Statt auf sogenannten Altlastflächen tausende Wohnungen zu bauen, beerdigt der Senat still und heimlich ein entsprechendes Förderprogramm. Das ist der falsche Weg. Ein Kommentar von Luca Bradley.
In Hamburg fehlen laut dem Mieterverein 50.000 Wohnungen. Gebaut wurden im letzten Jahr 9234. Wer bei diesen Zahlen von einem „sehr erfreulichen Ergebnis für alle, die eine Wohnung suchen” spricht, muss Bausenatorin sein. Vielleicht hatte Karen Pein (SPD) einfach nicht auf dem Schirm, wie viele Wohnungen auf sogenannten Altlastflächen gebaut werden könnten: Ungefähr 21.500 sollen es laut der Stadt sein. Gemeint sind Flächen, auf denen früher beispielsweise Tankstellen oder Industrieanlagen standen und die deshalb teilweise noch mit Schadstoffen kontaminiert sind.
Ob dort Wohnungen gebaut und der angespannte Hamburger Wohnungsmarkt entlastet werden kann, hängt davon ab, wie stark die Flächen verunreinigt sind. Das müssen Fachleute prüfen, was in den letzten Jahren extrem teuer geworden ist. Deshalb ist je nach Fläche fraglich, ob sich dort der Wohnungsbau lohnt. Laut CDU-Umweltexperte Sandro Kappe hätte man beispielsweise in Farmsen für 400 Wohnungen auf Altlastflächen 400 Millionen Euro ausgeben müssen.
Bürgerschaft nicht vom Senator informiert
Was helfen würde? Ein Förderprogramm der Stadt, das Privatleute nicht mit diesen Kosten alleine lässt. Ein entsprechendes Konzept hatte die Hamburgische Investitions- und Förderbank zusammen mit der Umweltbehörde entwickelt. Schade nur, was erst durch eine Kleine Anfrage Kappes herauskam: Umweltsenator Jens Kerstan (Die Grünen) hat das Förderprogramm begraben, ohne die Bürgerschaft darüber zu informieren. Stattdessen „wurde die individuelle Beratung als zielführendes Instrument identifiziert”, teilt die Pressestelle der Umweltbehörde auf Nachfrage von FINK.HAMBURG mit.
Wie diese Beratung genau aussehen soll, ist derzeit noch offen. Genauso wie die Höhe der finanziellen Förderung. Dabei heißt es selbst aus der Umweltbehörde: „Altlastflächen bergen häufig ein finanzielles Risiko, vor dem Investoren zurückschrecken.” CDU-Politiker Kappe hält von dem neuen Ansatz auf Nachfrage nicht viel: „Das Argument ,Beraten ist besser als fördern´ finde ich erschreckend.” Und das ist richtig.
34 Millionen Quadratmeter für Wohnungsbau
Sicherlich ist individuelle Beratung sinnvoll. Aber wer lässt sich überhaupt beraten, wenn die Stadt nicht vorab klarmacht, dass Interessent*innen Gutachten und Sanierung nicht größtenteils selbst zahlen müssen? Das ursprüngliche Förderprogramm sah vor, dass die potenziellen Eigentümer*innen die Hälfte dieser Ausgaben zurückbekommen. Ob das im neuen Programm ähnlich ist — unklar.
Was auch ärgerlich ist: Statt sich intensiver mit Altlastflächen zu beschäftigen, werden Grünflächen wie in Oberbillwerder bebaut. Das mag günstiger sein und lässt sich vielleicht schneller umsetzen. Aber ist das wirklich der richtige Weg?
So liegen in Hamburg weiterhin Altlastflächen brach, die insgesamt so groß wie 4.700 Fußballfelder sind — also 34 Millionen Quadratmeter. Manche davon sind relativ klein und einige eventuell zu stark kontaminiert für den Wohnungsbau. Doch wer selbst schon mit über 21.000 potenziellen Wohnungen auf Altlastflächen rechnet, muss sich viel stärker dafür einsetzen, dass diese Wohnungen auch gebaut werden.
Luca Bradley, Jahrgang 1998, hätte fast Louis geheißen, weil sein Vater Louis Armstrong so liebt, doch seine Mutter legte ihr Veto ein. Luca stammt aus Dormagen, aber mindestens eine Hälfte seines Herzens schlägt für das Geburtsland seines Vaters, England. Er liebt eigentlich jede Art von Musik, außer Schlager und Metal. Luca spielt zwar nicht Trompete wie Louis Armstrong (und nur miserabel Horn), singt aber in einer Big Band und auf Hochzeiten, spielt Gitarre und Klavier. In Düsseldorf studierte er Sozialwissenschaften und startete währenddessen seinen eigenen Musik-Podcast – natürlich über alles außer Metal und Schlager. (Kürzel: luc)