Nach Stichwahl: Viele Türken feiern Erdoğans Sieg in Hamburg

Türkei-Wahl

Schlange vor dem türkischen Generalkonsulat in Hamburg
Während der Wahl bildeten sich lange Schlangen vor dem türkischen Konsulat in Hamburg. Nun steht der Sieger fest. Foto: dpa/Thomas Müller

Viele Hamburger Deutschtürken bejubelten den wiedergewählten Präsident Erdoğan am Wochenende. Knapp 62 Prozent der Wahlberechtigten in Hamburg unterstützen den Sieger bei der Türkei-Wahl.

Etwa 1000 Anhänger*innen Erdoğans versammelten sich nach der Türkei-Wahl laut der Deutschen Presse-Agentur (Dpa) am Sonntagabend vor dem türkischen Generalkonsulat und feierten die Wiederwahl des türkischen Präsidenten Erdoğan. Es gab Sprechchöre und mehrere Autokorsos. Auf der Moorweide gegenüber des Konsulats wurden türkische Flaggen geschwenkt. Deutschlandweit kam es zu ähnlichen öffentlichen Jubelfeiern. Dabei blieb es laut Polizei überwiegend friedlich, es gab aber Anzeigen etwa wegen Verkehrsvergehen oder dem Zünden von Pyrotechnik.

Fegebank schockiert über Wolfsgruß

Ein Video des NDRs zeigt, wie sich ein Autokorso laut hupend in Richtung des türkischen Generalkonsulats in der Nähe des Hamburger Dammtor-Bahnhofs bewegt. In die Mitte eines Autokorsos an der Alster geriet auch Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne), wie sie auf Twitter schrieb.

Der Wolfsgruß ist ein Symbol der Grauen Wölfe, eine rechtsextreme türkisch-nationalistische Bewegung, die seit Jahrzehnten auch in Deutschland existiert. “Bin schockiert, dass so zu sehen”, twitterte Fegebank. Ähnlich äußerte sich Cansu Özdemir, Vorsitzende der Linken Fraktion Hamburg.

Der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Kazim Abaci betonte aber gegenüber dem NDR, dass nicht jeder Erdoğan-Wähler ein Extremist sei. Doch sie hätten die Wahl stark beeinflusst.

Auch in Schleswig-Holstein feierten Hunderte Erdoğans Sieg

Auf dem Großflecken in Neumünster schwenkten der Dpa zufolge am Sonntag zahlreiche Anhänger Erdoğans türkische Nationalflaggen. Im Anschluss bildeten etwa 400 bis 500 Menschen eine Autokolonne mit rund 200 Fahrzeugen, die durch die Innenstadt fuhr. Eine ähnliche Versammlung fand in Rendsburg statt, bei der etwa 200 Unterstützer*innen in 50 Autos durch die Stadt fuhren. Laut der Polizei gegenüber der Dpa verliefen beide Veranstaltungen friedlich.

Erdoğan setzt sich bei Stichwahl gegen Kılıçdaroğlu durch

61,66 Prozent der Wahlberechtigten in Hamburg wählten bei der Stichwahl, die bis zum 24. Mai stattfand, Erdoğan. Bei der Parlaments- und Präsidentschaftswahlen, für die in Deutschland zuvor bis zum 9. Mai und in der Türkei bis zum 14. Mai abgestimmt wurde, kam es zu keiner absoluten Mehrheit. 40.000 Personen in Hamburg durften an den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen der Türkei teilnehmen, bei der sich der 69-jährigen Kandidat Erdoğan und der 74-jährige Oppositionsführer Kemal Kılıçdaroğlu gegenüberstanden. Daraufhin wurde eine Stichwahl einberufen. Bei dieser Wahl hatte Erdoğan in Hamburg 59,23 Prozent der Stimmen gewonnen.

In ganz Deutschland haben insgesamt 67,22 Prozent für Erdoğan und 32,78 Prozent für Kemal Kılıçdaroğlu abgestimmt – das zeigen die offizielle Ergebnisse der türkischen Wahlbehörde. Insgesamt sei die Nachrichtenlage um die Ergebnisse der Wahl sehr unklar gewesen, sagt Henrik Meyer, Leiter des Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung in Istanbul gegenüber FINK.HAMBURG. Die Berichterstattung der türkischen Nachrichtenagenturen sei teilweise von den offiziellen Behörden abgewichen. Das spiegelten auch die Zahlen in den deutschen Medien wieder, die teilweise Unterschiede in den Ergebnissen der Deutschtürk*innen aufzeigten.

Türkische Staatsbürger*innen, die ihren Wohnsitz außerhalb der Türkei haben, dürfen seit 2014 auch im Ausland ihre Stimme abgeben. In dem für die türkische Gemeinschaft zuständigen Generalkonsulat im Stadtteil Rotherbaum hatten diese Bürger*innen sowie alle Wahlberechtigten aus Schleswig-Holstein die Möglichkeit, ihre Stimme abzugeben.

apa/dpa

Anne Paulsen, geboren 1996 in Itzehoe, hat Flugangst, reiste nach dem Abitur aber trotzdem für ein Jahr auf die von der Klimakrise bedrohte Pazifikinsel Kiribati. Sie unterrichtete, pflanzte Mangroven und begann zu bloggen. Später schrieb sie für kleinere Magazine und eine NGO über Klimawandel und Nachhaltigkeit. In Hamburg studierte sie Religionswissenschaft. Auf den Salomonen hat sie den ersten Frauenboxkampf mitorganisiert und stieg auch selbst in den Ring. Einen Poetry Slam ohne Wettkampfcharakter zu organisieren, steht noch auf ihrer To-Do-Liste – dann würde sie sich vielleicht mit einem eigenen Gedicht auf die Bühne trauen. (Kürzel: apa)