Bouldern im Schaufenster Yasmin und Katharina
Yasmin (links) reicht Katharina (an der Wand hängend) einen Beutel mit Chalk. Foto: Sophie Schreiber

Der Salon du Bloc ist eine Boulderhalle in einem ehemaligen Ladenlokal in Eimsbüttel. Durch das Schaufenster des Lokals erhascht man einen Blick in die Welt bevor Bouldern zum Trendsport wurde. Im Gegensatz zu anderen großen Hallen sind Publikum und Routen hier klassisch.  

Der Geruch des Staubs aufgebrochener Kreide hängt in der Luft. Katharina, Anfang 40, greift mit der rechten Hand nach einem kleinen orangenen Griff, wobei ihr Bizeps deutlich hervortritt. Während sie beinahe horizontal in der Wand liegt, hält sie mit ihren Füßen das Gleichgewicht. Nach Sekunden des Bangens greift und hält sie den nächsten Griff. Der angestrengte Gesichtsausdruck weicht einem der Erleichterung.  Kurz darauf löst sie die Füße von den Griffen und springt auf die rote Matte unter ihr.

„Der Laden war schon da bevor Bouldern zur Trendsportart wurde“

Von außen sieht die Boulderhalle „Salon du Bloc“ aus wie ein Laden, der Kletterzubehör verkauft. Kletterschuhe, die ein wenig an Ballettschläppchen erinnern, sind im Schaufenster auf einem Holzregal neben großen Steinen drapiert. Neben den Schuhen hängen T-Shirts in verschiedenen Farben vor einer Theke. Die verbauten Holzbretter in verschiedenen Brauntönen sind schief. Zunächst weist nichts darauf hin, dass es sich bei diesem Laden gleichzeitig, um eine Boulderhalle handelt. Erst wenn man an den Regalen vorbeischaut, sind im Hintergrund die Kletterwände mit bunten Griffen zu erahnen. Katharina klettert seit zwölf Jahren, „seit der Deutsche Alpenverein in Hamburg aufgemacht hat“. Im Salon du Bloc kennt man sie schon.

Aus den Lautsprechern schallt zwischen 15 und 17 Uhr Golden Era Hip-Hop von Dead Prez über Wu Tang bis Eazy E. Die Beats helfen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: bouldern. Heute arbeitet Niko. Mithilfe einer Zahnbürste putzt er die Kreide von einem Griff, damit man sich dort beim Bouldern besser halten kann. Auf engstem Raum sind an den Kletterwänden viele verschiedene Griffe in vielen verschiedenen Farben und Formen befestigt. Niko lehnt sich an die Wand: „Wir haben knapp 200 Routen, das ist für die Größe der Halle schon ungewöhnlich“, sagt er.

Ungewöhnlich ist auch die Art wie Routen geschraubt werden. Katharina hebt die Arme und tut so, als würde sie eine imaginäre Wand hochklettern. „Die Routen hier sind eher so geschraubt wie man sie am Fels erleben würde: Man hält sich vor allem an kleinen Griffen fest und springt nicht so viel.“ Wenn das Wetter gut ist, fährt Katharina in den Ith im Weserbergland zum Klettern, ist es zu kalt, kommt sie eben hierher. In vielen anderen Boulderhallen will man den Fels nicht nachahmen, sondern die Möglichkeit nutzen, dass man auch Routen schrauben kann, die es so in der Natur niemals geben würde.

Wie kommt man dazu, ein Ladenlokal zur Boulderhalle umzufunktionieren

Niko hat einen Schnurrbart und zerzauste blonde Haare, durch die er im Gespräch ständig mit der Hand fährt. Er klettert seit eineinhalb Jahren. Niko berichtet von der Entstehungsgeschichte des Salon du Bloc. Gerd, der jetzige Chef habe vor neun Jahren einen Platz zum Bouldern gesucht. Nachdem er aber nur eine Halle in Hamburg fand, die auf Einladung Leute hereinließ, beschlossen er und ein paar Freunde, eine eigene Halle zu bauen. Auf knapp 400 Quadratmetern bauten sie Kletterwände und schrauben Routen. Nach und nach stiegen die Freunde aus – und Gerd eröffnete den Laden allein. Am Tag der Eröffnung warteten viele Leute bereits draußen. Da Gerd bis dahin keinen Gedanken daran verschwendet hatte, wie viel Geld er für den Eintritt verlangen sollte, boulderten am Eröffnungstags des Salon du Bloc alle umsonst.

Die Verplantheit ist bis heute geblieben. Irgendwie wirkt alles ein wenig chaotisch. „Gewachsen und zusammengeschustert“, nennt Niko den Salon. Jedes Ablagefach der Theke ist komplett belegt – wenn man Platz für mehr Dinge braucht, dann wird einfach eine neue Ablage gebaut. Auch hinter dem großen Whisky-Angebot steckt kein ausgeklügeltes Marketingkonzept: Es ist das Resultat von Gerds Whiskey-Zuneigung. Mit seiner Frau hat er mittlerweile eine weitere Boulderhalle eröffnet, das Flashh in Bahrenfeld.

Die Whiskysammlung von Chef Gerd
Die Whiskysammlung von Chef Gerd. Foto: Sophie Schreiber

Was den Salon du Bloc von anderen Hallen unterscheidet

Dass Bouldern im Salon du Bloc ernst genommen wird, zeigt die schiere Masse der Routen. Obwohl das Flashh mit 2000 Quadratmetern die größte Halle in Norddeutschland ist, kann der Salon du Bloc mit ähnlich vielen Routen aufwarten. Das ist deswegen möglich, weil viel mehr Griffe auf kleinerem Raum verschraubt worden sind.

Der Salon du Bloc unterscheidet sich nicht nur durch die Art der Routen von den großen Boulderhallen, sondern auch durch das Ambiente. Die bunten Sofas im Loungebereich passen nicht zusammen und sehen aus als wären sie vom Sperrmüll. Niko findet es im Salon du Bloc klein, kuschelig und persönlich. Er lehnt sich über die Theke und schenkt einem Jungen, der zu viel gezahlt hat, einen Beutel Chalk. Man kenne sich eben. Über Läden wie das Flashh sagt er, man fühle sich dort wie „allein in der großen Halle“, dort sei es „steril“. Auch Katharina schätzt den persönlichen Umgang im Salon du Bloc. Ohne, dass es jemanden stört geht sie hinter die Theke um dort ihre Trinkflasche aufzufüllen.