Trecker fahren, Honig selber machen oder mit der Natur in Kontakt kommen: Auf Hamburger Bauspielplätzen können Kinder mit Holz bauen, spielen und sich ausprobieren.
Blauer Himmel, summende Bienen und selbstgebaute Hütten: Auf dem Bauspielplatz Mümmelmannsberg können Kinder aus dem Bezirk seit 1993 spielen und selbst aktiv werden. Fast 30 solcher Angebote gibt es in Hamburg für Familien und Kinder zwischen 6 und 14 Jahren.
Die Kinder spielen und bauen dort nicht nur. Hinter den Aktivitäten steht ein pädagogisches Konzept. Eigenständiges Handeln, das Ausschöpfen des eigenen Könnens und Sozialkompetenz sollen vermittelt werden. Ein festes Programm gibt es nicht, jedes Kind kann Ideen einbringen, die Pädagog*innen vor Ort helfen bei der Umsetzung.
FINK.HAMBURG hat sich von Yando Braun, einem Pädagogen des Bauspielplatzes, erklären lassen, wie das alles funktioniert.
Zur Person
Yando Braun ist gelernter Erzieher und arbeitet seit zwei Jahren als einer von drei Hauptberuflichen auf dem Bauspielplatz. Seit 2011 ist er mit dem Platz vertraut. Er baut, malt und bastelt normalerweise mit bis zu 50 Kindern täglich. Wegen der Coronapandemie sind es momentan weniger.
FINK.HAMBURG: Was genau ist ein Bauspielplatz?
Yando Braun: Wir machen hier offene Kinder- und Jugendarbeit. Die Kinder kommen, wenn sie Lust haben. Sie können Werkzeuge ausleihen, Hütten bauen und spielen, während wir das pädagogisch betreuen. Hier wird nicht geschimpft und Worte wie “Digga” haben hier Hausverbot. Auch auf “Hallo”, “Tschüss”, “Bitte” und “Danke” legen wir Wert. Wir schauen, dass alle gut miteinander umgehen, sich sicher fühlen und frei entfalten können.
Wer ist für den Bauspielplatz verantwortlich?
Wir drei Pädagog*innen sind bei der Aktionsgruppe Kaltenbergen e.V. angestellt. Das ist ein freier Träger, der den Platz im Auftrag der Stadt Hamburg betreibt. Das Grundstück ist, soweit ich weiß, von der Stadt gepachtet, alles darauf gehört dem Verein. Einmal jährlich erhalten wir Gelder durch das Jugendamt. Wir haben zudem Ehrenamtliche, die in den Ferien oder einen Tag die Woche aushelfen und die wir nach Bedarf einsetzen.
Gibt es für die Kinder, die hier sein dürfen, eine Altersgrenze?
Das Kernalter ist von sechs bis 14 Jahren. Jüngere Kinder dürfen in Begleitung der Eltern kommen. Unser Einzugsgebiet ist Mümmelmannsberg. Hier ist das Publikum sehr gemischt und es macht viel Spaß, weil die Kinder sich auch gegenseitig viel beibringen. Uns ist wichtig, dass wir langfristig mit den Kindern zusammenarbeiten, weshalb vorrangig nur Kinder aus dem Einzugsgebiet hier sein sollen. Manchmal kommen auch Schulklassen aus Barmbek zu uns, dabei muss der Platz für unsere Stammkinder aber geöffnet bleiben. Den Platz für sich alleine mieten kann man nicht.
Die Kinder sollen ihre Umwelt besser wahrnehmen und selbst aktiv werden
Was kann man hier alles machen?
Es gibt nummerierte Hütten für die Kinder, die wirklich jede Woche hier sind. Aber wir haben auch Hütten für die Allgemeinheit, an denen alle bauen dürfen. Außerdem gibt es hier eine Fahrradwerkstatt. Wir haben Werkbänke, Obst- und Gemüsebeete, ein Gewächshaus, Bienenstöcke und Spiele. Wir machen Ausflüge und ein- bis zweimal die Woche Lagerfeuer. Die Kinder sollen auch eigene Projekte umsetzen. Momentan wird ein Haus gebaut, das auf dem Kopf steht. In den Ferien haben wir Themenwochen. Zum Beispiel zum Thema “Wasser”. Dann gehen wir Kanu fahren oder bauen einen neuen Tisch an unserer Wasserpumpe.
Klingt nach viel Freiraum. Was sollen die Kinder hier mitnehmen?
Sie sollen Erfolgserlebnisse haben, merken, wie viel sie selbst erreichen können und lernen, im Team zu arbeiten. Es geht hier auch um ein gutes Miteinander – auch wenn man den ein oder anderen vielleicht nicht so mag. Und sie sollen Sachen erleben, die in der Großstadt nur schwer möglich sind. Ich selbst bin auf dem Land großgeworden, habe im Wald gespielt und konnte in der Natur toben. Bauspielplätze ermöglichen Großstadtkindern diese Erfahrungen.
Können Eltern hier auch dabei bleiben?
Unter sechs Jahren müssen Kinder sowieso begleitet sein. Für Mütter und Frauen haben wir einmal die Woche ein Café, wo sie sich treffen und austauschen können. Momentan geht das leider wegen Corona nicht. Ansonsten kommen Eltern eher selten. Wir verbieten es zwar nicht. Aber Eltern, die ihre Kinder auf Schritt und Tritt begleiten, versuchen wir klarzumachen, dass die Kleinen schon selbstständig agieren können.
Viel Freiheit, aber auch feste Regeln
Stichwort: Helikopter-Eltern und Rasenmäher-Eltern also. Letzterer Begriff meint Eltern, die ihren Kindern jedes Hindernis aus dem Weg räumen. Wie geht ihr damit um?
Wir haben solche Eltern zum Glück selten. Falls doch, weisen wir darauf hin, wie wichtig Selbstständigkeit für die Entwicklung ist. Oder wir verwickeln sie auch mal in Gespräche, damit die Kinder losziehen können.
Hier darf getobt und gehämmert werden. Ist das nicht gefährlich?
Wir zeigen den Kindern die Gefahren von Anfang an auf. Und wir machen ihnen klar, wie sie damit umgehen. Zudem gibt es feste Regeln. Es wird auf dem Platz nicht gerannt und getobt – dafür gibt es die Wiese oder den Spielplatz nebenan. Die Kinder erzählen das den anderen Kindern und so übernehmen die Kleinsten schon Verantwortung. Natürlich kann es mal sein, dass ein Nagel aus einem Brett hervorschaut. Für so etwas sensibilisieren wir die Kinder aber. Wenn die Kinder öfter kommen, lassen wir uns die Telefonnummer der Eltern geben, damit wir sie erreichen können, falls etwas passieren sollte.
Hier geht es aber bestimmt nicht nur friedlich zu. Wie geht ihr mit Konflikten um?
Wenn ein Kind eine gelbe Karte für ein Fehlverhalten bekommen hat und immer noch rumstänkert, dann muss es fünf Minuten auf die Bank. Ansonsten holen wir alle Beteiligten an den Tisch und suchen das Gespräch. Das ist ganz essenziell. Alle Kinder sollen sich hier frei und unbeschwert bewegen können und das geht nur, indem man sich an unsere Regeln hält. Richtige Problemkinder haben wir hier selten. Die meisten nehmen unser Angebot und die Regeln wirklich gut an und sind froh, hier sein zu können.
Wie war es für euch ohne die Kinder während der Coronapandemie?
Wir konnten uns selbst mal wieder ausprobieren und schauen, was man mit den Kindern basteln und werkeln kann. Außerdem gibt es auf dem Platz immer was zu tun. Wir müssen ja auch die Buchhaltung machen oder einfach das Gelände in Stand halten. Stand jetzt dürfen wieder zwölf Kinder kommen. Sonst hatten wir bis zu 50 Kinder gleichzeitig hier. Der Verwaltungsaufwand auch wirklich hoch. Seit Corona haben wir noch ein paar Listen mehr, die geführt werden müssen.
Auf dem Jugendserver Hamburg finden Interessierte mehr Informationen rund um Hamburgs Bauspielplätze.