Am G20-Gipfel nahmen nicht nur Staats- und Regierungschef teil, sondern auch NGOs. FINK.HAMBURG hat mit der Unicef Botschafterin Muzoon Almellehan und Christian Schneider (Geschäftsführer von Unicef Deutschland) über ihre Ziele und Aufgaben beim Gipfel in Hamburg gesprochen.
Muzoon Almellehan ist die jüngste Botschafterin von Unicef. Im Jahr 2013 floh sie mit ihrer Familie aus Syrien. Muzoon lebte für drei Jahre in einem Flüchtlingscamp, wo sie sich schon mit Unicef für die Rechte von Kindern einsetzte. Mit ihren Eltern und Geschwistern lebt sie mittlerweile in Großbritannien.
Was ist deine Hauptaufgabe beim G20-Gipfel?
Muzoon Almellehan: Meine Aufgabe ist es, die Kinder als Unicef-Botschafterin zu repräsentieren. Ich möchte mich auf ihre Bedürfnisse fokussieren. Bildung ist für Kinder in Not mit das Wichtigste. Die Regierungschefs müssen das Thema Bildung ganz oben auf die Agenda des G20-Gipfels setzen. Bildung gibt uns Stabilität. Sie befähigt Kinder und ermöglicht ihnen, die Länder zu unterstützen, in denen sie leben.
Wie bist du in den Gipfel eingebunden? Was ist deine Position?
M. A.: Ich hatte hochrangige Treffen, in denen ich zu dem Thema “Bildung” sprechen und meine eigene Geschichte erzählen konnte. Ich war bei dem Global Citizen Festival und habe vor sehr vielen Menschen eine Rede über Flüchtlinge gehalten. Bildung ist für sie sehr wichtig. Ich hoffe, dass ich diese Botschaft dem Publikum durch meine Geschichte vermitteln konnte. Außerdem habe ich den norwegischen Premierminister getroffen sowie Angela Merkel. Mit ihr habe ich gestern gesprochen und sie war toll. Sie hat mir die Möglichkeit gegeben über meine Vergangenheit und Arbeit als Unicef-Botschafterin zu reden. Heute Morgen hatte ich ein Treffen mit Mark Rutte, dem niederländischen Premierminister.
Darfst du an den Treffen während des Gipfels teilnehmen?
M. A.: Nein, aber wir konnten bilaterale Treffen und Interviews organisieren, um unsere Botschaft zu verbreiten. Und natürlich nutzen wir auch die sozialen Medien. Wir haben ein Facebook Live-Event gemacht. Auf diesem Weg versuchen wir, unsere Botschaften und Forderungen in die Öffentlichkeit zu tragen.
Was ist dein Hauptanliegen als Unicef Botschafterin?
M. A.: Mein größtes Ziel ist, Kinder in Not zu beschützen. Auch die Kinder die durch Krieg, Konflikte, Armut, Gewalt und den Klimawandel betroffen sind, brauchen Unterstützung. Meine Aufgabe ist es, diese Kinder zu unterstützen, über sie zu reden und die Regierungschef zu überzeugen, dass sie ihnen helfen.
Konntest du Angela Merkel mit deiner Botschaft überzeugen?
M.A.: Ja. Sie war bei unserem Gespräch sehr interessiert an dem Thema Bildung. Sie hat mir versprochen, dass sie tut, was sie kann. Deutschland hat Flüchtlinge schon toll unterstützt und ihnen viele Möglichkeiten gegeben. Das Land setzt sich auch sehr für die Bildung von Flüchtlingen ein. Ich wünsche mir, dass auch andere Länder Flüchtlingen helfen und eine Unterstützung anbieten, wie Deutschland es macht. Ich hoffe, dass Deutschlands Umgang mit der Situation ein positives Beispiel ist.
In welcher Art und Weise ist Unicef beim G20-Gipfel involviert?
Christian Schneider: Wie Muzoon schon gesagt hat, sind wir hier mit einem klaren Ziel hergekommen. Das Ziel ist Bildung. Bildung ist ein Punkt unseres Sechs-Punkte-Plans, den wir im Vorfeld zu G20 veröffentlicht haben. Wir wollen mit unserem Plan auf die Situation von Kindern in Krisen- und Fluchtsituationen aufmerksam machen. Das fängt mit dem Schutz für jedes Kind in Syrien, auf der Flucht in Libyen oder Jordanien und in Aufnahmeländern wie Deutschland oder Großbritannien an. Als zweites fordern wir von den Regierungschefs, dass sie für jedes Kind Bildung ermöglichen. Vor allem für Kinder in Notsituationen. Eine Forderung ist auch, dass jedes Kind das Recht hat, mit seiner Familie vereint zu sein. Muzoon ist in der glücklichen Situation, dass sie zusammen mit ihrer Familie aus Syrien geflohen ist. Die G20-Agenda muss auch um Maßnahmen gegen Homophobie und zur Bewältigung von Fluchtursachen ergänzt werden. Wir bitten die Regierungschefs darum, dass sie ihre diplomatischen Gespräche über die Situation in Syrien, im Süd Sudan, in Somalia und anderen Krisenregionen fortsetzen. Es muss auch mehr in den Kampf gegen Armut investiert werden. In einer Studie haben wir unlängst gezeigt, dass viele Kinder und ihre Eltern fliehen, weil sie keinen oder wenig Zugang zu Bildung haben. 38 Prozent der Kinder sagen, dass sie nicht zur Schule gehen können und ihnen viele Jahre in der Schule fehlen.
Viele NGOs kritisieren den G20-Gipfel. Warum nimmt Unicef teil?
C.S.: Momentan können wir nicht sicher sein, dass alle Länder eine gemeinsame globale Agenda haben. Wir stehen vor vielen Herausforderungen, deswegen müssen wir jede Möglichkeit wahrnehmen, wenn sich die Regierungschefs treffen. Beim G20-Gipfel kommen wichtige Staatschefs zusammen, um auf weltweite Probleme aufmerksam zu machen und Lösungen zu finden. Und Bildung ist eine davon. Wenn wir es nicht schaffen, das Thema Bildung auf die Agenda zu bringen, wird es schwierig. Das Treffen in Hamburg ist eine einzigartige Möglichkeit für Unicef und andere NGOs, unsere Lösungen und Vorschläge vorzubringen. Was die Staats- und Regierungschefs hier besprechen, hat Konsequenzen für die junge Generation. Die G20-Länder repräsentieren zwei Drittel der Weltbevölkerung. Unicef und Muzoon als Botschafterin für Unicef vertreten die Kinder, die ein Drittel der Weltbevölkerung ausmachen. Sie spüren wahrscheinlich die meisten Konsequenzen der politischen Entscheidungen. Wir denken: Es ist wichtig, dass sich die G20-Länder treffen und über Probleme diskutieren. Es ist aber ebenso wichtig, dass die Stimme der zivilen Gesellschaft, von Organisationen wie Unicef und Botschaftern wie Muzoon gehört wird.
Das Interview wurde auf Englisch geführt. Die englische Originalversion gibt es hier.