Die Büchse der Pandora wurde geöffnet, und alle scheinen überrascht. Der erste Abiturjahrgang mit ChatGPT-Zugriff hat diesen in Hamburg wohl genutzt. Künstliche Intelligenz muss ins Lernen integriert werden, denn Verbote werden nichts bringen.

Foto: Emiliano Vittoriosi

Die aktuellen Vorwürfe gegenüber Schüler*innen, die ChatGPT zur Täuschung beim Abitur in Hamburg genutzt haben sollen, lösen eine wichtige Debatte aus. Anstatt künstliche Intelligenz zu verbannen, muss erkannt werden, dass sie längst Teil des Alltags der Schüler*innen geworden ist. „Verbote sind zwecklos: Wer jetzt panisch versucht, ChatGPT zu verbieten, wird scheitern“, sagt Malik Sauerbeck, Vorsitzender der Schüler*innenkammer Hamburg (SKH). Vielmehr brauche es eine Auseinandersetzung mit dieser Technologie, eine Aufarbeitung und eine Integration in den Schulalltag. Anstatt ChatGPT zu verbieten, müsse der Unterricht tiefgreifend zugunsten moderner Bildung reformiert werden, so Sauerbeck weiter. 

Künstliche Intelligenz kann den Schüler*innen bereits jetzt als persönliche Nachhilfelehrerin dienen – mit Einschränkungen. Wie sehr die Möglichkeiten der Nutzung künstlicher Intelligenz in Zukunft noch zunehmen werden, ist kaum vorstellbar. Daher fordern Sauerbeck und die SKH „eine Debatte über die Chancen von künstlicher Intelligenz im Unterricht, um die Potenziale ideal für die Bildung aller zu nutzen“. Denn KI-basierte Programme wie ChatGPT werden nicht mehr so schnell aus unserem Alltag verschwinden. 

ChatGPT: Eine Mammutaufgabe für alle Lehrer*innen 

Natürlich ist es wichtig, nicht blindlings den von ChatGPT präsentierten Informationen und Quellen zu vertrauen. Die Schüler*innen müssen in der Schule lernen, diese Vorarbeit kritisch zu hinterfragen und als Leitlinie zur Strukturierung ihrer eigenen Lernprodukte zu nutzen. Im Vordergrund sollten dabei Interaktion und das Feedback zwischen Schüler*innen und Lehrer*innen stehen. Die Rolle der Lehrkräfte wird dabei nicht obsolet, sondern wichtiger denn je. Sie müssen als Mentor*innen und Anleiter*innen fungieren, die Schüler*innen dabei unterstützen, ihr eigenes Lernen zu strukturieren und zu reflektieren. 

Doch zuerst müssen die Lehrer*innen Künstliche Intelligenz und ChatGPT verstehen – wie soll sonst ein Dialog auf Augenhöhe stattfinden und der richtige Umgang gelehrt werden? Das ist eine Mammutaufgabe, vor allem für die ältere Generation. Lehrkräfte müssen sich stetig fortbilden, um nicht abgehängt zu werden. Das exponentielle Wachstum von künstlicher Intelligenz lässt es nicht zu, dass im Lehrer*innenzimmer getrödelt wird. 

Es liegt in der Verantwortung der Schulen und Lehrkräfte, klare Richtlinien und Strategien zu entwickeln, um Missbrauch und Betrug zu verhindern. Die Schüler*innen sollten aufgeklärt und ermutigt werden, die von ChatGPT bereitgestellten Informationen kritisch zu prüfen.

Es ist wichtig, dass wir die Büchse der Pandora nicht panisch zu schließen versuchen und künstliche Intelligenz als Bedrohung betrachten. Stattdessen sollten wir sie als Chance begreifen, das Bildungssystem zu reformieren und zu optimieren, um Schüler*innen auf die Herausforderungen der digitalen Welt vorzubereiten. Es ist an der Zeit, die Schulen an die Anforderungen der modernen Welt anzupassen und den Einsatz von künstlicher Intelligenz im Unterricht konstruktiv zu gestalten. Nur durch eine ausgewogene Integration von menschlicher und künstlicher Intelligenz kann das volle Potenzial moderner Bildung ausgeschöpft werden.

Schulen und Bildungsbehörden müssen jetzt handeln

Die Schüler*innenkammer Hamburg hat mit ihrer Pressemitteilung ein wichtiges Thema aufgegriffen. Nun liegt es an den Schulen, Bildungsbehörden und der Gesellschaft insgesamt, diese Chance zu erkennen und konstruktive Lösungen zu finden. 

Jákob Zsolt Somorjai, Jahrgang 1998, hat schon einmal zehn Tage am Stück geschwiegen, in einem buddhistischen Kloster im Norden Thailands. Dabei fand er Antworten auf Fragen, die er sich noch nie zuvor gestellt hatte. Seine Familie hielt ihn danach vorübergehend für verschollen, dabei bereiste er nur Kambodscha. An der HAW Hamburg studierte er Medien und Information, arbeitete parallel beim Film- und Theaterfundus und später bei den Online Marketing Rockstars. Nach jeder Reise kehrt er immer wieder zurück zu seiner Perle – er schämt sich nicht mal für den HSV. Jákob glaubt ohnehin, dass Erwartungen nur zu Enttäuschungen führen. (Kürzel: som)