Gericht verurteilt Bundesregierung

Zu wenig Klimaschutz

Aktivisten mit Masken von Wirtschaftsminister Habeck (l-r), Bauministerin Geywitz, Bundeskanzler Scholz und Verkehrsminister Wissing protestierten vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin.
Aktivisten mit Masken von Wirtschaftsminister Habeck (l-r), Bauministerin Geywitz, Bundeskanzler Scholz und Verkehrsminister Wissing protestierten vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin. Foto: Sebastian Christoph Gollnow/dpa

Die Umsetzung der Klimaziele in Deutschland reicht laut eines Urteils nicht aus. Vor allem bei Verkehr und Gebäuden muss die Regierung sofort handeln — stattdessen prüft sie, ob sie Revision einlegt. 

Neuer Rückschlag vor Gericht für die Ampel-Regierung: Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat die Bundesregierung dazu verurteilt, Sofortprogramme für mehr Klimaschutz im Verkehr und bei Gebäuden aufzulegen. Das Gericht gab am heutigen Donnerstag Klagen der Deutschen Umwelthilfe und des Umweltverbands BUND statt. Die Kläger forderten sofortiges Handeln, etwa mit einem Tempolimit. Die Bundesregierung prüft derweil, in Revision zu gehen. Das Bundeswirtschafts- und Klimaschutzministerium von Robert Habeck (Grüne) teilte der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage mit, dass die Bundesregierung die Urteile und Begründungen im Einzelnen auswerte und prüfe.

Klimaziele werden bisher nicht erreicht

Bei der Verurteilung geht es um das Klimaschutzgesetz, das derzeit für jeden Sektor jährliche Ziele zur Senkung der schädlichen Treibhausgase vorschreibt. Werden diese in einzelnen Sektoren verfehlt, muss laut Paragraf 8 des Gesetzes das jeweils zuständige Ministerium mit einem Sofortprogramm gegensteuern. 2022 wurden die Ziele für Verkehr und Gebäude verfehlt. Die Lage ist aber kompliziert: Die Ampel-Koalition hatte bereits abgesprochen, genau die jetzt vor Gericht umstrittenen Klauseln zu ändern.

Das Gericht stellte nun fest, dass die Bundesregierung mit zusätzlichen Maßnahmen gegensteuern muss, um die Klimaziele für die Jahre 2024 bis 2030 sicher zu erreichen. Die Vorsitzende Richterin Ariane Holle legte in der mündlichen Begründung dar, dass die Regierung zwar im Oktober 2023 als Reaktion auf die zu hohen Emissionswerte ihr Klimaschutzprogramm ergänzt habe. Das sei aber ein eher mittel- bis langfristiges Instrument. Das im Gesetz geforderte Sofortprogramm sei etwas anderes. Das Sofortprogramm sei als konkrete Reaktion auf eine Zielverfehlung vorgesehen, um die Erfüllung der Ziele in den folgenden Jahren sicherzustellen, begründete die vorsitzende Richterin das Urteil. Das Argument der Bundesregierung, die Klage sei gar nicht zulässig, wies das Gericht zurück.

Koalition will jährliche Klimaziele für Sektoren abschaffen

Die Koalition will mit der verabredeten Änderung der jetzt vor Gericht umstrittenen Klauseln sicherstellen, dass nicht mehr für jeden Sektor verpflichtende Jahresziele umzusetzen sind, sondern dies nur noch für die Einhaltung der Gesamtziele beim Klimaschutz gilt. Diese Reform ist aber noch nicht beschlossen und sehr umstritten. Bei den Klimazielen selbst soll es bleiben: Gesetzlich festgelegt ist, dass die Treibhausgase bis 2030 um 65 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken müssen. Erreicht waren im vergangenen Jahr gut 40 Prozent Minderung.

Jürgen Riesch, Geschäftsführer der deutschen Umwelthilfe, sagte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur, dass jetzt alle Maßnahmen ergriffen werden müssten, wenn diese zumutbar seien, nichts kosteten oder sogar Geld einbrächten.

Urteil könnte trotz Revision Erfolg haben

Resch nannte ein Tempolimit auf Autobahnen und ein sofortiges Sanierungsprogramm für öffentliche Gebäude wie Schulen oder Kitas sowie den Abbau klimaschädlicher Subventionen, der seiner Ansicht nach das nötige Geld in die öffentlichen Kassen bringen könnte. Er erwarte, dass die Reform des Klimaschutzgesetzes nicht komme und dass die Bundesregierung auch nicht in Revision gehe. „Nein, Deutschland muss jetzt ein Zeichen setzen“, sagte der Verbandsvertreter.

Klägeranwalt Remo Klinger räumte allerdings ein, dass eine Revision zum Bundesverwaltungsgericht die Wirkung des Berliner Urteils zunächst aufschieben würde. „Ich rechne erstmal damit, dass die Revision eingelegt wird durch die Bundesregierung“, sagte Klinger. Er erwarte aber auch vor dem Bundesverwaltungsgericht einen Erfolg.

asg/dpa

Jahrgang 1997, hat schon einmal für den HR die Europameister im Fliesenlegen begleitet. Sie selbst legt lieber Musik auf. Als die Clubs in der Corona-Zeit geschlossen waren, brachte sie sich selbst bei, House-Musik zu mixen. Musik ist für Anna ein großes Thema. Ihr Abitur machte sie auf dem bekannten Musikgymnasium Montabaur. Neben dem Studium der Germanistik und Kommunikationswissenschaften in Münster arbeitete sie für die “Westfälischen Nachrichten” als Kultur- und Onlinejournalistin. Bei dem Campussender ihrer Uni leitete sie die Onlineredaktion und schrieb für das Straßenmagazin "draußen e.V." über öffentlichen Raum. Annas großer Traum: ein eigener Radiosender auf Spiekeroog.