Was beschäftigt Menschen unter 30? Wir haben in unserer Community nachgefragt. Bei vielen flattern langsam die ersten Einladungen zu Hochzeiten herein. Da fragt man sich: Will ich das auch? 

Titelbild: Illustration von Finja Frank,  Icon: Illustration von Elizaveta Schefler

Hochzeiten sind so ein Ding. Auf der einen Seite fühle ich mich immer noch, als wäre ich 18 und gerade erst erwachsen geworden. Aber auf der anderen Seite, erwische ich mich auch immer wieder dabei, wie ich mir Tiktoks mit perfekt geplanten Hochzeiten in Italien anschaue und im Kopf schon die Gästeliste durchgehe. Denn ich bin nicht mehr 18, ich bin schon 27.

Serie “Aus den 20ern”
FINK.HAMBURG hat Personen unter dreißig befragt, welche Themen sie grade beschäftigen. Diesen Themen wurde jeweils eine Folge der Serie gewidmet – um sie zu diskutieren, Lösungsansätze zu bieten und einen Raum zu kreieren. Ella (23) hat gesagt: “Du hast nur ein Leben und du solltest es leben und das ist schon wichtig.”

Die Serie erscheint jeden Donnerstag auf FINK.HAMBURG.

Natürlich ist mir auch bewusst, dass das noch nicht alt ist, aber seit knapp einem Jahr, flattern bei mir  Hochzeitseinladungen von Freund*innen und Bekannten ein. Und auch bei meinen Freund*innen fällt nun öfter der Satz: „Ich glaube, wenn das so weitergeht, dann heirate ich den!”

Generell habe ich das Gefühl, dass Heiraten in meiner Generation – oder genauer sowohl in der Gen Z als auch bei den Millennial – einfach ein Ding ist. Das heißt nicht, dass zu Hause ein Ordner steht, in dem alle Details – von der Farbe der Blumen bis hin zur Getränkeauswahl – schon Jahre vor dem Antrag feststehen. Aber für mich ist spürbar, dass die Leute Lust aufs Heiraten und die dazugehörige Feier haben.

Hochzeiten: romantisch oder überbewertet?

Ich habe Freund*innen gefragt, wie sie zum Thema Hochzeit stehen.

Eine Person sagte: „Ich finde Hochzeiten sinnbildlich sehr schön. Man schließt den Bund der Ehe. Die romantische Vorstellung von einem Prinzessinnenkleid und einer Kutsche habe ich allerdings schon vor längerer Zeit abgelegt. Für mich muss es nicht kirchlich sein und auch ein Ehevertrag wäre für mich ein Muss.“

Hochzeit. Illustration: Elizaveta Schefler

Eine andere Person sagte: „Ich bin ein Scheidungskind, deshalb habe ich zu Hochzeiten ein gespaltenes Verhältnis, finde aber den Gedanken sehr schön, dass Menschen sich ihre Liebe gestehen und mit Freund*innen und Familie feiern. Das würde ich selbst gerne erleben. Ich habe allerdings auch erlebt, wie hässlich eine Scheidung sein kann und wie es dabei vor allem die Frauen oft schwerer haben.“

Man sieht also: Heiraten steht auf der Agenda.

Kirche ist kein Muss

Eine Hochzeit hat für viele nicht mehr zwangsläufig etwas mit der Kirche zu tun. Seit dem Jahr 2020 verliert die Kirche viele Mitglieder. Allein im Jahr 2022 sind 522.821 Menschen aus der katholischen und 380.000 Menschen aus der evangelischen Kirche ausgetreten. Auch ich bin vor einiger Zeit aus der Kirche ausgetreten. Einerseits, weil ich mich nicht mit dem Glauben identifizieren kann, Andererseits, weil mir die Kirchensteuer einfach zu teuer ist.

Somit erübrigt sich auch die Frage, ob mich mein Vater zu Orgelmusik zum Altar führt. Finde ich das schade? Definitiv nicht! Wenn ich an meine eigene Hochzeit denke, habe ich eher eine Version im Kopf, bei der ich einen schönen Tag mit meinen liebsten Menschen verbringe und in meinem Fall dem Mann, den ich liebe, ein Versprechen gebe.

„Ich kann mir auf jeden Fall vorstellen, zu heiraten. Das hat für mich etwas traditionelles. man feiert die Liebe und macht den nächsten Schritt in der Beziehung. Auch die steuerlichen Vorteile sollte man nicht vergessen.“

Glücklich bis ans Lebensende – oder auch nicht

Ob ich an das Konzept „The One and Only“ glaube, weiß ich bis heute nicht. Jede Beziehung ist meiner Meinung nach viel Arbeit und jeden Tag wieder die Entscheidung, mit der einen Person zusammen sein zu wollen.

Ich sehe das so: Bei einer Hochzeit sagt man: Ich entscheide mich dafür, diesen Weg mit dir zu gehen. In vielen Fällen funktioniert das nicht und das Prinzip des „Glücklich bis ans Lebensende“ wird durch eine Scheidung zerlegt. Die Anzahl der Scheidungen in Deutschland nimmt zwar ab, aber im Jahr 2021 betrug die Scheidungsrate in Deutschland rund 39,9 Prozent. Auf drei Eheschließung kam damit rechnerisch etwa eine Scheidung.

Aber obwohl ich mir gut vorstellen kann, selbst in ein paar Jahren zu heiraten, bin ich der Meinung, dass man eine Hochzeit nicht im Leben braucht, um glücklich zu sein. Trotzdem wird sich die Romantikerin in mir wahrscheinlich weiterhin TikToks abspeichern, die mir potenziell bei der Auswahl eines Kleides helfen.

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Stella Bruttini, geboren 1997, hat bei ihrem ersten Casinobesuch in Las Vegas direkt den Hauptgewinn am Einarmigen Banditen abgestaubt: Einen Dollar eingesetzt und 1000 Dollar gewonnen. Der Gewinn wurde danach ordentlich für den restlichen Urlaub verpulvert. Mit dem Auto ging es durch den amerikanischen Westen. Stella stammt aus Kiel und hat dort PR und Marketing studiert. Nach ihrem Bachelor testete sie sich beim Online-Stadtmagazin "Mit Vergnügen Hamburg" durch alle Restaurants Hamburgs - am liebsten isst sie Pasta. Ihr Traum folgerichtig: Irgendwann mal an den Gardasee auswandern, aber niemals ohne ihren Kater Steven. Kürzel: ini