Der Countdown läuft. Noch drei Wochen bis zur Wahl in den USA. Euch fehlt noch das passende Vokabular? Damit ihr wisst, worum es geht, wenn über Swing-State, Electoral College oder Mehrheitswahlsystem gesprochen wird, gibt es hier unser Erklärstück zur US-Wahl.

Wir beantworten für euch die wichtigsten Fragen rund um die US-Wahl: Wer wird gewählt? Warum ist die Wahl so wichtig? Wer sind die beiden Kandidierenden? Warum gibt es die Lüge der gestohlenen Wahl? Wie funktioniert das Wahlsystem? Was ist das Electoral College? Warum sind die Swing-States so entscheidend? Was ist Gerrymandering?

Wer wird gewählt?

Neben dem oder der Präsident*in der USA und dem Stellvertreter stehen das komplette Abgeordnetenhaus und ein Drittel des Senates zur Wahl. Außerdem finden beispielsweise in Washington und Missouri die Wahlen für Gouverneure statt. Das sind die Chefs der einzelnen Bundesstaaten.

Warum ist das so wichtig?

Der Präsident oder die Präsidentin der Vereinigten Staaten von Amerika gilt als die mächtigste Person der Welt. Zum einen, weil die USA eine starke Wirtschaftsmacht sind, aber vor allem aufgrund des großen Militärapparates. Der oder die Präsident*in ist sogenannte*r Commander in Chief also Befehlshaber*in über die US-Streitkräfte und als einzige*r im Land berechtigt, den Einsatz von Atomwaffen anzuordnen. Damit das jederzeit möglich ist, begleitet ihn oder sie stets ein*e Soldat*in mit dem sogenannten atomaren Football: dem Atomkoffer. Mit ihm können die Atomwaffen aktiviert werden.

US-Vizepräsidentin Kamala Harris steht neben Wolodymyr Selenskyj, dem Präsidenten der Ukraine.
US-Vizepräsidentin Kamala Harris trifft sich mit Wolodymyr Selenskyj, nach der US-Wahl ist nicht klar, wie die USA die Ukraine weiter unterstützt.

Wer sind die beiden Kandidierenden?

Für die Republikaner tritt Donald J. Trump an, ehemaliger Präsident, Immobilienmogul und 78 Jahre alt. Für die Demokraten sollte erst Joe Biden antreten, der aufgrund seines Alters von 81 Jahren, geringer Zustimmungswerte und Zweifeln an seiner Gesundheit in der Kritik stand. Die erste TV-Debatte zwischen Biden und Trump verlief so chaotisch, dass Biden seine Kandidatur zurückzog. Seine Vizepräsidentin Kamala Harris ist seitdem die Kandidatin der Demokraten. Sie ist 60 Jahre alt und arbeitete lange als Staatsanwältin und Chefanklägerin vom US-Bundesstaat Kalifornien. Unmittelbar vor ihrer Vizepräsidentschaft war sie Senatorin für Kalifornien. 

Wann ist die US-Wahl?

Traditionell ist die Wahl in den USA immer am ersten Dienstag im November. 2024 fällt sie auf den 5. November. Das kommt übrigens daher, dass Sonntage als Wahltage in der US-amerikanischen Geschichte ausgeschlossen wurde, da sie als christlich freie Tage gelten. Darauffolgede Montage brauchte die Landbevölkerung, um in die Städte zu reisen, um dann am Dienstag zu wählen. Auch wenn sich diese Notwendigkeiten mittlerweile erübrigt haben, verschob der Kongress die Wahl nie auf einen anderen Tag.

Warum gibt es die Lüge der „gestohlenen“ US-Wahl?

Die Bundesstaaten, in denen nicht so viele Menschen wohnen, sind nach der Wahl am schnellsten ausgezählt. In diesen häufig ländlichen Bundesstaaten – wie etwa Idaho oder Wyoming –wählen die Menschen tendenziell republikanisch. Dadurch werden zu Beginn der Auszählung, also am Abend der Wahl, viele Staaten für den republikanischen Kandidaten ausgerufen – bevor die Menschen ins Bett gehen. Die Auszählungen der bevölkerungsreichen Staaten wie New York oder Kalifornien dauert länger. Sie werden erst in der Nacht beendet. Meistens wählen die Menschen dort eher demokratisch.

Donald Trump, wie er als Präsident 2020 an einem online Meeting teilnimmt.
Donald Trump, hier als Präsident im Jahre 2020 zu sehen, kandidiert bei der US-Wahl in diesem Jahr erneut.

Wenn am nächsten Morgen die demokratischen Kandidat*innen führen, bietet dies einigen republikanischen Wähler*innen Anlass zu vermuten, die Wahl sei über Nacht „gestohlen“ worden. Die ist aber eine Desinformation. Nach der US-Wahl 2020 haben mehrere Gerichte festgestellt, dass die Demokraten rechtmäßig gewonnen haben. Das hindert Trump aber nicht daran, bis heute von der gestohlenen Wahl zu sprechen.

Was ist das Electoral College?

Das Electoral College ist ein Gremium, das bestimmt, wer zum oder zur nächsten Präsident*in der USA gewählt wird. Es besteht aus Delegierten der einzelnen Bundesstaaten. Wenn US-Amerikaner*innen wählen, bestimmen sie nicht direkt den oder die nächste Präsidentin, sondern legen fest, für wen ihr Staat mit seinen Wahlleuten im Electoral College abstimmt. Dort wird dann offiziell der oder die nächste US-Präsident*in gewählt.

Ins Electoral College darf jeder Bundesstaat so viele Wahlleute entsenden, wie ihn Abgeordnete im Repräsentantenhaus vertreten. Das sind für das ländliche Montana beispielsweise drei und für das dicht besiedelte Kalifornien 54 (Übersicht Wahlleute). Diese Zahlen orientieren sich zwar an den Einwohner*innenzahlen der Bundesstaaten, sind aber nicht proportional zu diesen. So repräsentiert eine Wahlperson aus Montana etwa 350.000 Wähler*innen, eine aus Kalifornien aber doppelt so viele. Das führt dazu, dass manche Stimmen mehr Wert sind als andere.

Diese Grafik zeigt wie die USA ihren Präsidenten wählen.
So läuft die Wahl des oder der Präsident*in in den USA ab. (Grafik: Kristin Müller)

Bei der Wahl am 5. November bestimmen die US-Amerikaner*innen, wen ihr Staat im Electoral College mit seinen Wahlleuten wählen soll. Die eigentliche Abstimmung findet dann am 14. Dezember statt, wenn die Wahlleute zusammenkommen. Trotzdem steht bereits nach der Wahl im November der oder die voraussichtliche Gewinner*in fest, da die Wahlleute in der Regel so abstimmen, wie es die Wähler*innen vorgeben.

Um die Präsidentschaftswahlen zu gewinnen, benötigt ein*e Kandidat*in die Stimmen von mindestens 270 der 538 Wahlleute. In fast allen Bundesstaaten gilt das Prinzip „the winner takes it all”: Gewinnt ein*e Präsidentschaftskandidat*in die Mehrheit der Stimmen, bekommt er oder sie die Stimmen aller Wahlleute dieses Staates im Electoral College. Das bezeichnen Politologen als relatives Mehrheitswahlrecht. Der oder die andere Kandidat*in geht komplett leer aus. Nur in Maine und Nebraska werden die Stimmen der Wahlleute annähernd proportional zu den Stimmen der Bürger*innen vergeben (Split Vote). Im US-amerikanischen Wahlsystem ist es deshalb auch möglich, dass ein*e Kandidat*in zwar landesweit die meisten Stimmen bekommt, die Wahl aber trotzdem verliert, wie beispielsweise Al Gore 2000 und Hillary Clinton 2016.

Was sind blaue, rote und lila Staaten?

In vielen Bundesstaaten ist bereits vor der Wahl klar, welcher der beiden Kandidaten dort gewinnt, da eine der beiden Parteien eine klare politische Mehrheit hat. Die Stimmen der Wahlleute aus Tennessee gehen beispielsweise seit Jahren an den republikanischen Präsidentschaftskandidaten. Laut aktuellen Umfragen wird das auch 2024 der Fall sein.

Erstellt mit Visme, mit Daten der New York Times vom 07.11.2024. Bundesstaaten, die von keiner Umfrage erfasst wurden, sind nach ihrem Wahlergebnis 2020 eingefärbt.

Staaten, deren Wähler*innenschaft traditionell für eine bestimmte Partei und deren Kandidat*in wählt, werden in Anlehnung an die Parteifarben als rote (republikanische) und blaue (demokratische) Staaten bezeichnet. Es gibt aber auch Staaten, in denen mal die Republikaner und mal die Demokraten gewinnen. Dort haben sowohl Harris als auch Trump noch eine Chance auf den Sieg. Diese sogenannten „Swing-States” werden auch als lila Staaten bezeichnet – einer symbolischen Mischung aus blau und rot. 

Warum sind die Swing States so entscheidend?

Das amerikanische Wahlsystem mit seinen Besonderheiten (Electoral College, Mehrheitswahlrecht) führt dazu, dass in einem Großteil der Staaten bereits feststeht, ob sie am Ende an die Demokraten oder Republikaner fallen. Beide Kandidierenden können schon jetzt mit etwa 200 Stimmen im Electoral College rechnen. 

An wen die fehlenden 70 Stimmen im Electoral College und damit der Wahlsieg geht, entscheidet sich in den Swing-States. Dadurch setzen die Wahlkampagnen auf intensive Werbung in den Swing-States und investieren dafür Millionen. Auch eine Mehrheit der Wahlkampfauftritte findet dort statt. Aktuelle Umfragen zeigen, dass in diesem Jahr sieben Staaten entscheidend sind: Pennsylvania, North Carolina, Nevada, Georgia, Arizona, Michigan und Wisconsin.

Was ist Gerrymandering?

Alle zehn Jahre werden die Wahlkreise in den einzelnen US-Bundesstaaten neu zugeschnitten – dabei teilen die regierenden Politiker*innen die Wahlkreise häufig zu ihrem eigenen Vorteil ein. Sie betreiben sogenanntes Gerrymandering und suchen sich ihre eigene Wähler*innenschaft aus. Das führt dazu, dass die Demokraten 2020 bei der Wahl für das Repräsentantenhaus die Hälfte aller Stimmen in North Carolina gewannen, aber im Kongress nur fünf der dreizehn Sitze erhielten – der Rest ging an die Republikaner (Ergebnisse der Wahl 2020).

Auf der Abbildung sind verschiedenfarbige Punkte. Je nach Zuschnitt des Wahlkreises bei der US-Wahl ist eine Partei im Vorteil, obwohl sie nicht die Mehrheit der Stimmen hat.
So funktioniert Gerrymandering. (Grafik: Kristin Müller)

Ziel beim Gerrymandering ist es, die eigene Wähler*innenschaft so auf die Wahlkreise aufzuteilen, dass möglichst viele Wahlkreise möglichst knapp an die eigene Partei gehen. Gerrymandering funktioniert zum Beispiel, indem möglichst viele Wähler*innen der gegnerischen Partei in einen einzelnen Wahlkreis gepackt werden, sodass viele der Stimmen dort „verschwendet” werden (Packing). Schließlich reicht bereits eine einzige Stimme mehr, um den Wahlkreis zu gewinnen.

Eine weitere Möglichkeit ist es, die gegnerische Wähler*innenschaft auf möglichst viele Wahlkreise aufzuteilen, sodass sie in möglichst wenigen Kreisen eine Mehrheit erreicht und die eigene Partei immer mit knappen Mehrheiten gewinnen kann (Cracking).

Ein Staat, in dem Gerrymandering zu einem Problem geworden ist, ist North Carolina. Hier zogen die Republikaner 2011 die Grenzen so, dass ein Großteil der Schwarzen Wähler*innenschaft in einen einzigen Wahlkreis fiel. Gerichte erklärten die Vorgehensweise später wegen „Racial Gerrymandering” als verfassungswidrig.

2016 schnitten die Republikaner die Wahlkreise neu zu und betrieben diesmal parteipolitisches Gerrymandering: Viele demokratische Wähler*innen wurden in wenigen Wahlkreisen zusammengefasst. Dadurch gewannen die Rebuplikaner in den überbleibenden Wahlkreisen.

2019 entschied das Gericht dann im Fall von North Carolina, dass künftig der Zuschnitt der Wahlkreise vor Gericht überprüft werden kann. Auch andere Bundesstaaten wie Arizona haben die Regeln inzwischen geändert. Dort bilden Kommissionen die neuen Wahlkreise und nicht die regierenden Politiker*innen.

Was passiert bei einem Electoral Collage Tie”?

Für den Fall, dass beide Kandidierenden 269 Stimmen auf sich vereinen, kommt es zum sogenannten „Electoral Collage Tie”. Das bedeutet, dass in der Wahl kein Präsident bestimmt werden konnte. Die Entscheidung trifft dann der Kongress in Form einer „contingent election“. Das Repräsentantenhaus wählt die oder den Präsident*in, der Senat den Vizepräsident.

In der Geschichte der USA ist dies erst ein einziges Mal passiert. Kurz nach der Gründung  stimmten 1800 die Abgeordneten zwischen Aaron Burr und Thomas Jefferson ab. Sie wählten Thomas Jefferson zum dritten Präsidenten der vereinigten Staaten. Für die US-Wahl in diesem Jahr ist das Szenario nach aktuellen Umfragen eher unwahrscheinlich.

Gegensätze ziehen Kristin Müller, geboren 2001 in Ulm, regelrecht an. Sie wuchs in Baden-Württemberg auf, spricht allerdings kein Schwäbisch, trinkt gerne Guinness, mag aber eigentlich kein Bier und hat sich tierisch über den Cliffhanger aus Crescent City aufgeregt – nur um den nächsten Band nicht zu lesen. Nach ihren journalistischen Anfängen bei der Walsroder Zeitung landete sie während des Studiums im Community Management des Stadtportals “bremen.de” und bei der Social Media Agentur Himmelrenner. Für den Master wurde die selbsterklärte Bremen-Liebhaberin schließlich zur Wahl-Hamburgerin. Kein Gegensatz, wie Kristin findet.
Kürzel: mü

Till Tognino, Jahrgang 2000, auf Bumble auch als der Junge mit dem „Colgate Lächeln“ bekannt, wollte eigentlich Goldschmied werden. Am Ende wurde es dann aber doch ein Journalismusstudium in seiner Heimat Magdeburg. Und siehe da - it’s a match. Seitdem schmiedet Till statt Goldketten lieber pointierte Texte. Mal für das MDR Fernsehen, dann für namibische Radiosender oder eine deutschsprachige Wochenzeitung in Spanien. Als selbsternannter „Politik-Nerd“ konnte er schon mit 13 alle Minister*innen aus Angela Merkels damaligem Kabinett aufzählen. Wenn er nicht gerade jemandem erklärt, was ein Überhangmandat ist, fotografiert er gerne. Lieblingsmotive: Papageien und Frösche aus Costa Rica, wo er acht Monate lang in einem Nationalpark gearbeitet hat. Kürzel: tog

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