Bäume pflanzen und Wälder entstehen lassen: Der Verein We Field gestaltet brachliegende Flächen in Ökosysteme um. Und setzt sich so für eine klimapositive Zukunft in und um Hamburg ein.

Zwei Brüder, aufgewachsen im nördlichen Umland von Hamburg. Um sie herum viel Land, große Wiesen, Acker und Weiden. Viel Fläche, die wenig bis gar nicht genutzt wird. Verschenktes Potenzial, finden die Brüder. Doch was stellt man mit diesen Flächen an?

Finn und Lasse Peters gründeten den Verein We Field, um etwas Gutes für die Umwelt zu tun: „Wir wollten was machen, das nicht nur gut für uns ist, sondern auch für die Natur“, erklärt Finn Peters. Also organisierten die Brüder gemeinsam mit dem Nabu und rund 30 Helfer*innen ihre erste Pflanzung im Hamburger Norden mit 21 Obstbäumen auf 3000 Quadratmetern. „An diesem Tag haben wir entschieden, dass wir ein Verein sein wollen“, so die beiden.

Finn Peters kommt aus den Ernährungswissenschaften und arbeitete in der Lebensmittelbranche. Sein Bruder Lasse Peters ist gelernter Tischler und absolviert gerade sein Master in nachhaltiger Stadtentwicklung. Die fehlende Expertise im Landschaftsbau und in der Landwirtschaft hat die Brüder nicht aufgehalten.

Mittlerweile steht der Verein seit fünf Jahren für eine Reihe verschiedener Projekte, in denen brachliegende Flächen gemeinsam mit Landwirten und Kommunen zu Ökosystemen umgestaltet wurden. Dabei konzentriert sich der Verein auf Hamburg und das Umland. Das Ziel ist, einen grünen Ring um die Stadt zu schaffen: „Hamburg ist grün, ja, aber wir wollen es noch wesentlich grüner“, so Finn Peters. „Vor allem, wenn man daran denkt, wie viele verschiedenste Stadtflächen, wir unbenutzt lassen.“

In der Stadt liege die Aufmerksamkeit ihrer Arbeit auf urbanen Projekten wie der Tiny-Forest-Pflanzung an einem Eimsbütteler Gymnasium oder die Begrünung alter Gleisbetten im Hamburger Oberhafen. Im ländlichen Raum helfen sie primär Landwirten dabei, Agroforstsysteme in bestehende Felder, Acker und Wiesen zu integrieren. Das bedeutet, sie kombinieren Bäume sowie Sträucher mit Ackerkulturen oder Tierhaltung auf einer Fläche.

Was braucht es alles für ein Ökosystem?

Regenera… was?
Regenerative Landwirtschaft bezieht sich auf Praktiken, die dazu beitragen, die Umwelt zu schützen. Dabei liegt der Fokus auf dem Schutz und Aufbau der Bodenfruchtbarkeit. Auch die Förderung von Artenvielfalt im Boden und in der Umwelt steht dabei im Forderung.

Doch wie pflanzt man eigentlich ein Ökosystem? Zunächst drehe sich alles um den Boden, auf dem etwas gepflanzt werden soll, erklärt Finn Peters: Ist es eine leerstehende Wiese, ein monokulturell bewirtschaftetes Feld oder doch ein versiegelter Schulhof? Dabei handle es sich eben hauptsächlich um brachliegende Flächen, also eine Fläche, die unter ihrem Potenzial genutzt wird. „Wir sehen eine leere, brachliegende Fläche und gucken, wie können wir für den Menschen, für die Natur, für alle ein schönes Ökosystem schaffen.“ Dabei bediene sich der Verein vor allem an Methoden der regenerativen Landwirtschaft, die individuell auf die Standorte der Projekte angepasst werden, verdeutlicht Finn Peters.

Fachlichen Input hole sich der Verein durch regelmäßigen Austausch mit Expert*innen anderer Vereine. Beispielsweise vom Heckenretter e.V. – oder sie arbeiten mit dem Verein Miya e.V. bei Themen rund um Tiny Forests. Zusammen wägen sie ab, welche Methoden am besten für einen Standort funktionieren und wie diese miteinander kombiniert werden können. „Für uns bedeutet ein Ökosystem zu schaffen, dass man den Platz auf brachliegenden Flächen aufwertet durch langfristige Strukturen“ so Finn Peters, „wir schauen, was natürlich für die bestimmte Umgebung ist und versuchen, die Natur so weit wie möglich nachzumachen.“

Die Mikrofarm als Paradebeispiel

Die Microfarm aus Luftperspektive.
Ein Teil der Mikrofarm in Heidkaten. Foto: WeField e.V.

„Bei uns liegt der Fokus auf Qualität statt Quantität. Das heißt, wir konzentrieren uns auf ein, zwei neue Projekte jedes Jahr und entwickeln die, die wir schon angefangen haben, gemeinsam mit Unternehmen und freiwilligen Helfer weiter“, erläutert Finn Peters. Darunter fällt auch das erste Projekt von We Field, die Mikrofarm in Heidkaten. Sie dient als Paradebeispiel des Vereins: Auf einer über 3500 Quadratmeter großen Pferdeweide haben sie mithilfe von regenerativer Landwirtschaft ein Ökosystem entstehen lassen.

Mittlerweile umfasst die Mikrofarm 8000 Quadratmeter, darunter eine Streuobstwiese, eine Walnussweide und ein Gemüsegarten sowie Küchencontainer. „Unser Küchengarten mit biointensivem Gemüseanbau ist so ertragreich, dass theoretisch zehn Menschen wöchentlich versorgt werden können. Hauptsächlich nutzen wir den Garten, um Wissen zu vermitteln und Farm-To-Table-Events durchzuführen“, so Finn Peters.

Warum wir mehr solcher Vereine brauchen

Bei vielen Flächen würde es reichen, wenn sie einfach in Ruhe gelassen werden würden, verdeutlicht Finn Peters. Dann würde die Natur das System übernehmen und sich selbst regulieren. Doch die Realität schaue anders aus, denn im landwirtschaftlichen Bereich werden weiterhin Flächen monokulturell bewirtschaftet oder in der Stadt eben versiegelt. „So weit sind wir Menschen noch nicht, dass wir sagen: Hey, wir stellen uns mal unter die Natur, weil wir sind nicht schlauer als sie“, so Finn Peters. „Keiner ist schlauer als die Natur. Wir versuchen es immer wieder. Aber anstatt gegen die Natur zu arbeiten, sollten wir lieber mit der Natur arbeiten.“

„Keiner ist schlauer als die Natur. Wir versuchen es immer wieder. Aber anstatt gegen die Natur zu arbeiten, sollten wir lieber mit der Natur arbeiten.“

Deswegen will der Verein dieser Flächennutzung positiv entgegenzuwirken und versucht Flächen so biodivers wie möglich zu gestalten – egal ob Land oder Stadt.

Entwicklung der Bodenversiegelung in Hamburg seit 1984
Entwicklung der Bodenversiegelung in Hamburg seit 1984. Grafik: Hamburg.de/ BUKEA

Einfach machen und mutig sein

Finn Peters, Co-Gründer des Vereins WeField e.V.
Finn Peters, Co-Gründer des Vereins We Field. Foto: WeField e.V.

Ihr Ziel ist es als Verein zu wachsen und mehr Festangestellte zu beschäftigen. Finn Peters arbeitet bereits in Teilzeit für die Non-Profit-Organisation. Ein gemeinnütziger Verein will We Field aber auch weiterhin bleiben: „Uns geht es nicht darum, dass wir uns bereichern“, stellt Finn Peters klar. Was We Field auszeichnet, sei, dass bei ihnen alle mit anpacken – theoretisch wie praktisch.

Der Verein besteht mittlerweile aus rund 18 Engagierten. Alle kommen aus unterschiedlichen Bereichen, darunter Webdesigner*innen, Architekt*innen, Unternehmer*innen, Marketers und viele andere. „Es ist einfach ein komplett bunter Haufen. Und jeder bringt im Verein seine Expertise mit ein“, so Peters. „Jeder hatte vielleicht mal einen Baum gepflanzt, aber ich glaube, in Sachen Landschaftsbau oder Landwirtschaft hatten wir alle gar keine Ahnung, als wir angefangen haben.“

Im Endeffekt sei ihre Vereinsarbeit learning by doing. Finn Peters erklärt: „Unser größtes Credo ist einfach machen und mutig sein, weil jeder Baum, der gepflanzt wird, ist besser als ein Baum, der nicht gepflanzt wird.“

Jede und jeder kann sich fragen: Wo kann ich in meinem Wirkungskreis aktiv werden? Sei es beim Aufstellen einer Balkonpflanze, beim Anbauen von eigenem Gemüse oder beim Mitwirken in einem Verein. Wer mitmachen möchte, kann bei einer Pflanzung einfach vorbeischauen. So könne man am ehesten lernen, wie man einen Baum richtig in die Erde bringe und das Gelernte direkt anwenden. Finn Peters sagt abschließend: „Es geht darum, einfach ins Handeln zu kommen, dann passieren ganz viele tolle Dinge.“

Kleine Nachhaltigkeitsglossar


Agroforstsysteme: Die Kombination von Gehölzen, Acker und/oder Tieren auf einer Fläche, sodass ökologische und ökonomische Vorteilsentwicklungen entstehen.

Klimapositiv: Das Wort „klimaneutral” dürfte bereits einigen ein Begriff sein. Einfach gesagt, bedeutet es, dass etwas keinen negativen ökologischen Fußabdruck hat, also die Umwelt nicht mit Treibhausgas-Emissionen belastet. Klimapositivität geht noch einen Schritt weiter – klimapositve Maßnahmen sollen Treibhausgase verringern.

Mikrofarming/Biointensive Landwirtschaft: Intensive, dauerhafte Nutzung kleiner Flächen für den Anbau von Gemüse. Wichtige Elemente sind minimale Bodenbearbeitung zum Schutz der Bodengesundheit, Verzicht auf Pestizide, permanente Begrünung der Fläche sowie Humusaufbau.

Monokultur: Als Monokultur werden landwirtschaftliche, gartenbauliche oder forstwirtschaftliche Flächen bezeichnet, auf denen ausschließlich eine einzige Nutzpflanzenart über mehrere Jahre hintereinander angebaut wird. (z.B. Mais oder Roggen)

Tiny-Forest-Pflanzung: Auf einer Fläche von mindestens 100m2 werden verschiedene, meist heimische Pflanzenarten angelegt, die einen natürlichen Wald simulieren. Gerade im urbanen Raum können Tiny Forests zu einem besseren Mikroklima und mehr Biodiversität beitragen. Die Tiny-Forest-Methode wurden in den 1070er Jahren vom japanischen Botaniker Akira Miyawaki entwickelt.

Auf dem Laptop von Annika Eifert, Jahrgang 1999, sind schon viele Flüssigkeiten gelandet – Kaffee, Früchtetee, Nagellackentferner. Die gebürtige Hessin studierte in Erfurt Kommunikationswissenschaft und Management. Während dieser Zeit leitete sie das Non-Profit-Onlinemagazin „UNGLEICH“, das die Lebensqualität im Osten hervorhebt. Ein Praktikum im Social-Media-Team von „OMR 5050“ brachte sie schließlich nach Hamburg. Sie selbst nennt sich „TikTok Opfer“ und ist für jeden Trend zu haben. Bildschirmzeit? Bleibt ihr Geheimnis. Ihr Laptop ist immer noch in ständiger Gefahr – und deshalb gut versichert. Kürzel: ika

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