Vorzeitiges Ende für pro-palästinensische Demonstration

Versammlungsverbot in Hamburg

Teilnehmende der Demo halten pro-palästinensische Plakate und Flaggen während einer Kundgebung des Rats der Islamischen Gemeinschaften (Schura) hoch.
Trotz verlängerter Verbotsverfügung durfte am Mittwochabend in Hamburg eine pro-palästinensische Demo stattfinden. Foto: Marcus Brandt/dpa.

Bisher hatte die Versammlungsbehörde jede pro-palästinensische Demonstration in Hamburg untersagt. Am Mittwochabend fand unter strengen Auflagen eine Kundgebung des Rats der Islamischen Gemeinschaften statt. Dabei lief nicht alles wie geplant.

Die im Hamburger Stadtteil St. Georg genehmigte pro-palästinensische Kundgebung ist am Mittwochabend vorzeitig beendet worden. Es war die erste Demo dieser Art seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel, veranstaltet wurde sie durch den Rat der Islamischen Gemeinschaften (Schura). Nach rund einer halben Stunde beendete der Veranstalter selbst die Versammlung. Der Grund dafür: Einzelne Teilnehmende hatten sich nicht an die scharfen Auflagen der Versammlungsbehörde gehalten. Diese waren laut Polizei die Bedingung dafür gewesen, dass die Kundgebung überhaupt stattfinden durfte. Mit den Auflagen wollte die Polizei sicherstellen, dass Teilnehmende das jüdische Leben respektieren und das Existenzrecht des Staates Israel nicht infrage stellen.

1500 Polizisten bei Demonstration im Einsatz

Nach Polizeiangaben waren 800 Menschen dem Aufruf der Schura gefolgt und protestierten unter dem Motto „Lasst uns friedlich unsere Stimme erheben für die Menschen und den Frieden im Nahen Osten – auch für das Palästinensische Volk”. Mehrfach rief die Menge „Free, free Palestine”. Ein Slogan, der gegen die strengen Versammlungsauflagen verstieß. Genauso wie der Ausruf „Allahu Akbar” (Allah ist groß), den einige Teilnehmende immer wieder riefen.

Die Polizei hatte die Kundgebung im Stadtteil St. Georg mit einem Großaufgebot von 1500 Einsatzkräften begleitet. Kolleg*innen aus Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und der Bundespolizei hatten die Hamburger Beamt*innen unterstützt. Auch mehrere Wasserwerfer standen bereit. Erst nach mehrfacher Aufforderung per Lautsprecher entfernte sich die Menge vom Veranstaltungsort. Die Stimmung im Umfeld blieb angespannt, laut Polizei gab es aber keine größeren Zwischenfälle.

Im Vorfeld hatte ein privater Veranstalter zusätzlich zu einer parallelen Demonstration aufgerufen. Hier war das Motto “Gegen Grundrechtseinschränkungen. Für das Versammlungsrecht”. Die Teilnehmenden versammelten sich am Mittwochabend nahe dem Jungfernstieg am Flaggenplatz. Die Demo stand jedoch nicht im Zusammenhang mit der pro-palästinensischen Versammlung in St. Georg und verlief friedlich, ohne dass die Kundgebung aufgelöst werden musste.

Die Auflagen: Viele Ordner, wenig Flaggen

Die genauen Regeln für die Demonstration der Schura hatte die Polizei am Mittwoch in einer Pressemitteilung verkündet. So gab es Vorgaben, wie viele Ordner*innen vor Ort sein musten. Außerdem durften Plakate und Schilder „weder das Existenzrecht Israels noch den Terror der Hamas o.ä. Inhalte enthalten”. Auch die Zahl der palästinensischen Fahnen war vorgegeben und Demoteilnehmer*innen durften keine israelischen Fahnen verbrennen.

Erlaubt wurde die Versammlung nach Angaben der Polizei, weil der Schura-Vorstand sich schnell mit Israel solidarisiert hatte. Er habe der jüdischen Gemeinde Hamburg unmittelbar nach dem Angriff der Hamas auf Israel einen Besuch abgestattet, so die Polizei. „Der Vorsitzende der Schura hatte zuletzt auch öffentlich das Befürworten des Terrors durch die Hamas klar verurteilt und die islamischen Gemeinden zur Besonnenheit aufgerufen”, hieß es weiter in der Mitteilung.

Hamburger Rabbiner zeigt Verständnis für Demonstrationen

Die stellvertretende Schura-Vorsitzende Özlem Nas zeigte sich nach Ende der Kundgebung enttäuscht. Als Religionsgemeinschaft sei es der Schura ein Anliegen gewesen, die palästinensische Stimme hörbar zu machen. Einzelne hätten sich nicht an die Auflagen gehalten. „Und natürlich bringt das weder der Stadtgesellschaft noch den Menschen in Palästina etwas, wenn man sich hinstellt und einfach den Frust raus schreit”, so Nas. Ob solche Kundgebungen unter den strengen Auflagen überhaupt noch möglich seien, müsse nun überlegt werden.

Die Kundgebung der Schura sah Landesrabbiner Shlomo Bistritzky grundsätzlich positiv: „Ich verstehe, dass Menschen sich hier mit den Palästinensern solidarisieren möchten”, sagte Bistritzky. Das sei in Ordnung, „solange das friedlich und ordentlich geht.” Nach Angaben des Landesrabbiners gab es in Hamburg seit dem 7. Oktober noch keine Angriffe auf jüdische Einrichtungen oder Menschen.

Nicht angemeldete pro-palästinensische Versammlungen weiter verboten

Anfang der Woche hatte eine nicht angemeldete pro-palästinensische Demonstration dazu geführt, dass rund 80 Jugendliche in Harburg israelfeindliche Parolen riefen und randalierten. Dabei zündeten sie Böller und sprühten Graffiti an ein Bushaltestellenhäuschen sowie die Fassade der Agentur für Arbeit.

Die Versammlungsbehörde verlängerte unterdessen am Mittwoch eine Allgemeinverfügung um weitere vier Tage bis zum kommenden Sonntag. Sie verbietet alle nicht angemeldeten und nicht behördlich bestätigten pro-palästinensischen Versammlungen. Seit fast zwei Wochen hat die Versammlungsbehörde diese Verfügung nun immer wieder verlängert.

lan/dpa

Wenn Jolan Geusen, Jahrgang 2000, nicht gerade Tofuhack-Bolognese kocht, hört er Fußball-Podcasts. Seit einem Kreuzbandriss fährt er allerdings Rad, statt zu kicken. Als Kind wollte er Archäologe werden, entschied sich dann aber zum Studium der Politik- und Medienwissenschaft in Bonn. Journalistische Erfahrung sammelte er beim ARD MoMa, nebenbei arbeitet Jolan als freier Mitarbeiter beim „Bonner Generalanzeiger“. Der gebürtige Eifler kann bei 150 “Drei ???”-Folgen anhand der ersten 20 Sekunden den Titel benennen. Bis heute würde er gern einmal ein Bier mit den Sprechern der drei Detektive trinken. (Kürzel: lan)