Der Mediendialog fand im großen Festsaal statt.
Der Mediendialog fand im großen Festsaal statt. Foto: Eric Recke

Der Rundfunkstaatsvertrag soll geändert werden. Das hat der Hamburger Bürgermeister, Peter Tschentscher, am 15. Mai auf dem Hamburger Mediendialog verkündet.

Algorithmen offen legen

Die Bundesländer wollen den Rundfunkstaatsvertrag ändern. In ihm ist geregelt, wie Medien in Deutschland angeboten werden dürfen. Der Hamburger Bürgermeister, Peter Tschentscher, hat die größtenteils zwischen den Ländern vereinbarten Änderungen auf dem Hamburger Mediendialog am 15. Mai vorgestellt:

1. Suchmaschinenanbieter und News-Anbieter sollen die Kriterien, nach denen sie Informationen präsentieren, weitestgehend offen legen. Dabei geht es hauptsächlich um Google und Facebook, da sie einerseits große Teile des Marktes dominieren und andererseits nicht transparent machen, nach welchen Kriterien ihre automatisch ablaufenden Auswahlprogramme (Algorithmen) Informationen sortieren. Die Programm-Codes der Algorithmen gelten als Geschäftsgeheimnisse. Das heißt, das öffentliche Interesse an einer transparenten Relevanzbewertung von Informationen muss gegen den Schutz der Geschäftsgeheimnisse abgewogen werden.

2. Die Anzahl der Tage, wie lange ein Inhalt im öffentlich-rechtlichen Rundfunk öffentlich zugänglich sein darf, soll verlängert werden. Zurzeit sind es sieben Tage. Die Begrenzung war eingeführt worden, weil private Medienanbieter gegen die Rundfunkgebühren geklagt hatten. Die Begründung: Der Wettbewerb zwischen Privaten und Öffentlich-Rechtlichen würde durch die Gebühren zu Gunsten der Öffentlich-Rechtlichen verzerrt. Der Kompromiss zwischen EU-Kommission und Bundesrepublik war die Regelung angebotene Inhalte nach sieben Tagen zu “Depublizieren”. Wenn dies nun geändert wird, kann es zu einer neuen Klage der Privaten kommen.

Budgets, Datenschutz und Werbung

3. Öffentlich-rechtliche Angebote sollen von Politikern weniger im Detail gesteuert und dafür mehr über Budget-Modelle finanziert werden. Die “Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten” soll die Budgets festlegen. Wenn Politiker weniger inhaltliche Vorgaben machen, können die Sender sich stärker selbst verwalten. Bei Budgetierungen wird eine Jahres-Gesamtsumme festgelegt, die die Sender mit ihren Ausgaben nicht überschreiten dürfen. Aber die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten prüft bisher nur die Sender-Finanzplanungen anhand der Kriterien von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Dementsprechend entsendet auch bisher nur der Landesrechnungshof jedes Bundeslandes ein Mitglied.

4. Nutzer, welche ihre Daten an Dritte geben wollen, um dafür deren Seiten nutzen zu können, sollen das weiterhin können. Mit dem Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) erhalten Nutzer erweiterte Rechte von Seitenbetreibern, Informationen einfordern zu können, in welcher Weise ihre Nutzerdaten gesammelt und verwendet werden. Manche Medienanbieter befürchten, dass das Sammeln von Daten, um sie zu verkaufen, damit stark erschwert würde – bis dahin, dass die finanzielle Grundlage mancher Anbieter gefährdet sei.

5. Ad-Blocker sollen eingeschränkt werden. Da viele journalistische Angebote sich durch Werbung finanzieren, sollen Anbieter von Programmen, die Werbung blocken, gesetzlich beschränkt werden.

Peter Tschentscher mit der Soziologin Zeynep Tufekci und Kultursenator Carsten Broda.
Peter Tschentscher mit der Soziologin Zeynep Tufekci und Kultursenator Carsten Broda. Foto: Eric Recke

Noch sind sich die 16 Bundesländer nicht einig. An der Einigung wird es liegen, wann die Gesetzesänderungen beschlossen und umgesetzt werden. Tschentscher kündigte an, dass die Medienvertreter im Sommer Gelegenheit haben werden, die Vorhaben ausführlicher kennen zu lernen.