Zwei Mitglieder der indonesischen Künstlergruppe Ruangrupa, die im Rahmen der Dokumenta mit Antisemitismusvorwürfen konfrontiert wurde, erhalten eine Gastprofessur an der HFBK Hamburg. Der Präsident der Hochschule verteidigt diesen Schritt.
Zwei Mitglieder der indonesischen Künstlergruppe Ruangrupa, die im Rahmen der diesjährigen Documenta mit Antisemitismus-Vorwürfen konfrontiert wurden, übernehmen zum Wintersemester 2022/23 eine Gastprofessur an der Hochschule für bildende Künste HFBK Hamburg. Reza Afisina und Iswanto Hartono hätten in ihrer Funktion als Kuratoren eine antizionistische, antisemitische und israelfeindliche Stimmung zugelassen, lautete der Vorwurf, der aus der Erklärung eines offiziell einberufenen Expertengremiums hervorging.
Die Künstlergruppe Ruangrupa hätte historische, pro-palästinensische Propagandafilme aus den 60er-Jahren kommentarlos auf der Documenta vorgeführt. Dabei handele es sich zwar um wichtige Zeitdokumente, jedoch fehle laut Nicole Deitelhoff, der Vorsitzenden des Expertengremiums, eine kritische Einordnung. Die Documenta ist eine weltweit bedeutende Ausstellung für zeitgenössische Kunst.
Vor allem die jüdische Gemeinde Hamburgs kritisiert nun die Vergabe der Gastprofessur an die zwei Ruangrupa-Mitglieder. Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank schließt sich dem an: Zwar müssten Hochschulen Orte kritischer Diskussionen sein, aber die Wissenschaftsfreiheit dürfe niemals ein Freibrief für antisemitisches Gedankengut sein.
HFBK verteidigt Gastprofessur für Ruangrupa-Mitglieder
Trotz öffentlicher Kritik hält die HFBK Hamburg an der Gastprofessur fest. In einem Interview erklärt Martin Köttering, Präsident der HFBK Hamburg, gegenüber dem Kunstpublizisten und Kurator Raimar Stange die Beweggründe:
“Und um es ganz klar zu sagen, die HFBK Hamburg ist kein Ort und wird keinen Raum für antisemitische Äußerungen und Ansichten bieten”, sagt Köttering. Man könne jedoch in der Gastprofessur der beiden Ruangrupa-Mitglieder die Chance sehen, den Themenkomplex rund um Antisemitismus, Kunst und Postkolonialismus kritisch zu diskutieren. Köttering führt aus: “Ich würde sogar so weit gehen, dass die Hochschule eine Verantwortung als künstlerisch-wissenschaftliche Institution hat, die aufgeworfenen Fragen der documenta fifteen auf dem Feld des Künstlerischen sehr ernst zu nehmen und sich im Auftrag von Lehre und Forschung damit zu beschäftigen.”
Der Hochschulpräsident gibt einen Ausblick auf die kommenden Monate des Lehrplans: Ende November werde das Hamburger Institut für Sozialforschung mit der HFBK und der Helmut-Schmidt-Universität einen Workshop und Podiumsdiskussion „documenta fifteen als politisches und kulturelles Ereignis“ veranstalten. Hier sollen zentrale Aspekte im Zusammenhang mit der documenta fifteen noch einmal wissenschaftlich reflektiert werden.
jul/dpa