Blond: „Am schönsten ist es, wenn viel Liebe drin steckt”

Reihe "Hier spielt die Musik"

Die Band Blond.
Seit 2011 eine Band: Johann Bonitz, Nina Kummer und Lotta Kummer (v.l.) von Blond. Foto: Sarah Storch

Die Chemnitzer Indie-Band Blond steht vor allem für feministische Texte und tanzbare Beats. Vor ihrem Auftritt beim Vogelball 2024 haben sie mit FINK.HAMBURG über ihr neues Live-Album, ihre liebsten Festivals geredet und sich in unserem Freundebuch verewigt. 

Blond: Das sind die Schwestern Nina und Lotta Kummer und ihr Kindheitsfreund Johann Bonitz. Seit 2011 machen die drei gemeinsam Musik. Nach ihren Alben „Martini-Sprite” und „Perlen” hat die Indie-Band aus Chemnitz jetzt auch ein Live-Album herausgebracht. Blond singt über hohe Männerquoten im Line-up von Festivals, sexistische Tonmänner oder die Freuden der Menstruation. Ihre Songs sind dabei nicht nur humorvoll, sondern eignen sich auch zum Feiern und Tanzen. Warum Blond ein Live-Album veröffentlicht hat, was sie vor einem Konzert tun und warum sie auch gerne auf kleinen Festivals spielen, erzählen sie im Interview mit FINK.HAMBURG.

FINK.HAMBURG: Am 18.07.2024 ist euer Live-Album „Perlen (LIVE)” rausgekommen. Warum ein Live-Album? Wie seid ihr darauf gekommen?

Nina Kummer: Zu unserem zweiten Studio-Album „Perlen” haben wir eine Show ausgearbeitet und waren damit auf Tour. Irgendwann ist die Tour vorbei und man macht eine neue Show zu einem neuem Album. Wir wollten die “Perlen”-Show festhalten. Vor allem in der Gesamtheit – nicht nur einzelne Songs.

In unserer Kindheit ist uns ein „Ärzte Unplugged”-Album in die Hände gefallen, auf dem die Ärzte ganz viel zwischen den Songs geredet haben. Es glich einem Hörspiel. Uns ist in Erinnerung gekommen, dass wir das übelst abgefeiert haben. Wir reden auch viel auf der Bühne und haben eine schöne Show. Das haben wir konservieren wollen und deswegen beschlossen: Wir machen ein Live-Album.

Einige Leute haben gesagt: „Jetzt schon ein Live-Album? Das machen Bands doch erst, wenn die übelst groß sind.” Ich verstehe das nicht. Ich will ab jetzt von jeder Show, die wir ausarbeiten, ein Live-Album machen.

Blond auf der Bühne des Vogelball 2024.
Blond bei ihrem Auftritt auf dem Vogelball 2024. Foto: Kristin Müller

Und wie ist das Live-Album dann entstanden? 

Lotta Kummer: Wir haben die Show bei einem der abschließenden Konzerte in Berlin mitgeschnitten. Zum Publikum haben wir vorher nicht gesagt: „Übrigens, das ist eine Live Aufzeichnung, seid laut.” Das machen die zum Glück sowieso immer. Johann hat alles nochmal abgemischt. Wir haben auch ein paar Songs gefilmt und als Singles raus gebracht. Das hat sehr viel Spaß gemacht und ist wirklich ein sehr schönes Projekt gewesen.

Wart ihr bei dem Release des Live-Albums genauso aufgeregt wie bei einem „normalen” Album?

Nina Kummer: Es war schon anders. Wir haben uns nicht gefragt, wie die Songs wohl ankommen. Wir haben uns einfach gefreut, dass es jetzt so draußen ist.

Johann Bonitz: Ich dachte: Oh, so klingen wir live.

Lotta Kummer: Es ist ein Geschenk für die Fans. So hat sich das angefühlt.

Nina Kummer: Ja, auch weil nicht alle Leute auf die Tour kommen konnten. Oder man kann sich in einem Jahr daran erinnern, wie das gewesen ist. Wir brauchen das Album auch. Wenn wir zwischen einzelnen Festivals lange nicht spielen und proben müssen. Dann hört jede*r zu Hause das Album und übt sein/ihr Instrument.

Wie ist das bei euren Live-Auftritten? Ihr wart gestern Abend auf dem Green Juice, nachher steht ihr in Hamburg beim Vogelball auf der Bühne. Seid ihr immer noch aufgeregt, bevor es auf die Bühne geht oder ist das jetzt ganz normal für euch?

Lotta Kummer: Es ist eine positive Aufregung. Heute freue ich mich auch richtig, weil wir genau auf der Bühne schon mal vor vielen Jahren gespielt haben beim Daughterville Festival. Es ist auf jeden Fall immer eine positive Aufregung da. Es wäre auch schade, wenn man gar nichts mehr spüren würde.

Nina Kummer: Das gehört dazu und ist das Schöne daran.

Freundebucheintrag der Band Blond.
Im Interview verriet die Band unter anderem, welche Musik sie selbst am liebsten hört und welche Filme sie am besten findet. Grafik: Kristin Müller

Habt ihr irgendwelche Rituale vor einem Auftritt?

Lotta Kummer: Auf der Tour haben wir immer die ersten 103 Fragezeichen-Fälle auswendig aufgezählt. Da wir bei den Festivals diese Zeit nicht mehr haben, finden wir drei uns direkt vor der Show einfach zusammen und singen gemeinsam einen Song. Dann gibt es einen Händedruck mit jeder Person, die an der Show beteiligt ist. Und danach geht es auf die Bühne.

Ihr seid große Drei-Fragezeichen-Fans? Habt ihr da eine Lieblingsfolge? 

Alle: Ja, riesige.

Nina Kummer: „Hexenhandy”, würde ich sagen, ist meine Lieblingsfolge.

Lotta Kummer: Ich mag „Haus des Schreckens”. Nee, meine Lieblingsfolge ist „Im Auge des Drachen”.

Johann Bonitz: Ich finde alle geil. Die besten sind aber eigentlich die runden Folgen. Die gehen jeweils drei Stunden.

Und bei euren eigenen Songs? Habt ihr da einen, den ihr besonders gerne live spielt?

Lotta Kummer: Ich würde nicht sagen, den einen spiele ich lieber als den anderen. Aber es ist immer ganz cool, wenn wir zum Beispiel „Oberkörperfrei” spielen. Dann gehe ich vor zu Nina und kann quasi über die Bühne rennen. Das ist eine coole Abwechslung, wenn man sonst die ganze Zeit am Schlagzeug spielt.

Nina Kummer: Man würde gerne tanzen, aber ist noch am Instrument und bei dem Song kann man mal so richtig frei tanzen. Aber trotzdem mögen wir alle Songs. Gerne auch die, wo ein Moshpit aufgeht.

Meistens spielt man aber die frisch zur Setlist hinzugefügten besonders gerne. Einfach weil die am neuesten sind und man sie noch nicht 800-mal gespielt hat.

Nina und Lotta Kummer von der Band Blond.
Nina und Lotta Kummer gehen 2024 auch mit ihrem Podcast „Da muss man dabei gewesen sein” auf Tour. Foto: Anja Jurleit

Ihr habt inzwischen schon auf einigen Festivals gespielt. Was macht für euch ein richtig gutes Festival aus?

Nina Kummer: Ein wichtiger Punkt ist eine schöne Location und wie viel Liebe in so ein Festival gesteckt wird. Das ist ja hier auf dem Vogelball auch wieder total süß. Als Band erinnert man sich mehr an die Festivals, in denen richtig viel Liebe steckt. Klar sind die Auftritte bei Riesen-Festivals – wo einfach ein Acker ist, eine Bühne und dann Fressbuden – trotzdem cool. Aber an die erinnert man sich nicht so. Das wird dann zu einem Gematsche in der Erinnerung.

Johann Bonitz: Ich finde auch ein freundliches und diverses Publikum wichtig.

Nina Kummer: Ja genau, auf jeden Fall. Was natürlich auch durch ein freundliches und diverses Line-up gezogen wird.

Johann Bonitz: Aber Essen ist auch wichtig.

Dann ist der Vogelball, der sich selbst als bunter, glitzernder Kostümball versteht und Wert auf ein queeres Line-up legt, ja eigentlich das perfekte Festival für Blond, oder?

Nina Kummer: Es ist ein tolles Line-up und wir freuen uns total drauf. Zum Beispiel auf Mariybu.

Lotta Kummer: Wir wissen jetzt schon: Das wird heute einfach nur ein richtig tolles Publikum. Es gibt Festivals, wo man so denkt: Oh, hier sind nur so Rock-Männers, weiß nicht, wie das wird. Aber heute weiß ich: Das wird einfach schön.

Was würdet ihr eigentlich machen, wenn ihr nicht in einer Band wärt?

Johann Bonitz: Beruflich? Dann hätte ich wohl zwei Bands.

Lotta Kummer: Unser Tourmanager hat letztens gesagt, er würde am Flughafen arbeiten, wenn er nicht unser Tourmanager wäre. Ich glaube, ich wäre Konditorin oder Eisverkäuferin.

Nina Kummer: Ich würde irgendwas im Kulturbetrieb machen, irgendwas Kreatives.

Lotta Kummer: Ich dachte, man darf jetzt nicht auf die Bühne, weil sonst hätte ich auch gesagt, Moderation oder so.

Johann Bonitz: Produzent wäre auch naheliegend. Aber ich hätte, glaube ich, Psychologie studiert, also erstmal Abitur gemacht.

Nina Kummer: Wir sind ja leider schon vor dem Abitur durchgestartet.

Blond verabschiedet sich auf der Bühne vom Publikum.
Nina Kummer, Johann Bonitz und Lotta Kummer (v.l.) verabschieden sich vom Publikum. Foto: Kristin Müller

Andere Ideen hin oder her – ihr seid euren Weg gegangen und habt mit der Band euer Ding gefunden. Habt ihr vielleicht ein paar Tipps für andere, die noch auf der Suche sind?

Lotta Kummer: Es ist ja nicht so, dass es den einen richtigen Weg gibt. Wir haben das Glück, dass wir aus einem Umfeld kommen, in dem unser Traum von der Musik gefördert wurde. Das hat nicht jede*r.

Nina Kummer: Ich glaube, es ist wichtig, dass man sich ausprobiert und sich die Möglichkeit gibt, Dinge auszuchecken, um festzustellen: Das gefällt mir nicht, aber das gefällt mir sehr gut.

Johann Bonitz: Und ich glaube, es hilft, nicht zu verkopft an Sachen ranzugehen.

Nina Kummer: Wir kennen Leute, die mit 50 nochmal studiert haben. Man sollte sich nicht einreden, dass die Chance irgendwann vertan ist oder man irgendwann zu alt ist, um etwas Neues zu machen.

Johann Bonitz: Es ist ja auch nicht schlimm, wenn es nicht sofort klappt.

Nina Kummer: Uns ist wichtig, dass man Spaß hat, dass man nicht zu verbissen an etwas herangeht.

Was steht denn als nächstes bei euch an? Wie sehen die Zukunftspläne von Blond aus?

Johann Bonitz: Wir machen auf jeden Fall weiterhin Musik.

Lotta Kummer: Wir spielen noch auf ein paar Festivals. Da freuen wir uns sehr drauf.

Und dann irgendwann der Super Bowl?

Nina Kummer: Genau. Der Super Bowl kommt eigentlich als nächstes.

Sarah Bayerschmidt, Jahrgang 2001, kommt aus Amberg, ihre bayerische Herkunft verrät ihr Nachname oder die Aussprache des Wortes „furchtbar“. Studiert hat sie Journalistik in Eichstätt. Beim ZDF im Landesstudio Berlin hat sie über Blockadeaktionen der Letzten Generation berichtet und war bei einem Klebetraining dabei. Ein anderes Thema, das ihr wichtig ist: Tattoos. In einer Podcast-Folge für das ZEIT-Wissen Magazin hat Sarah eine Tätowiererin begleitet und mit einem Tattooforscher darüber gesprochen, was die Körperkunst für Menschen bedeutet. Sie selbst trägt unter anderem am Bein einen Zeichentrickhasen (mit Zeitung in der Hand!) und den Spruch „wird schon“.

Kürzel: bay

Gegensätze ziehen Kristin Müller, geboren 2001 in Ulm, regelrecht an. Sie wuchs in Baden-Württemberg auf, spricht allerdings kein Schwäbisch, trinkt gerne Guinness, mag aber eigentlich kein Bier und hat sich tierisch über den Cliffhanger aus Crescent City aufgeregt – nur um den nächsten Band nicht zu lesen. Nach ihren journalistischen Anfängen bei der Walsroder Zeitung landete sie während des Studiums im Community Management des Stadtportals “bremen.de” und bei der Social Media Agentur Himmelrenner. Für den Master wurde die selbsterklärte Bremen-Liebhaberin schließlich zur Wahl-Hamburgerin. Kein Gegensatz, wie Kristin findet.
Kürzel: mü