Heiße Temperaturen und strahlender Sonnenschein: Bei schweißtreibendem Wetter lockt das erfrischende Wasser, doch Vorsicht! Badeunfälle passieren schnell und allein in Hamburg sind bereits im Frühsommer mehrere Menschen ertrunken.
Text & Grafiken: Sophia Kohn und Alicia Wagner
Laut der Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) sind im vergangenen Jahr mindestens 355 Menschen in Deutschland ertrunken – die Dunkelziffer könnte sogar noch höher liegen. Das sind 56 Todesfälle mehr als im Vorjahr. Allein zehn Menschen sind in Hamburger Gewässern gestorben. Die DLRG betrachtet die aktuelle Badesaison in Hamburg eher mit gemischten Gefühlen.
„Es ist tatsächlich so, dass sich 90 Prozent aller Unfälle an Binnengewässer ereigneten“, sagt DLRG-Präsidentin Ute Vogt. Dabei sind überwiegend Seen und Flüsse als Gefahrenstellen bekannt. 2022 gehörte Hamburg zu den Bundesländern, in denen am wenigsten Menschen ertrunken sind. Aber besonders die Elbe wird immer wieder unterschätzt und ist schon dieses Jahr mehrfach zu einer tödlichen Badestelle geworden. Wer im Sommer dennoch nicht auf eine Abkühlung verzichten möchte, sollte ein paar Dinge zur eigenen Sicherheit beachten.
Wer ist besonders gefährdet?
Bundesweit sind deutlich mehr Männer als Frauen ertrunken. In 2022 starben fast fünfmal so viele Männer wie Frauen. Die meisten tödlichen Unfälle fanden während der Sommermonate zwischen Mai und August statt – dann, wenn es die meisten Menschen ins Wasser zieht. „Wir hatten einen langen warmen Sommer und dadurch waren die Menschen öfter schwimmen und natürlich oft auch an unbewachten Gewässern. Und damit steigt das Risiko für Unfälle“, so Vogt. Gefährdet sind besonders ältere Personen und Kinder. Ertrinken ist bei Kindern unter 15 Jahren sogar die zweithäufigste Todesursache bei Unfällen. Häufig können Kinder ihre eigenen Fähigkeiten noch nicht richtig einschätzen und überschätzen sich – besonders gefährdet sind Nichtschwimmer*innen.
Mehr Nichtschwimmer*innen
Die Anzahl von Nichtschwimmer*innen habe zugenommen, sagt Vogt. Das betreffe alle Altersgruppen – Kinder wie Erwachsene. 2022 sind 20 Kinder ertrunken. Laut dem DLRG können rund 20 Prozent aller Kinder gar nicht schwimmen. Durch ihre Neugierde bringen sich Kinder häufig in Gefahr.
Besonders Nichtschwimmer*innen wie Kinder und untrainierte oder schlechte Schwimmer*innen sind gefährdet. Auch jüngere Männer würden oft ihre Fähigkeiten überschätzen und sich so gefährden, so die DLRG. Oft führen Muskelkrämpfe, Alkoholkonsum oder Strömungen im Wasser zu gefährlichen Situationen.
Wichtig sei es daher, Gefahren wie Strömungen, Wellen und Unterwasserhindernisse möglichst vorher zu erkennen und dann zu vermeiden. Das mag einfach klingen, funktioniert aber nur teilweise. Wichtig ist schlicht auch das Schwimmenlernen. Kurse gibt es für Kinder und auch für Erwachsene. Die DLRG empfiehlt, um das fünfte Lebensjahr herum damit zu starten.
Aber auch erfahrene Schwimmer*innen können ertrinken. Besonders Strömungen und Unterströmung können zur tödlichen Gefahr werden. Die DLRG warnt davor, dass insbesondere Flüsse durch ihre Strömung immer ein erhöhtes Gefahrenpotenzial bergen. Sind dann keine Rettungsschwimmer in der Nähe, kann das kritisch werden.
Ein Hamburger Binnengewässer mit Strömung, aber ohne Überwachung? Die Elbe. In Hamburg gibt es an diesem Fluss keine Badestellen. Die Hansestadt erklärt auf ihrer Website: „Die Elbe erfüllt die Anforderungen der Europäischen Union an ein Badegewässer nicht. Auch aus Sicherheitsgründen ist die Elbe zum Baden ungeeignet.“ Und dennoch gehen jeden Sommer zahlreiche Menschen dort schwimmen.
Wo ihr in Hamburg gesicherte Badestellen findet, hat euch FINK.HAMBURG in einem extra Artikel zusammengetragen.
Gerade Kinder werden zur Sicherheit häufig mit Schwimmflügeln, -gürteln oder -westen ausgestattet. Jedoch betont die DLRG, dass diese Auftriebshilfen keinen vollständigen Schutz vor dem Ertrinken bieten. Besonders Luftmatratzen oder aufblasbare Inseln verleiten häufig dazu, sich unkontrolliert treiben zu lassen. Dadurch können Schwimmer*inner leicht ins tiefe Wasser geraten. Bei ablandigen Strömungen und Wind (weg vom Ufer und Richtung Wasser) wird das Zurückpaddeln aus eigener Kraft fast unmöglich.
Ertrinken erkennen
Arme winken aus dem Wasser, Hilferufe erklingen – der Rettungsschwimmer mit roter Badehose wird auf den Ertrinkenden aufmerksam. In Filmen wie „Baywatch“ ist das Ertrinken immer laut und auffällig. In der Realität geschieht Ertrinken jedoch ganz still und wird dadurch nicht oft bemerkt. Bis ein ertrinkender Mensch untergeht, vergeht nicht mal eine Minute. Es geht schnell und leise. Weil die Person gerade um ihr Leben kämpft, kann sie sich nicht lang genug über Wasser halten, um nach Hilfe zu rufen. In den kurzen Momenten, in denen Mund und Nase über Wasser sind, befinden sich dennoch meist größere Mengen Wasser im Mund-Rachenraum. Dies macht ein Rufen kaum möglich. Kleinkinder, die noch nicht schwimmen können, können meistens gar nicht den Mund über die Wasseroberfläche heben. Sie paddeln ähnlich wie ein Hund, während der Kopf unter Wasser ist.
Auch der Mythos, dass Ertrinkende gezielt um Hilfe winken, ist falsch. Sie können ihre Arme in der Notsituation nicht mehr kontrollieren. Oft schlagen sie mit den Armen auf die Wasseroberfläche. Viele Menschen erkennen die Anzeichen des Ertrinken nicht – zu wenig Aufklärung, zu viele verzerrte Darstellungen in Filmen.
Woran ist eine Notfall im Wasser zu erkennen?
- Die Person schnappt nach Luft.
- Die Person hat keine gezielte Beinbewegung.
- Der Körper befindet sich in senkrechter oder diagonaler Lage (und nicht in waagerechter Schwimmposition).
- Die Person schlägt mit den Armen auf die Wasseroberfläche.
- Der Kopf ist in den Nacken gelegt, damit der Mund über Wasser bleibt.
Bei einem Unfall können die ersten Minuten über Leben und Tod entscheiden. Das gilt auch für Badeunfälle. Deshalb ist es wichtig als Ersthelfer*in Hilfe zu leisten, bevor die Einsatzkräfte überhaupt eintreffen. Einen Überblick über die ersten Maßnahmen liefert unsere Infografik:
Sophia-Maria Kohn, Jahrgang 2000, hat drei unterschiedliche Falttechniken für ihre drei Sockensorten. Bei einem dreimonatigen Aufenthalt in Südafrika hat sie Kindern Handball beigebracht, ehe sie nach Sambia aufbrach – als Managerin des U17-Nationalteams (aber nur für eine Woche). Sie hat sich nicht nur auf die Socken gemacht, sondern hatte zu Hause auch früh ihren ersten Berührungspunkt mit Fink.Hamburg: Während ihres HAW-Bachelorstudiums in Medien und Information schrieb Sophia über ihre Heimatstadt aus der Perspektive Obdachloser. Handball spielt sie immer noch: bei den Frogs in Henstedt-Ulzburg in der dritten Bundesliga. (Kürzel: sok)