
Nach Angaben der Justizbehörde haben Opfer häuslicher Gewalt häufig Schwierigkeiten, aus gemeinsamen Mietverträgen auszusteigen. Eine Bundesratsinitiative soll nun dafür sorgen, rechtliche Hürden abzubauen und Opfer besser zu schützen.
Der Hamburger Senat möchte erreichen, dass Opfer häuslicher Gewalt künftig leichter aus gemeinsamen Mietverträgen aussteigen können, auch wenn die gewaltausübende Person sich querstellt. Im Hamburger Rathaus stellte Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne) dazu eine politische Initiative vor. Der Gesetzesentwurf sieht eine Anpassung des Gewaltschutzgesetzes vor. Den entsprechenden Entwurf will der Senat im Bundesrat in Berlin einbringen, wie aus einer Behördenmitteilung hervorgeht.
Mehr Schutz für Opfer
Laut Justizbehörde lässt sich ein gemeinsam abgeschlossener Mietvertrag nur von beiden Parteien zusammen kündigen, auch wenn eine Person bereits ausgezogen ist. Verweigert die gewaltausübende Person jedoch seine Zustimmung, ist das aus mehreren Gründen problematisch: Neben einem langwierigen Rechtsstreit bleiben Opfer häuslicher Gewalt bis zur wirksamen Kündigung oder der Räumung weiter für offene Forderungen aus dem Mietverhältnis haftbar.
Hinzu kommt, dass Betroffenen die finanziellen Mittel fehlen könnten, um vorübergehend zwei Wohnungen zu bezahlen. Ein Neuanfang wird dadurch erheblich erschwert oder sogar verhindert. Gleichzeitig behalten die gewaltausübenden Personen nach aktuell geltendem Recht weiterhin die Kontrolle über das Leben ihrer Opfer, sodass sich ihre Leidenszeit verlängert. „Wir wollen Betroffenen von häuslicher Gewalt einen Neuanfang außerhalb einer gemeinsam mit dem Täter gemieteten Wohnung erleichtern“, sagte Gallina.
Zwar kann die bislang gemeinsam bewohnte Wohnung dem Opfer nach Paragraph 2 des Gewaltschutzgesetzes zur alleinigen Nutzung zugesprochen werden. Jedoch möchten die Opfer häufig nicht in dem Umfeld leben oder in dieses zurückkehren, vor allem die, die in Frauenhäuser geflüchtet sind. In diesen Fällen haben sie, wie jede andere Person auch, grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass der Mitmieter der Kündigung des Mietvertrags zustimmt. Dieser Anspruch muss jedoch im Streitfall in einem Zivilverfahren durchgesetzt werden. „Das ist unzumutbar. Wir müssen deshalb die Durchsetzung des Zustimmungsanspruchs gegen den Mitmieter beschleunigen”, so die Justizsenatorin.
Auch Frauenhäuser fehlen
Vergangenes Jahr standen allein in Hamburger rund 20 Frauen, die in ein Frauenhaus geflüchtet waren, vor dem Problem, einen Mietvertrag nicht zeitig kündigen zu können. Laut Behörde ist die genaue Zahl der Betroffenen unklar, dürfte aber deutlich über 20 liegen.
In Hamburg gibt es sieben Frauenhäuser mit insgesamt 260 Schutzplätzen für Frauen. Die Vereinigung Autonomen Frauenhäuser kritisiert, dass Hamburg drastisch unterversorgt sei. Trotz der Istanbul-Konvention von 2011, einem völkerrechtlich bindenden Abkommen zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen, fehlen in Hamburg mehr als 200 Schutzplätze in Frauenhäusern.
Im Jahresdurchschnitt sind die Einrichtungen zu rund 90 Prozent ausgelastet, an manchen Tagen sogar überbelegt. „Immer wieder müssen wir Frauen in akuter Gefahr vertrösten oder sie Hunderte Kilometer weit wegschicken, obwohl sie hier in Hamburg ihr soziales Umfeld haben”, sagt Elise Schultz, Mitarbeiterin der Notaufnahme der Hamburger Frauenhäuser.
Das sei für Frauen und Kinder eine zusätzliche Belastung. Im vergangenen Jahr blieben die Frauen im Durchschnitt 226 Tage in den Frauenhäusern. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr laut Polizeilicher Kriminalstatistik 3.271 Frauen in Hamburg Opfer häuslicher Gewalt. Im Durschnitt sind das neun Frauen am Tag.
Mieterverein begrüßt Initiative, AfD übt Kritik
Der Hamburger Mieterverein bezeichnete die geplante Bundesratsinitiative daher als Fortschritt. „Der geplante Vorstoß ist ein wichtiger Schritt zu mehr Schutz für Gewaltbetroffene“, sagte Vereinsvorsitzender Rolf Bosse.
AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann sagt: “Wer Gewaltopfern wirklich helfen will, darf nicht die Vertragsfreiheit aushebeln, sondern braucht rechtsstaatliche Kontrolle statt rot-grüner Willkür.” Betroffene sollten schnell Unterstützung erhalten, allerdings ausschließlich über ein gerichtliches Verfahren, das auf überprüfbaren Fakten basiert.
Der Gesetzesentwurf stieß auf der Justizministerkonferenz auf große Zustimmung. Geplant ist, das Gewaltschutzgesetz im Rahmen der Bundesratsinitiative zu erweitern. Eine Beratung im Bundesrat ist voraussichtlich für Januar vorgesehen.
cos/dpa
Paula Maria Coscia, Jahrgang 2000, kocht laut ihrer Freunde die beste Bolognese. Sellerie, Rotwein und (ihre italienischen) Wurzeln sind ihr Geheimnis. Passend zu ihrer Leidenschaft für Kulinarik berichtete sie als Videojournalistin für Sat 1 über die Torten einer familiengeführten Konditorei. Als sie 2019 in Hong Kong vor gewalttätigen Auseinandersetzungen fliehen musste, versteckte sie sich bei McDonalds. Dieses Erlebnis hat sie nicht davon abgeschreckt, die Welt weiter entdecken und darüber berichten zu wollen. Erst einmal geht sie nach Hamburg – nicht weit von ihrer Heimatstadt Kiel, wo sie Deutsch und Philosophie studierte. Kürzel: cos







