Studierende der HAW Hamburg messen sich jährlich beim internationalen Konstruktionswettbewerb Formula Student mit anderen Teams. Jetzt wurde ihr neuer Rennbolide enthüllt.
Das Gebäude C auf dem Campus Berliner Tor ist unscheinbar. Es liegt gut versteckt am Rande des Geländes und ähnelt einem alten Lagerhaus. Im minimalistisch eingerichteten Foyer stehen drei Fahrzeugmodelle. Zwei Stockwerke tiefer und zwei Sicherheitstüren weiter betritt man eine andere Welt: Das Fahrzeuglabor der HAW Hamburg sieht aus wie eine Tuningwerkstatt, wie man sie aus dem Actionthriller “The Fast and the Furious” kennt.
Die Musik ist laut und durch die Luft fliegen Metallspäne. In dem Labor arbeiten 55 Studierende aus den Studiengängen Fahrzeugbau, Maschinenbau, Elektrotechnik und Betriebswirtschaftslehre zusammen. Jedes Jahr entwickeln, bauen und vermarkten sie einen neuen Rennwagen, um an der Formula Student teilzunehmen, dem größten internationalen Konstruktionswettbewerb für Studierende. Nach fast neun Monaten Konzeption, Entwicklung und Fertigung hat das Team HAWKS Racing am 19. Mai seine neueste Kreation präsentiert: den Rennboliden Nyala.
“Nyala ist eine Antilopenart, die in Afrika zu Hause ist. Man sagt dem Tier nach, dass es stets hellwach, immer handlungsbereit und mit einer unerschöpflichen Ausdauer ausgestattet ist”, erläutert Teamchef Markus Lembert. “Diese Eigenschaften haben wir in diesem Jahr in unserem Rennwagen ebenfalls vereint.”
“Die Wahrheit liegt auf der Straße”
Neben zahlreichen Verbesserungen am Fahrwerk und an der Aerodynamik des Autos sei Nyala vor allem leichter als das Vorgängermodell. Das Fahrgestell bestehe aus Aluminiumwaben und sei das leichteste der HAWKS-Geschichte. “Letztlich müssen aber die Rennen zeigen, wie sich diese Änderungen auswirken. Die Wahrheit liegt auf der Straße”, sagt Lembert.
An den Rennen der Formula Student dürfen ausschließlich Studierende teilnehmen. “In der Regel haben wir fünf bis sechs Fahrer dabei. Beim gemeinsamen Kart-Fahren am Anfang der Saison schauen wir, wer sich dafür eignet”, sagt Lembert über den Auswahlprozess.
Gefährlich seien die Rennen für die Fahrer kaum. “Wir sind ein Konstruktionswettbewerb, da gibt es keine riskanten Überholmanöver”, so der Teamchef. Außerdem haben die Strecken große Auslaufzonen. Und selbst wenn ein Auto Feuer fängt, seien die Fahrer darauf trainiert, das Fahrzeug innerhalb von fünf Sekunden verlassen zu können. “Bei uns ist noch nie etwas schlimmes passiert.”
“Es geht nicht um den Sieg”
Der Bau des neuen HAW-Autos hat etwa 120.000 Euro gekostet. Der Großteil wird durch private Sponsoren finanziert, ein kleinerer Teil von der Hochschule. “Da sind die Personalkosten natürlich nicht mit drin — wir machen das hier schließlich alles in unserer Freizeit.” Der Aufwand lohne sich für die Studierenden jedoch: Fast alle ehemaligen Teammitglieder von HAWKS Racing hätten gute Jobs in der Automobilbranche gefunden. “Die Arbeit bei uns ist eine tolle Referenz”, so Lembert.
Aktuell steht das Team auf Platz 13 der Weltrangliste und belegt bei Rennen regelmäßig vordere Plätze. Trotzdem gibt sich Lembert bescheiden: “Es geht nicht darum, zu gewinnen, sondern das Auto über die Ziellinie zu bringen. Natürlich steht man auch gerne auf dem Treppchen und lässt sich bejubeln, für uns ist das aber nicht das oberste Ziel.”
Am 21. Juli kommt Nyala erstmals zum Einsatz. Dann findet das erste Rennen der Saison in Ungarn statt. Danach geht es weiter nach Österreich und vom 8. bis 13. August auf den Hockenheimring. “Das ist für uns der Höhepunkt der Saison mit gut 2500 bis 3000 Zuschauern”. Zum letzten Mal rast die Antilope dann Ende August in Spanien über die Rennstrecke.