Ab dem 1. Juni gilt der bundesweite Tankrabatt auch in Hamburg: Für drei Monate wird die Energiesteuer auf Kraftstoffe verringert. Bis das bei Verbraucher*innen ankommt, dauert es aber wohl. Was denken Hamburger über die geplanten Entlastungen?
Von Stine Schumacher und Eric Ganther
Foto: Stine Schumacher
Seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs steigt der Spritpreis kontinuierlich an. Ab Februar diesen Jahres verzeichnet Deutschland eine durchschnittliche Erhöhung von etwa 24 Cent pro Liter Superbenzin. Die Bundesregierung verspricht Abhilfe: Um dem Anstieg der steigenden Spritpreise etwas entgegenzusetzen, haben SPD, B90/Die Grünen und FDP eine Änderung des Energiesteuerrechts beschlossen: den Tankrabatt.
Dieser ist laut Gesetzesentwurf mit der Erwartung verbunden, dass es zu “einer erheblichen Senkung der Kraftstoffpreise kommen wird”. Der Plan lautet: Für drei Monate wird die Energiesteuer auf Kraftstoffe gesenkt, sodass Benzin bis zu 35 Cent je Liter und Diesel bis zu 17 Cent billiger wird. Andere Kraftstoffe wie Erdgas und Flüssiggas sind ebenfalls betroffen.
Wer verdient am Sprit?
Einen Teil des Kraftstoffpreises in Deutschland machen die Steuern aus. Für Benzin beispielsweise müssen pro Liter Abgaben an den Staat in Form von Mehrwert- und Energiesteuer entrichtet werden. Zusammen mit der CO2-Abgabe ergibt diese Menge circa die Hälfte des Preises für einen Liter Superbenzin.
Die andere Hälfte (bei Diesel bis zu 60 Prozent) deckt Transportkosten und Weiterverarbeitung. Hier verdienen die gewinnorientierten Mineralölkonzerne. Letztlich ist der Kraftstoffpreis aber abhängig von Marktkräften, etwa dem Dollar-Kurs, nach dem Rohöl gehandelt wird – oder der wirtschaftlichen Lage des Landes, aus dem der Rohstoff eingekauft wird.
Für Hamburg wurde in dieser Woche Chaos prognostiziert: Der ADAC warnt vor Warteschlangen und Engpässen an Zapfsäulen. Verkehrspräsident Hillebrand zeigt sich indes überzeugt vom Effekt auf Endabnehmer*innen: Die Steuersenkungen sollen in vollem Umfang an die Verbrauchenden weitergegeben werden. Dafür vertraut der Bund auf die Weitergabe der Einsparungen durch Mineralölkonzerne und beteiligte Unternehmen. Denn diese profitieren zuerst, indem sie weniger steuerliche Abgaben für den Kraftstoff leisten müssen. Die Bundesregierung hat deshalb für die Dauer des Tankrabatts fehlende Einnahmen von 3,15 Milliarden Euro prognostiziert. Eine Regelung für die Weitergabe der Vergünstigung an die Verbraucher existiert nicht.
Was meinen Verbraucher zum Tankrabatt in Hamburg?
Einen Tag vor dem Start des Tankrabatts in Hamburg ist die Tankstelle Meinen und Söhne in Eilbek gut besucht. FINK.HAMBURG fragt hier nach, was Autofahrer vom Tankrabatt halten: “Ich fühle mich ein bisschen betrogen”, sagt Eckardt B. während er an der Zapfsäule steht. “In den letzten Tagen sind die Preise so hoch geklettert, dass mir der Tankrabatt gar nichts mehr bringt. Und heute ist der Tank halt leer.” Taxifahrer Ingo D. (Foto) pflichtet ihm bei: “Aktuell pendeln die Preise ja sowieso jeden Tag 14 Cent hoch und runter.”
Innerhalb der letzten Wochen kletterten die Spritpreise tatsächlich noch einmal nach oben – der ADAC kritisierte das. Sowohl der Preis für Super als auch für Diesel seien zu hoch. Das Bundeskartellamt meldete bereits, in den nächsten Wochen die Preise “unterm Brennglas” zu beobachten. Zusätzlich hatte die Behörde eine Untersuchung auf Großhandelsebene eingeleitet. Diese dient dem Zweck, dass sich die Raffinerien unter den vergünstigten Bedingungen nicht untereinander absprechen, um den Preis künstlich nach oben zu treiben.
Neben den Mineralölkonzernen und Raffinerien haben auch die Tankstellenbetreiber selbst ein Mitspracherecht beim Preis. Der Wettbewerb zwischen den Tankstellen stellt eine entscheidende Komponente dar, um den Endpreis für Verbraucher*innen zu regulieren. Kurt Meinen ist Inhaber der Tankstelle in der Papenstraße. Er habe versucht, so viel Sprit wie möglich zu bekommen. “Aber Kalkulationen machen jetzt noch wenig Sinn, das ist wie im Kaffeesatz zu wühlen. Wir müssen die nächsten Tage abwarten”, sagt er. Die Tankstelle könne durchaus leer getankt werden, so Meinen.
Tankrabatt greift vorerst, Preise sinken
Eigentlich war die Prognose eine andere: Das Finanzministerium sagte noch unmittelbar vor Start des Tankrabatts voraus, dass der Preis pro Liter Sprit erst nach und nach fallen solle. Alter Kraftstoff wurde zum alten Steuersatz eingekauft und ist in der Steuersenkung nicht inbegriffen.
Doch nun greift der Tankrabatt schneller als gedacht: Laut einer Auswertung des ADAC fiel Super E10 um rund 30 Cent, Diesel bisher um circa 14 Cent pro Liter. Der Rabatt wurde also schneller an die Endverbraucher*innen durchgereicht.
Eine Entwicklung, die auch Tankstellenbetreiber Meinen so nicht erwartet hat. Er rechnete erst nächste Woche mit Auswirkungen des Tankrabatts in Hamburg. Die Preissenkungen haben aber noch Potenzial: Wenn der Tankrabatt in voller Höhe an die Verbraucher*innen weitergegeben wird, sollte es an der Zapfsäule noch deutlich günstiger werden.
Gute Nachrichten für viele Hamburger*innen – viele sind auf ihr Auto angewiesen. Fast jede fünfte Person besitzt aktuell ein PKW – und die Zulassungen steigen sogar. Ingo D. steigt zurück in sein Taxi: “Ich muss tanken, egal ob privat oder geschäftlich. Da habe ich keine Wahl, da ändert der Tankrabatt auch nichts.”