahrsfeiern – wie an den Landungsbrücken, der Reeperbahn oder am Fischmarkt – werden dort möglichst schnell Böllerreste beseitigt. Zum Jahreswechsel 2024/2025 fielen dort insgesamt 19 Tonnen Glasscherben, Flaschen, Kartons und Feuerwerksmüll an – fünf Tonnen mehr als im Vorjahr. Alle übrigen Flächen werden im Rahmen der regulären Reinigung von der Stadtreinigung gesäubert.

Doch nicht nur auf dem Boden liegt Müll, auch die Luftqualität leidet: Jährlich werden in Deutschland um die 2000 Tonnen Feinstaub durch Feuerwerkskörper in die Luft gejagt, der größte Teil davon an der Silvesternacht. Die Feinstaubbelastung ist dort die höchste des Jahres. Für die menschliche Gesundheit stellt das ein Risiko dar: Feinstaubpartikel lösen Entzündungen und Stress in menschlichen Zellen aus. Bereits eine kurzfristige zu hohe Belastung kann zu Herz-Kreislauferkrankungen führen.

Und trotz all dieser Belastungen für Umwelt, Natur und Mensch steigt die Nachfrage nach Böllern: Zum Jahreswechsel 2024/2025 wurde in Deutschland ein Rekordumsatz von 197 Millionen Euro mit Feuerwerk erzielt.

Ein Nachdenken über Alternativen

Ich möchte, dass Menschen mehr darüber nachdenken, worum es an Silvester eigentlich geht. Für mich ist es das vergangene Jahr bewusst zu reflektieren und abzuschließen, um dann ein neues zu beginnen. Und ich finde es wichtig, Traditionen auch mal kritisch zu hinterfragen – zum Wohl der Tiere, der Umwelt und der Menschen, die in der Silvesternacht selbst für unsere Sicherheit und Sauberkeit sorgen.

Rechtfertigen ein paar Sekunden farbige Lichter am Himmel wirklich all die Folgen, die Feuerwerk mit sich bringt? Und sollte jede Person die Erlaubnis haben, Feuerwerkskörper zu nutzen? Für mich lautet die Antwort auf diese Fragen: Nein.

Eine mögliche Alternative: zentral organisierte, professionelle Lichter- oder Feuerwerksshows – sie sind kontrollierbarer, sicherer und ohne die vielen Nebenwirkungen privater Böllerei. Die Niederlande gehen ab dem Jahreswechsel 2026/27 bereits mit einem landesweiten Böllerverbot voran. So etwas sollte es auch hierzulande geben.

Aber da es das noch nicht gibt: Falls ihr euch für eigenes Feuerwerk entscheidet – bitte seid umsichtig, rücksichtsvoll und räumt euren Müll selber weg.

Im Dschungel, auf 3000 Metern Höhe oder auf dem Motorrad – Clara Gödecke, Jahrgang 2000, entdeckt gern Neues. 27 Länder hat sie schon erkundet, am meisten faszinierte sie Nepal. Für ein Media-Systems Studium an der HAW zog Clara 2020 von Köln nach Hamburg. Sonne gab es wieder im Auslandssemester in LA, wo sie auch einen Kurzfilm drehte - er handelt von einer Person in einem Raum ohne Ausweg. So abenteuerlich wie ihre Reiseziele sind auch ihre Jobs. Für die NDR Talk Show betreut sie Gäste, bei der Serie “Bergretter” arbeitet sie als Setaufnahmeleiter-Assistentin, und als Türsteherin warf sie gelegentlich Betrunkene aus einer Bar. Kürzel: cla

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