Ein Gutachten stellt fest: Die Hamburger Familie ist im Istanbul-Urlaub an einer Vergiftung gestorben. Grund dafür ist das giftige Gas Phosphin.
Eine Hamburger Familie ist in Istanbul an einer Vergiftung gestorben. Das ergab ein neues Gutachten. Zuerst hatten die Behörden eine Lebensmittelvergiftung bei der Hamburger Familie vermutet. Die Istanbuler Staatsanwaltschaft teilte unter Verweis auf das rechtsmedizinische Gutachten mit, dass der Grund für die Vergiftung das giftige Gas Phosphin sei – ein Insektizid zur Schädlingsbekämpfung.
Sechs Personen, die während der Ermittlungen festgenommen wurden – darunter sowohl der Betreiber des Hotels als auch der Inhaber der Schädlingsbekämpfungsfirma – sollen nach wie vor in Untersuchungshaft bleiben, teilt die Istanbuler Staatsanwaltschaft mit. Vier Verdächtige seien freigelassen worden, darunter auch der Streetfood-Verkäufer von, bei denen die Familie zuvor gegessen hatte.
Um welches Gift es sich handelt, teilte die Istanbuler Staatsanwaltschaft nicht mit. Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu hatte aber zuvor unter Berufung auf einen Bericht der Rechtsmedizin erklärt, dass im Hotelzimmer der verstorbenen Familie das toxische Gas Phosphin entdeckt worden sei. Der Stoff sei bei einer Wischproben aus dem Zimmer festgestellt worden. Auch in Handtüchern des Hotels sei Phosphin entdeckt worden.
Phosphin in großen Mengen lebensgefährlich
Phosphin ist auch bekannt als Phosphan oder Phosphanwasserstoff. Das Gas entsteht unter anderem aus Aluminiumphosphid. Dieser Stoff wird häufig bei der Schädlingsbekämpfung verwendet. Komme der Feststoff Aluminiumphosphid in Verbindung mit Wasser, entstehe daraus das toxische Gas Phosphin, so Stephan Lunkenbein, Professor für Chemie und Lebensmitteltechnologie der HAW Hamburg gegenüber FINK.HAMBURG. Für die Freisetzung von Phosphin kann schon feuchte Luft, wie beim Betrieb einer Klimaanlage, reichen, erklärt er.
Phosphin werde auch als Zellstoffwechselgift bezeichnet, erklärt der HAW Professor weiter. Das Gas verhindert bei hoher Konzentration den Sauerstoff-Transport im Blut. Dies ist lebensgefährlich und kann durch Atemlähmung und Kreislaufversagen zum Tod führen, so Lunkenbein weiter. Bei Dauereinwirkungen von niedrigen Konzentrationen kann es unter anderem zu Magenreizung, Kopfschmerzen, Schwindel und Übelkeit kommen. Phosphin tritt als farbloses, sehr giftiges Gas auf. In der reinsten Form sei es geruchslos. In Kombination mit weiteren Stoffen riecht es aber oft unangenehm „knoblauchartig” oder „fischig”.
Eingeschränkte Zulassung in Deutschland
Der Stoff Aluminiumphosphid ist in Deutschland nur eingeschränkt zugelassen und wird hauptsächlich für die Vorratsschädlingsbekämpfung als Insektizid genutzt. Die Zulassung beschränkt sich auf Vorratslager und transportierte Ware unter kontrollierten Bedingungen, erklärt Gesine Witt auf Nachfrage von FINK.HAMBURG. Sie ist Professorin für Umweltchemie und Toxikologie an der HAW Hamburg. In Innenräumen sei die Anwendung von Aluminiumphosphid streng untersagt. „Für Privatwohnungen, Hotels, Ferienhäuser – und insbesondere zur Bekämpfung von Bettwanzen – ist Aluminiumphosphid nicht zugelassen und verboten”, erklärt sie.
Pestiziden-Vergiftung ist kein Einzelfall
Mitte November waren Vater, Mutter und die zwei kleinen Kinder während eines Urlaubs in Istanbul verstorben. Zuvor wurden sie mit Beschwerden wie Erbrechen und Übelkeit ins Krankenhaus eingeliefert. Die Todesursache der Hamburger Familie erinnert an einen anderen Todesfall. Vor einem Jahr war eine 21-jährige Studentin aus Lüneburg in Istanbul verstorben. Ihr Tod wurde zunächst als Lebensmittelvergiftung eingestuft, wie der NDR berichtete. Ein neuer forensischer Bericht, der im August erschienen war, belegt, dass sie vermutlich durch ein gegen Bettwanzen eingesetztes Pestizid vergiftet wurde.
cos/tel/dpa







