In Dubai verhandelten Anfang Dezember 197 Länder über die Klimazukunft unseres Planeten. Wie berichtete die internationale Presse darüber? Wir haben für euch Einblicke in die weltweite COP28 Berichterstattung gesammelt.

Titelbild: Hannes P. Albert/dpa

Kritik am Austragungsort

Mit unmissverständlicher Kritik begegnete „Zeit“-Autor Christian Endt der COP28 in Dubai. In seinem Essay betonte er: „Hinge die Zukunft der Menschheit vom Erfolg des Klimagipfels ab, sie wäre wohl verloren. Um die Erwartungen von vorneherein möglichst niedrig zu hängen, veranstaltet die Weltgemeinschaft das Treffen dieses Jahr in Dubai und ernennt den Chef des Ölkonzerns der Emirate, Sultan Al-Dschaber, zum Sitzungspräsidenten. Nein, von diesem Klimagipfel ist nichts zu erwarten.“

So ist diese Presseschau entstanden:

Das Bachelorprojekt „Digitale Kommunikation” am Department Information der HAW Hamburg hat die FINK.HAMBURG-Redaktion bei der Berichterstattung zur COP28 mit diesem Beitrag unterstützt.

Der arabische Nachrichtensender „Al Jazeera“ mit Sitz in Katar beschrieb die Situation dagegen folgendermaßen: „Obwohl die Vereinigten Arabischen Emirate das erste Land im Nahen Osten waren, das das Abkommen ratifiziert hat, sind die Meinungen über die Ausrichtung des Gipfels tief gespalten – in einem Land das, wegen seiner Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen, als Teil des Problems bezeichnet wurde. Einige kritisieren nun auch die Teilnahme von Vertretern aus der Öl- und Gasindustrie an solchen Gipfeltreffen.“

Lobbyismusvorwürfe auf der COP28

Im Verlauf der Konferenz veröffentlichte die britische Rundfunkanstalt „BBC“ Dokumente, die den Verdacht der geplanten Einflussnahme bestärkten: „Die Vereinigten Arabischen Emirate planten, ihre Rolle als Gastgeber der UN-Klimagespräche als Gelegenheit zu nutzen, um Öl- und Gasgeschäfte abzuschließen. Durchgesickerte Briefing-Dokumente enthüllen Pläne, mit 15 Ländern über Geschäfte mit fossilen Brennstoffen zu sprechen.“

Auch Sitzungspräsident al-Dschaber geriet während der Verhandlungen wiederholt in den Fokus der Kritik. Laut der englischen Zeitung „The Guardian“ hatte er bereits im Vorfeld der Konferenz gesagt, dass die Forderungen nach einem Ausstieg aus fossilen Brennstoffen keine wissenschaftliche Grundlage hätten. Die spanische Zeitung „El Pais“ schrieb dazu in einem Leitartikel: „Der Skandal war so groß, dass al-Dschaber wenige Stunden später gezwungen war, seine Aussagen zu relativieren und zu betonen, dass er an die Wissenschaft glaubt und sie sehr respektiert. Ungeachtet dieser Richtigstellung kann man nicht übersehen, was diese Aussage impliziert. Die Ernsthaftigkeit liegt darin, dass sie das enorme wissenschaftliche Wissen, das es zu diesem Thema gibt, in Frage stellt.“

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Sultan al-Dschaber , Präsident der COP28, spricht während einer Plenarsitzung auf dem UN-Klimagipfel COP28. Foto: Kamran Jebreili/AP/dpa

Neben der allgegenwärtigen Kritik gegen al-Dschaber warf Josef Kelnberger in der „Süddeutschen Zeitung“ auch einen kritischen Blick auf den Klimakommissar der Europäischen Union: „Es klingt wie ein schlechter Witz, dass die Weltklimakonferenz dieses Jahr ausgerechnet in Dubai stattfindet und geleitet wird vom Chef des staatlichen Erdölkonzerns. Dazu passt immerhin der Klimakommissar, den die Europäische Union nach Dubai entsendet. Es ist ein ehemaliger Manager des Shell-Konzerns, der als Unternehmensberater auch schon für den Profitmaximierer McKinsey gearbeitet hat.”

Wichtigstes Verhandlungsthema: Phase-Out oder Phase-Down?

Der wichtigste Diskussionspunkt der COP28 war die Frage, ob sich die teilnehmenden Länder auf einen klar definierten Ausstieg (Phase-Out) aus fossilen Brennstoffen einigen. Ein Artikel der französischen Zeitung „Le Monde“ rief vor diesem Hintergrund zu realistischen Erwartungen auf: Die COP28 könnte die Gelegenheit sein, indem sie die Erzeugerländer auffordert, die seit langem bekannten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu akzeptieren. Leider sollten wir uns keinen Illusionen hingeben, dass die 198 in Dubai anwesenden Teilnehmer einstimmig eine Absichtserklärung verabschieden, die einen genauen Zeitplan für den Ausstieg der Welt von fossilen Brennstoffen festlegt.“

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Ina-Maria Shikongo, Aktivistin aus Angola, macht Fotos während einer Demonstration für den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen auf dem UN-Klimagipfel COP28. Foto: Peter Dejong/AP/dpa

Damian Carrington schreibt dazu im „Guardian“: „Die Frage, ob die endgültige Vereinbarung von COP28 einen Aufruf zum „Ausstieg“ oder „Abbau“ fossiler Brennstoffe enthält, wird von vielen als wichtigster Indikator für den Erfolg des UN-Gipfels angesehen. Das Thema mag auf den ersten Blick eine einfache wissenschaftliche Frage sein, ist aber in Wirklichkeit komplex und zutiefst politisch.

Die italienische Zeitung „Corriere della Sera“ machte dazu folgende Feststellung: „Ein zunehmend wichtiger Akteur in den internationalen Beziehungen ist die arabische Diplomatie.“

Diskussion um Loss-and-Damage-Fonds

Das Gastgeberland sorgte gleich zu Beginn der Konferenz für positive Schlagzeilen: Als die Vereinigten Arabischen Emirate und Deutschland bereits am ersten Verhandlungstag verkündeten 100 Millionen US-Dollar in den „Loss and Damage“-Fonds einzuzahlen, schrieb Mark Oliver im „Guardian“: „In einem historischen Schritt wurde auf der Eröffnungsplenarsitzung des ersten Tages des COP28-Gipfels ein Fonds für Verluste und Schäden beschlossen – eine Forderung, die der globale Süden seit Jahrzehnten erhoben hat.“

Gleichzeitig setzte Oliver diesen Zwischenerfolg direkt in einen weniger vielversprechenden Kontext: „Die Vereinbarung, die bereits verschiedene Kompromisse enthielt, steht jedoch unter einem großen Vorbehalt. Die 700 Millionen Dollar, die bisher von den wohlhabenden Nationen, die am meisten für den Klimanotstand verantwortlich sind, zugesagt wurden, decken weniger als 0,2 Prozent dessen ab, was jedes Jahr benötigt wird.“

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Annalena Baerbock (Bündnis 90 / Die Grünen, 2.v.r), Bundesaußenministerin, und Jennifer Lee Morgan (2.v.l), Staatssekretärin und Sonderbeauftragte für internationale Klimapolitik im Auswärtigen Amt, gehen über das COP28 Gelände. Foto: Hannes P. Albert/dpa

Noch Entwicklungsland oder doch schon Industrienation? Navin Singh Khadka von der „BBC“ thematisierte in diesem Zusammenhang die viel diskutierte Rolle von China und Indien: „1992 wurden Länder als Industrieländer und Entwicklungsländer (Anm. der Redaktion: darunter China und Indien) eingestuft. Kritiker sagen, dass sich seither viel verändert hat, insbesondere bei Ländern wie China und Indien, die heute beide große Volkswirtschaften sind und zu den größten Treibhausgasemittenten gehören.“

In der parteinahen chinesischen „Volkszeitung“ zeigt sich, dass China eine andere Perspektive vertritt: „Als verantwortungsbewusstes großes Entwicklungsland betrachtet China die aktive Reaktion auf den Klimawandel als eine wesentliche Voraussetzung für die Erreichung einer eigenen nachhaltigen Entwicklung.“

Geteilte Meinungen über das Ergebnis der Verhandlungen

Auch das Schlussfazit der Konferenz in Dubai fiel sehr unterschiedlich aus, die „Neue Züricher Zeitung“ resümierte in einem Kommentar dazu: „Der diesjährige Zirkus der COP-Klimakonferenzen ist zu Ende. Der Gipfel in Dubai kann als Debakel wahrgenommen werden oder als Erfolg. Für beides gibt es gute Argumente.“

Kategorie Debakel

Eindeutig Debakel, urteilte die schwedische ZeitungAftonbladet”: „Zwar steht fest, dass die fossilen Brennstoffe zum ersten Mal in einem Klimaabkommen erwähnt werden. Trotzdem steuert die Welt auf eine Erderwärmung von drei Grad zu – und das auch noch im vollen Bewusstsein. Das ist der pure Wahnsinn.“

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Sultan al-Dschaber (M), Präsident der COP28, UN-Klimachef Simon Stiell (l), und Hana Al-Hashimi, COP28-Chefunterhändlerin (r), applaudieren am Ende des UN-Klimagipfels COP28. Foto: Peter Dejong/AP/dpa

Auch Roxy Mathew Koll von der „Times of India“ beschrieb das Ergebnis der Verhandlungen als wenig brauchbar: „Dubais Gesprächsmarathon bedeutet wenig. Der derzeitige Emissionspfad wird den Temperaturanstieg nicht verhindern. Der Globale Süden bekommt nicht genug Finanzierung. Indien muss seine eigenen Klimalösungen finden.“

Kategorie Hoffnung

Das chinesischsprachige Zeitung „Lianhe Zaobao“ aus Singapur legte die Ergebnisse etwas positiver aus: „Als kleiner Inselstaat, der vom Klimawandel bedroht ist, braucht Singapur dringend eine globale Anstrengung zur Reduzierung der Emissionen. Die auf der COP28 erzielte Einigung stellt zwar nicht alle Länder zufrieden, sendet aber ein starkes Signal aus, dass sie dazu beitragen wird, Investitionen in den Klimaschutz zu lenken.“

So haben wir die Artikel auf Deutsch übersetzt:

Einige Artikel haben wir mit der Übersetzungsfunktion von Microsoft Edge gesichtet und mit DeepL übersetzt.

„The Economist“ resümierte:
„Die COP28 sorgte für einige Kontroversen, da Sultan al-Dschaber einerseits das staatliche Öl- und Gasunternehmen ADNOC leitet und andererseits als Konferenzpräsident die Gespräche über die Zukunft des Klimawandels führt. Nichtsdestotrotz wurden auf dem Gipfel Erfolge erzielt, darunter Maßnahmen gegen Methanemissionen und Forderungen nach einer Verdreifachung des Einsatzes erneuerbarer Energien und der Einrichtung eines Fonds für Verluste und Schäden.“

„Gulf Today“ aus den Vereinigten Arabischen Emiraten ist sogar voll des Lobes: „Die teilnehmenden Länder haben ein faires und gerechtes Abkommen erzielt, das sich an wissenschaftlichen Erkenntnissen orientiert und dazu beiträgt, die Risiken für jene Länder zu verringern, die am stärksten von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind. Die COP28 ist ein Zeichen der Hoffnung.“

Klimapolitisches Potenzial abseits der Klimakonferenz?

Abschließend erweiterte David Gelles von der „New York Times“ den Blick auf das Potenzial von klimapolitischen Entwicklungen abseits der UN-Klimakonferenzen: „Ein Großteil der Fortschritte im Kampf gegen den Klimawandel ist außerhalb der Gipfeltreffen der Vereinten Nationen erzielt worden. Der Inflation Reduction Act 2022, das umfangreichste Klimagesetz, das je in den Vereinigten Staaten verabschiedet wurde, war das Produkt der Innenpolitik, nicht einer UN-Vereinbarung. Der rasche Ausbau der Wind- und Solarenergie in Europa wird durch den Krieg in der Ukraine und die Bemühungen um die Abkehr von russischem Öl und Gas angetrieben.“

Redaktion: Gwen Brendel, Lara Boysen, Lilli Hamer, Amelie Sterz, Vivien Seidl, Lara Schliefer, Maria Pozdnyakova, Valerie Pfeiffer