Fünf Preise in Cannes, eine Golden-Globe-Nominierung und Deutschlands Beitrag zum Oscar: „Die Saat des heiligen Feigenbaums“ von Mohammad Rasoulof erzählt die Geschichte einer Familie in Iran – erschütternd und berührend.
Die Entstehung des Films „Die Saat des heiligen Feigenbaums“ bietet genug Stoff für einen weiteren Film: Der regimekritische Regisseur Mohammad Rasoulof war nicht nur mehrfach im iranischen Gefängnis, ihm wurde auch verboten, in seinem Land zu arbeiten. Dementsprechend aufwendig waren die Dreharbeiten in Iran. Bei Szenen an belebten Orten wurde er digital zugeschaltet. Zur Weltpremiere des Films in Cannes ist Rasoulof aus Iran geflohen. Seitdem lebt er in Hamburg. Hier hat auch die Postproduktion des Filmes stattgefunden.
„Die Saat des heiligen Feigenbaums“: Iran während der Massenproteste
Die drei Frauen sind die eigentlichen Heldinnen des Films. Sie tragen die Handlung über zwei Drittel der 167 Minuten Spielzeit. Sie sprechen über den Mord an Jina Mahsa Amini. Die Mutter stellt das, was dem Regine vorgeworfen wird, infrage, genauso wie die darauffolgenden Demonstrationen. Diese Treue zum Regime hinterfragen die Töchter – erst zaghaft, dan vehement. Mutter Najmeh fühlt sich von ihrem Mann alleingelassen, der mehr arbeitet als mit seiner Familie zu diskutieren.
Regisseur Mohammad Rasoulof schafft es, durch die Dynamik innerhalb der Familie universelle Fragen über Moral, Loyalität und Mut zu stellen. Es geht nicht nur um das Regime, sondern auch darum, wie Menschen innerhalb eines repressiven Systems miteinander umgehen: Wer schweigt? Wer rebelliert? Wer gerät zwischen die Fronten?
Eine Mischung aus den „Buddenbrooks“ und „Das Leben der Anderen“
Mit fast drei Stunden ist der Film lang, ohne Frage. Aber in dieser Zeit entsteht eine tiefe Verbindung zu den Protagonistinnen. Und die Zuschauer*innen bekommen eine Idee davon, was die Aufstände rund um den Mord an Jina Masha Amini für Iranerinnen bedeuten. Trauer, Mitgefühl und Hilflosigkeit wechselb sich ab, wenn etwa originale Videos von den Protesten gezeigt werden. Dieses Material dient nicht nur als historische Dokumentation, sondern auch als Brücke zwischen Fiktion und Realität.
Der Film kritisiert das Regime in Iran – aber auch die Machtstruktur in Familien. Das schafft Bezüge zu Werken wie „Buddenbrooks“ und „Das Leben der Anderen“ – als iranische Interpretation.
Ein Ende, das im Halse stecken bleibt
Am Ende steht die große Konfrontation – die nicht nur die Zukunft der Familie, sondern auch die Zukunft des Landes berührt. Und dann? Abspann. Die Listen an Namen und Positionen bleiben einem wie ein Kloß im Halse stecken.
„Die Saat des heiligen Feigenbaums“ ist ein eindringlicher Aufruf zur Menschlichkeit und ein Mahnmal für die Freiheit. Wer bereit ist, sich auf einen anspruchsvollen, emotional herausfordernden Film einzulassen, wird nicht nur mit einem tief bewegenden Kinoerlebnis belohnt, sondern auch mit einer Perspektive, die bleibt.
Filmstart in Deutschland: 26. Dezember 2024