Kein Sommermärchen für Frauen

Fußball-EM in Hamburg

Eine Deutschlandflagge am Auto.
Deutschland Flagge am Auto. Foto: Marlon Sommer / Pixabay

Die Europameisterschaft steht an und viele Hamburger*innen freuen sich schon seit Wochen. Doch nicht bei allen kommt der Hype an. Ein Kommentar.

Am Freitag eröffnet die deutsche Mannschaft die Europameisterschaft, am Sonntag wird das erste Spiel im Volksparkstadion ausgetragen. Für viele ist klar: Die Europameisterschaft ist endlich wieder ein Event, auf das man hinfiebern kann und das einen Grund bietet, aufgeregt zu sein. Vereinzelt träumen die Fußballfans sogar von einem zweiten Sommermärchen, das mit nur 18 Jahren Verzögerung an die WM 2006 anknüpft. Bin ich die böse Stiefmutter, wenn ich diesen Spaß mit nicht so spaßigen Fakten trübe?

Spaßig oder schmutzig? EM-Hype

Der Hype um die EM in Hamburg ist groß. Public Viewing gibt es an jeder Straßenecke und auf dem Heiligengeistfeld läuft der Aufbau einer großen Fan Zone. Zehntausende Fans werden hier im nächsten Monat zusammen jubeln, bangen, feiern und ihre Mannschaft anfeuern. Und wo so viele Menschen mit ähnlich vielen Litern Bier zusammenkommen, kann man sich sicher sein: Hier wird es laut. Hier wird es schmutzig.

Klar, die Stadtreinigung bereitet sich auf die Menschenmassen vor und stellt sowohl in Stadionnähe als auch im Umkreis der Fanfeste mobile Toiletten auf. Außerdem appelieren sie auf ihrer Website an den “gesunden Menschenverstand” und fordern dazu auf, den eigenen Müll in Mülleimern zu entsorgen. Hä? Ist das nicht selbstverständlich? Anscheinend nicht. Die Erfahrung zeigt: Spätestens nach dem dritten Bier vergessen viele Menschen die grundsätzlichen Regeln des öffentlichen Miteinanderseins. Andere brauchen dafür noch nicht mal ein Bier.

Menschenmassen, Männergruppen und Alkoholkonsum

Apropos sich vergessen: Es gibt zwar keine offiziellen Zahlen zu sexueller Belästigung während der letzten Europameisterschaft, aber die Linke fordert für diese EM ein Schutzkonzept für Frauen. Für sie gibt es eindeutig einen Zusammenhang zwischen sexuellen Übergriffen und den erwarteten „Menschenmassen, Männergruppen und Alkoholkonsum“. Auch der Europäische Fußballverband UEFA geht davon aus, dass das Risiko sexueller Übergriffe besteht. Es gibt zwar ein Awareness-Team, das beim Public Viewing in der Fan Zone auf dem Heiligengeistfeld unterwegs ist und über das Tool “Saferspaces” kontaktiert werden kann. Aber bei gutem Wetter werden bis zu 40.000 Besucher*innen erwartet. Eine Nachfrage ergab: Das Awareness-Team hingegen besteht aus sieben bis neun Personen. Das soll reichen? Und wie realistisch ist es, dass Menschen, denen gesagt werden muss, dass Müll in den Mülleimer gehört, sich von einem sieben- bis neunköpfigen Awareness-Team abhalten lassen, belästigend aufzutreten? Ich bin jedenfalls nicht so richtig überzeugt.

Natürlich geht es beim Public Viewing darum, gemeinsam Sport zu schauen und eine gute Zeit zu haben. Und dass die Stimmung ansteckend ist. Ziel ist es, eine Fußballmannschaft anzufeuern und für etwas zu brennen, doch Erfahrungen haben gezeigt dass sich Frauen hierbei eher verbrennen. Auch ich als Frau merke, dass mir ein Awareness-Team nicht reicht, um mich in die Fan Zone zu trauen, auch wenn ich mir wünsche, dass es anders wäre. Bei anderen Großveranstaltungen sieht das anders aus, aber betrunkene Fußball-Fans geben mir einfach ein schlechtes Gefühl.

Deutschlandflagge muss nicht sein

Zu guter letzt ein Outfit-Tipp – denn was Fanartikel zur EM betrifft, gehören Deutschlandflaggen zur Standardausstattung dazu. Mit Blick auf die Ergebnisse der Europawahl löst genau dieses Flaggenmeer ein unangenehmes Gefühl aus. Vorschlag: Tragt einfach das neue rosa Trikot der deutschen Nationalmannschaft, das wird in der rechten Szene nicht getragen.

Stella Bruttini, geboren 1997, hat bei ihrem ersten Casinobesuch in Las Vegas direkt den Hauptgewinn am Einarmigen Banditen abgestaubt: Einen Dollar eingesetzt und 1000 Dollar gewonnen. Der Gewinn wurde danach ordentlich für den restlichen Urlaub verpulvert. Mit dem Auto ging es durch den amerikanischen Westen. Stella stammt aus Kiel und hat dort PR und Marketing studiert. Nach ihrem Bachelor testete sie sich beim Online-Stadtmagazin "Mit Vergnügen Hamburg" durch alle Restaurants Hamburgs - am liebsten isst sie Pasta. Ihr Traum folgerichtig: Irgendwann mal an den Gardasee auswandern, aber niemals ohne ihren Kater Steven. Kürzel: ini

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