Wird die Soul-Kitchen-Halle zum Brauhaus? Die Stadt verhandelt mit Unternehmen über die zukünftige Nutzung des Geländes in Wilhelmsburg. Anwohner*innen besetzten Anfang Mai die Brache und forderten ein unkommerzielles Konzept.
Rund um das Gelände stehen Bauzäune. Sie versperren den Weg zu einem Gebäude, dessen Außenmauern mit Graffiti besprüht wurden und dessen Dach sich langsam ablöst. Pflanzen und Unkraut wuchern. Der wie vergessen wirkende Platz ist tatsächlich einer der bekanntesten auf der südlichen Elbseite Hamburgs. Spätestens von der Kanalseite aus, ist das zu erkennen: “Soul Kitchen” ist in Großbuchstaben auf die Längsseite der Halle geschrieben. Ein Sehnsuchtsort.
Hier wurde die kulinarische Komödie “Soul Kitchen” des Hamburger Regisseurs Fatih Akin gedreht. Im Anschluss wurden hier zwei Jahre lang legendäre Partys gefeiert – bis die Halle 2012 von den Behörden geschlossen wurde. Wegen Einsturzgefahr. “Betreten der Baustelle verboten. Lebensgefahr!” steht auf einem Schild geschrieben, das am Bauzaun auf dem 10.000 Quadratmeter großem Gelände hängt. Gebaut wurde hier aber schon länger nicht mehr.
Kurzzeitbesetzung mit Feuertonnen
Das dachten sich wohl auch etwa 150 bis 200 Menschen, die am ersten Samstag im Mai mit mit Bau- und Wohnwagen, Feuerkörben und Sitzmöglichkeiten angereist sein sollen, um die ungenutzte Fläche für einige Stunden symbolisch zu besetzen. So beschreibt einer der Beteiligten die Aktion gegenüber FINK.HAMBURG. Über Twitter und indymedia.org veröffentlichten die Aktivist*innen ein Schreiben: Sie wollen die seit Jahren brach liegende Fläche für das Viertel wieder nutzbar machen. Außerdem wollte man sich mit den Demonstrant*innen des Mietenmoves solidarisieren, der am gleichen Tag nördlich der Elbe stattfand.
Die Besetzer*innen hatten einen guten Riecher: Wenige Tage später wurde bekannt, dass die Stadt mit Unternehmen in Verhandlungen sei, um das Areal wieder nutzbar zu machen. Das bestätigte Claas Ricker von der Finanzbehörde auf Nachfrage von FINK.HAMBURG. Dabei solle das Gelände sowohl wirtschaftliche als auch kulturelle Nutzungsanteile aufweisen. “Ein denkbarer Nutzungsmix ist beispielsweise eine Brauerei mit Ausschank in der zu sanierenden Halle, gekoppelt mit kleineren (Neubau-)Einheiten für die Kultur- und Kreativwirtschaft”, so Ricker.
Besetzer*innen kritisieren Pläne der Stadt
Das deckt sich nicht ganz mit den Wünschen der Menschen, die am Samstag das Gelände besetzten. Eine Person, die anonym bleiben möchte, sagte: “Wir wollen unkommerzielle Räume schaffen, wo ein Kaffee nicht 3,50 Euro kostet.” Stattdessen würden alternative Wohnprojekte sowie Kultur- und Begegnungsstätten gebraucht. Der Aktivist wünscht sich auch die Schaffung eines legalen Wagenplatzes, wie es ihn in Altona gibt. “Es muss ein Umdenken beim Thema Wohnen stattfinden.” Sonst nehme die Verdrängung der Menschen aus der Stadt weiter zu.
Konkret schlagen sie in ihrem offenen Brief vor, das Gelände in drei Teile zu gliedern. Sie wollen Veranstaltungsflächen für Kultur und Politik, einen urbanen Garten und legale Wagenplätze schaffen. Damit knüpfen sie an einen früheren Vorschlag des Vereins Stadtkultur Hafen e.V. an: das Soul Village, ein kreatives Dorf in der Stadt. Die Idee war, kulturelle, soziale und wirtschaftliche Projekte miteinander in Wilhelmsburg zu verbinden.
Kein Wagenplatz im Industriegebiet
Die Finanzbehörde Hamburg schließt aus, einen Wagenplatz am Veringkanal zu schaffen. Eine Wohnnutzung sei aufgrund der Lage im Industriegebiet nicht möglich. Und auch sonst muss sich das Viertel wohl weiter in Geduld üben: Die Soul-Kitchen-Halle werde bis zu einer Vergabe als Leerstand verwaltet, da keine temporären Vermietungskonzepte vorlägen. Der Bauzaun bleibt also noch eine Weile stehen.
Titelfoto: Lisa Sophie Kropp