Ist zu Hause dort, wo wir aufgewachsen sind – oder dort, wo wir uns gerade wohlfühlen? In den Zwanzigern leben wir in einem ständigen Wandel: neue Uni, neue Arbeit, neue Menschen. Wie finden wir da einen Ort, der mehr als nur eine Adresse ist?
Titelbild: Illustration von Alina Uhrich, Icon: Illustration von Elizaveta Schefler
Laut Definition von Oxford Languages ist Heimat ein „Land, Landesteil oder Ort, in dem man [geboren und] aufgewachsen ist oder sich durch ständigen Aufenthalt zu Hause fühlt.“ So weit, so einleuchtend. Doch was ist, wenn die Heimat nicht mehr das Zuhause ist?
Heimat. Ein Wort, das in uns allen etwas auslöst. Für manche ein Gefühl von Geborgenheit, für andere lediglich ein Fleck auf der Landkarte. Manche von uns kehren immer wieder in die Heimatstadt oder das Heimatdorf zurück. Andere trennen sich bewusst von ihrer Herkunft, auf der Suche nach neuen Horizonten, neuen Chancen, neuen Identitäten.
Mich beschäftigt die Zukunft einfach sehr – Wo man landen wird. Was und wo wird mein zu Hause sein? Fühle ich mich da wohl? – Lea, 26
Mein Zuhause im Wandel
Selbst schuld, oder? Schließlich hätte ich auch einfach zu Hause bleiben können. Tja, ganz so leicht ist das eben nicht. Ich glaube, es gibt einen klaren Unterschied zwischen dem Zuhause und der Heimat: Auch wenn ich mich in meiner Heimat zu Hause fühle, heißt das noch lange nicht, dass mein Zuhause auch meine Heimat sein muss.
So sehr ich die Nähe zu meiner Heimat liebe, brauche ich auch die Freiheit, eigene Wege zu gehen. Die Möglichkeit, neue Orte zu entdecken, neue Menschen kennenzulernen und dabei Stück für Stück herauszufinden, wer ich eigentlich bin.
Es ist mehr als nur ein Ort
Nähe und enge Verbundenheit muss ja nicht immer physisch sein. Ich denke, jede und jeder, der schon einmal von einem geliebten Ort weggezogen ist, kennt dieses Gefühl: die Distanz, die schmerzt, und doch auch die Hoffnung, dass das Neue sich ebenfalls wie Zuhause anfühlen kann.
Ein Zuhause entsteht durch Geborgenheit und durch die Freude, die wir dort empfinden – ein Gefühl, das oft untrennbar mit den Menschen verbunden ist, die diesen Ort mit uns teilen. Es kann überall dort entstehen, wo ich die Sicherheit habe und das Vertrauen spüre, so angenommen zu werden, wie ich bin. Und das kann eben an mehreren Orten sein: in der Heimat, in der WG, an einem Urlaubsort, im Haus der Großeltern, in der Wohnung von Freund*innen. Was Zuhause bedeutet und wo wir es finden, entscheidet jede und jeder für sich selbst.
Serie „Aus den 20ern“
FINK.HAMBURG hat Personen unter dreißig befragt, welche Themen sie gerade beschäftigen. Diesen Themen wurde jeweils eine Folge der Serie gewidmet – um sie zu diskutieren, Lösungsansätze zu bieten und einen Raum zu kreieren. Lea (26) hat gesagt: “Mich beschäftigt die Zukunft einfach sehr – Wo man landen wird. Was und wo wird mein zu Hause sein? Fühle ich mich da wohl?“
Die Serie erscheint jeden Donnerstag hier auf FINK.HAMBURG.
Forschende der Jacobs University haben einen Heimatindex entwickelt, der Heimatverbundenheit in Deutschland misst. Eine repräsentative Umfrage ergab, dass diese mit 72 von 100 Punkten hoch ist. Heimatverbundenheit stärkt gesellschaftlichen Zusammenhalt und steigert Lebenszufriedenheit, besonders bei Menschen mit Migrationshintergrund. Faktoren wie Sesshaftigkeit, niedrige Bevölkerungsdichte und Wirtschaftsstruktur beeinflussen sie maßgeblich.
Es ist übrigens völlig okay, wenn es manchmal schwerfällt, dieses Gefühl von Zuhause zu finden. Besonders in Zeiten, in denen sich vieles verändert – der Job, die Menschen um uns herum oder auch wir selbst. Unsere Bedürfnisse, Werte und Dinge, die uns wichtig sind, verändern sich mit der Zeit.
Wo mein Herz wohnt
Ist Hamburg mein Zuhause für immer? Ganz ehrlich, keine Ahnung. Im Moment würde ich sagen: ja. Aber es kann so viel passieren, dass die Antwort darauf sich jederzeit ändern kann. Es wird immer wieder Phasen geben, in denen ich mich frage, ob ich alles habe, was ich brauche und ob ich wirklich angekommen bin.
Es ist okay, sich irgendwo wohlzufühlen und gleichzeitig etwas zu vermissen. Man kann glücklich sein und trotzdem Sehnsucht haben. Vielleicht ist genau das der Punkt: Zu erkennen, dass das Zuhause kein fixer Ort ist, sondern etwas, das sich mit uns verändert und wächst. Dann erkennt man auch, wie viele Orte es gibt, an denen das Herz zu Hause sein kann.
Auf dem Laptop von Annika Eifert, Jahrgang 1999, sind schon viele Flüssigkeiten gelandet – Kaffee, Früchtetee, Nagellackentferner. Die gebürtige Hessin studierte in Erfurt Kommunikationswissenschaft und Management. Während dieser Zeit leitete sie das Non-Profit-Onlinemagazin „UNGLEICH“, das die Lebensqualität im Osten hervorhebt. Ein Praktikum im Social-Media-Team von „OMR 5050“ brachte sie schließlich nach Hamburg. Sie selbst nennt sich „TikTok Opfer“ und ist für jeden Trend zu haben. Bildschirmzeit? Bleibt ihr Geheimnis. Ihr Laptop ist immer noch in ständiger Gefahr – und deshalb gut versichert. Kürzel: ika