Krankenhausflur
Symbolbild: Hamburger Krankenhäuser fühlen sich mit Notfalllplänen gut auf den G20-Gipfel vorbereitet. Foto: pexels

Hamburger Krankenhäuser fühlen sich gut auf den G20-Gipfel vorbereitet. Aber nicht alle Ärzte denken, dass die Maßnahmen ausreichen.

In gut einer Woche findet in Hamburg der G20-Gipfel statt. Unabhängig davon, ob es zu Ausschreitungen bei Demonstrationen kommt oder nicht – mehr Menschen bedeuten für Krankenhäuser automatisch mehr Patienten. Sind die Hamburger Krankenhäuser auf einen möglichen Ansturm vorbereitet?

“Wir sind für den G20-Gipfel im Juli gut vorbereitet”, sagt Mathias Eberenz, Sprecher der Asklepios Kliniken Hamburg. Man habe sich für G20 so gerüstet, wie auch für andere Großveranstaltungen in Hamburg, zum Beispiel den Hafengeburtstag, den Schlagermove oder den Christopher Street Day. Gearbeitet werde dann beispielsweise in doppelter Dienstbesetzung.

Bis es zur Entscheidung kam, während des Gipfels mehr Personal zu beschäftigen, hat es allerdings etwas gedauert, wie ein Assistenzarzt aus einer der Asklepios Kliniken berichtet. Er möchte lieber anonym bleiben. Gegenüber FINK.HAMBURG sagte er: “Mein Oberarzt fand es nicht so wichtig, dass der Vordergrund doppelt besetzt wird, weil er nicht damit rechnet, dass G20 viel schlimmer wird als die 1. Mai-Demonstrationen.” Das sei generell der Tenor unter den Oberärzten im Haus. Der Vordergrund, bestehend aus Assistenz- oder Fachärzten ist für die Versorgung der Patienten vor Ort zuständig. “Der Hintergrund ist quasi das Back Up für Notfälle”, so der Assistenzarzt. “Er kann telefonisch kontaktiert werden und bei Bedarf auf die Station kommen.”

Der Vordergrund sei aber genau die Abteilung, die richtig zu tun habe, “wenn es hart auf hart kommt”. “Nachdem wir es dreimal angesprochen haben, wird der Vordergrund jetzt doch doppelt besetzt”, so der Assistenzarzt. Aus seiner Sicht hätten viele Oberärzte keine Vorstellung davon, was rund um den Gipfel passieren könnte: “Beobachtet man, wie stark die Polizei sich aufrüstet, frage ich mich, wieso wir das nicht auch machen.” Die Forderung, den Hintergrund statt mit einem mit zwei erfahrenen Oberärzten zu besetzen, sei allerdings vom Chefarzt selbst gekommen. Wirklich Lust, während des G20-Gipfels zu arbeiten, hätte keiner von seinen Kollegen. Jetzt, wo die Dienste doppelt besetzt sind, sei “den Personen aber ein Stein vom Herzen gefallen.”

“Alle Ressourcen sollen für Notfälle da sein”

Zur Entlastung werde es für den Donnerstag und Freitag vor dem G20-Gipfel für viele Abteilungen der Asklepioskliniken eine OP-Sperre für geplante Eingriffe geben. “Das Haus ist dann weniger belastet. Alle Ressourcen aus Anästhesie und Chirurgie sollen nur für Notfälle da sein”, so der Assistenzarzt. Darüber hinaus hätten er und viele seiner Kollegen vorgeschlagen, Patienten, die am Freitag kommen und bei denen übers Wochenende Langzeitmessungen durchgeführt werden, am G20-Freitag nicht einzuplanen. Sie machen sonst fast ein Drittel der Patienten auf einer Station aus. Auf diesen Vorschlag sei der Chef des Assistenzarztes nicht eingegangen. Die OP-Sperre müsse ausreichen, schließlich würden damit schon genug Gewinneinbußen in Kauf genommen.

Das Universitätsklinikum in Eppendorf (UKE) bereitet sich ebenfalls grundsätzlich auf anstehende Großereignisse vor. “Dazu gehört auch der G20-Gipfel, für den wir alle notwendigen Vorkehrungen treffen”, so Berit Waschatz, Sprecherin des UKE. Dies beinhalte vor allem die Dienst- und Kapazitätsplanungen in den Kliniken sowie der Zentralen Notaufnahme. Auch die Zentralen Notaufnahmestellen der Asklepios Kliniken sollen in diesem Zusammenhang stärker besetzt werden: “Soweit ich weiß, wird der Empfang dort auch doppelt besetzt”, so der Assistenzarzt. Dieser Schritt sei zwar wichtig, gehe laut Assistenzarzt aber unter Umständen nicht weit genug: “In einer normalen Woche kommen allein im Frühdienst rund 100 Leute in die Notaufnahme. Ich will nicht wissen, wie es dort aussieht, wenn tatsächlich eine Demonstration eskalieren sollte.”

“Notfallpläne sind idiotensicher”

“Es gibt in allen Kliniken Alarm- und Einsatzpläne für Notfälle, darin sind alle erdenklichen Szenarien abgebildet. Einen gesonderten Alarmplan für den G20-Gipfel gibt es nicht”, sagt Mathias Eberenz von Asklepios. Auch das UKE verfügt über solche Pläne. Neben den herkömmlichen Arztausweisen werde es aber keine speziellen Ausweise für Mitarbeiter geben, falls der Weg zur Arbeit durch Straßensperrungen erschwert wird, so der Sprecher. “Wenn Krankenhausmitarbeiter aufgrund von Sperrungen nicht durchkommen, wäre das natürlich der worst case”, sagt der Assistenzarzt. Auf Schleichwegen werden sie seiner Meinung nach aber trotzdem den Weg zu den Mitarbeitereingängen finden.

Außerdem führen die Ärztinnen und Ärzte sowie die Pflegekräfte der Krankenhäuser regelmäßig Notfallübungen durch. Eine große Vollübung gemeinsam mit den zuständigen Behörden, Polizei und Feuerwehr fand beispielsweise im Sommer 2015 statt. Teil der Notfallpläne ist unter anderem, das Foyer des Krankenhauses in ein Patientenlager umzubauen. Die üblichen Hierarchien werden dann aufgehoben: Es müsse nicht mehr zwischen Chefarzt und Oberarzt unterschieden werden. 

Für den G20-Gipfel werde es außerdem eine besondere Bevorratung von Notfallmedikamenten und Blutkonserven geben. “Darüber hinaus haben unsere Chefärzte aus den Bereichen Anästhesie, Chirurgie und Unfallchirurgie vorbereitend an besonderen Schulungen zur Notfallversorgung in Katastrophensituationen (Massenanfall von Verletzten) teilgenommen”, sagt Mathias Eberenz von Asklepios. “Die Notfallpläne sind idiotensicher”, so der Assistenzarzt.

Typische Verletzungen bei Demonstrationen

Zu den typischen Verletzungen, die Pflegekräfte und Mediziner als Folge von Großveranstaltungen wie Stadtfesten oder Demonstrationen kennen, “zählen sicherlich Prellungen, Platzwunden, Quetschungen und schlimmstenfalls Frakturen, dazu Verstauchungen oder Bänderdehnungen und -risse, wie beispielsweise nach Umknicken eines Fußes”, sagt Mathias Eberenz von Asklepios. Aber auch Reiz- bzw. Tränengas führe die Betroffenen in die Notaufnahmen. Daneben gebe es auch immer wieder Patienten mit Alkoholvergiftungen.