Mehr als nur Symbole: Ein Gespräch über Emojis und ihre Geschichte

Ein Interview mit einer Comic-Künstlerin

Illustratorin Karla-Jean v. Wissel arbeitend in einem Schaufenster.
Illustratorin Karla-Jean v. Wissel. Foto: Fritz Heydt

Karla-Jean von Wissel ist eine Kölner Illustratorin und Comic-Künstlerin. In ihrer ersten Graphic Novel “Face with Tears and Joy” beschäftigt sie sich mit Emojis und ihrer Bedeutung für unsere Kommunikation.

FINK.HAMBURG: Wieso hast du das Thema Emojis in Form einer Graphic Novel bearbeitet?

Portrait von Graphic-Novel Autorin Karla Jean v. Wissel
Illustratorin Karla-Jean v. Wissel. Foto: Fritz Heydt

Karla-Jean v. Wissel: Ich zeichne, um Dinge zu verstehen. Ich schreibe direkt auf, was ich gelernt habe, und zeichne dann dazu, um die Informationen für mich und hoffentlich auch für die Leserinnen und Leser verständlicher zu machen. Außerdem gefällt mir der erzählerische Ansatz bei der Vermittlung von Informationen. Die Graphic Novel als Form ist spannend, weil sie Text und Bild kombiniert, ähnlich wie eine Textnachricht mit Emojis, aber viel freier und kreativer ist.

Warum hast du dich für Emojis entschieden?

Karla-Jean v. Wissel: Ich finde es sehr spannend, bereits Bekanntes und Akzeptiertes in Frage zu stellen. Jede*r mit einem Smartphone hat Emojis auf dem Handy, und sie werden weltweit genutzt. Dabei fragt man sich kaum noch, woher sie kommen und was eigentlich dahintersteckt.

Und was steckt dahinter?

Karla-Jean v. Wissel: Historisch gesehen kommen Emojis aus Japan und dort aus der Manga-Kultur, wo sehr viel mit der Darstellung von Emotionen experimentiert wird. Besonders spannend finde ich die Gefühlsausdrücke der Chibi-Figuren im Manga – kleine Charakter-Versionen, die fast ausschließlich aus Emotionen bestehen. Viele dieser Ausdrücke und Symbole wurden in Emojis integriert. Später kamen amerikanischen Einflüsse dazu und mit dieser Geschichte beschäftige ich mich in meinem Buch.

Illustration aus dem Graphic Novel "Face with Tears and Joy".
Illustration aus dem Graphic Novel “With Tears and Joy”. Illustration: Karla-Jean v. Wissel

In deiner Graphic Novel schreibst du zum Beispiel auch darüber, wie Emojis unsere Kommunikation beeinflussen. Woher kommt unser Bedürfnis, Online-Texte mit Bildzeichen auszuschmücken?

Karla-Jean v. Wissel: Im wirklichen Leben kommunizieren Menschen nicht nur durch Sprache, sondern auch durch Mimik und Gestik. Die fehlt in der Online-Kommunikation, wie zum Beispiel auch Tonalität. Emojis bieten hier eine zusätzliche Ebene zum Text, können aber nicht alles vermitteln, was im analogen Gespräch passiert. Mit Emojis lassen sich bis zu einem Grad Missverständnisse vermeiden und die Kommunikation individualisieren und ausschmücken.

Wie wichtig sind Emojis für deine persönliche Kommunikation?

Karla-Jean v. Wissel: Mit Freunden sind sie für mich wichtig, weil ich meine Freunde so nochmal auf eine andere Art und Weise kennenlernen. Es ist spannend, wie Emojis von verschiedenen Menschen unterschiedlich interpretiert werden. Zum Beispiel wirkt der Zwinker-Smiley auf manche arrogant, darüber habe ich mir noch nie Gedanken gemacht.

Was ist dein Lieblings-Emoji?

Karla-Jean v. Wissel: Die zwei Blätter, die aus der Erde wachsen. Für mich ist das sehr metaphorisch, optimistisch und naturverbunden.

Graphic Novel "Face with Tears and Joy" liegt auf braunem Hintergrund.
Graphic Novel “With Tears and Joy”. Foto: Ankerwechsel Verlag

Warum ist die Hinterfragung von Emojis spannend?

Karla-Jean v. Wissel: Emojis zum Beispiel sind nicht so demokratisch, wie man meinen könnte. Man würde erwarten, dass sie aus der Gesellschaft kommen und sich von selbst so entwickelt haben, wie wir sie heute kennen. Aber dahinter stecken große Tech-Konzerne, die über unsere Emojis und ihr Design entscheiden, also auch darüber, ob Pommes wie von McDonald’s aussehen oder nicht.

Und wie fand die Graphic Novel ihren Weg zum Ankerwechsel Verlag?

Karla-Jean v. Wissel: Ich habe ein Thema für meine Masterarbeit gesucht. Dann gab es in Hamburg eine Ausstellung im Billekraftwerk in Hammerbrook. Dort habe ich Zeichnungen ausgestellt und auch das Buch meiner Thesis dazu gelegt. Da hat es Harriet Dohmeyer vom Ankerwechsel Verlag gesehen und mich auf Instagram angeschrieben. Das Sachcomic war damals noch auf Englisch und textlastiger. Es wurde dann sozusagen zum Prototypen für das jetzige Buch, an dem wir die folgenden zwei Jahre gearbeitet haben.

Mit einem Bachelorabschluss in Tourismusmanagement liegt ihr Fernweh nahe: Patricia Zippel, Jahrgang 1997, hat schon alle Kontinente bereist - nur Australien fehlt ihr noch. In Hamburg ist sie schon seit 2020. Für das Netzpiloten Magazin produzierte sie hier einen Podcast über Themen wie digitale Kunst oder nachhaltige Handys. Danach absolvierte sie ein Redaktionsvolontariat bei dem Magazin “Flow”. Sprachlich bleibt Patricia ihrer Geburtsstadt Gera treu. Nischel, Ganker oder Konsum - typisch ostdeutsche Wörter sammelt sie mit einer Freundin in einer Whatsapp-Gruppe. Ihr Plan: Diese ins Norddeutsche schmuggeln, vielleicht auch auf die FINK-Website. Kürzel: zip

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