Und wieder bleiben Züge stehen: Im laufenden Tarifkonflikt mit der Bahn streikt die Gewerkschaft deutscher Lokführer (GDL) erneut, diesmal von Mittwochmorgen bis Montag. Dafür hat sie weder Wut noch Unverständnis verdient.
Es ist bis dato die längste Arbeitsniederlegung der Gewerkschaftler*innen im Tarifkonflikt zwischen der Gewerkschaft deutscher Lokführer (GDL) und dem Konzern Deutsche Bahn. Und mit fortschreitender Zeit verschärfen sich die Fronten, wie die Tagesschau berichtet. Bahn-Chef Lutz macht die GDL dafür verantwortlich, dass unter dem Streik “das ganze Land leidet”. GDL-Vorsitzender Weselsky wirft dem Verhandlungsführer der Bahn vor, dass er Bahnkunden und eigene Mitarbeiter*innen täusche und mit den Verhandlungsinhalten trickse.
Ernüchterndes Angebot für die GDL
Was hilft, um da einen klaren Kopf zu behalten: Sich die Forderungen noch einmal genau anschauen. Was die GDL nach wie vor fordert – eine Senkung der Wochenarbeitszeit von 38 auf 35 Stunden bei vollem Lohn – ist nicht unverschämt. Auch nicht, dass sie das aktuelle Gegenangebot der Bahn nicht annehmen will und stattdessen weiter streikt. Die Bahn möchte Arbeitnehmenden erst ab 2026 die Wahl ermöglichen: entweder eine Stunde weniger arbeiten oder 2,7 Prozent mehr Geld bekommen.
Umformuliert wirkt das ernüchternd: Die Wahl bestünde zwischen einer unbezahlten Stunde weniger pro Woche für die, die ihre Arbeitszeit verringern wollen. Das ist kein großzügiger Kompromiss der Bahn. Es ist überhaupt kein Kompromiss, denn einige Angestellten können jetzt schon ihre Arbeitszeit ohne Ausgleich verringern.
Diese Wahlmöglichkeit ab 2026 gilt auch nicht für alle Beschäftigten, was die GDL strikt ablehnt. Darüber hinaus stellt die Bahn die Bedingung, dass es dann genügend Bahnpersonal gibt. In Anbetracht der aktuellen Personalsituation ist es den Gewerkschaftler*innen nicht zu verübeln, dass sie darauf nicht vertrauen.
Ein Land leidet gemeinsam
Für alle, die am Bahnsteig stehen bleiben, ist dieser Konflikt nervig, die ausfallenden Züge ärgerlich. Vor allem beim Weg zur Arbeit: Ein Streik, egal von wem, gilt als höhere Gewalt auf dem Arbeitsweg, dafür tragen Arbeitnehmende das Risiko. Das ist schon eine Frechheit für sich!
Die GDL als Sündenböcke darzustellen, ist einfach zu kurz gedacht. Denn die Gewerkschaft führt nach wie vor einen Arbeitskampf, der berechtigt ist. Für den darf sie auch streiken, wo es wehtut. Und dass es weh tut, zeigt doch vor allem, wie wichtig funktionierender Zugverkehr für alle ist. Und wie wichtig die GDL für die Bahn ist.
Soll der Schienenverkehr ausgebaut werden, braucht es in den nächsten Jahren neue Arbeitskräfte. Aber wie will die Bahn als Arbeitgeber*in attraktiv erscheinen, wenn sie keine Anreize durch Gehalt oder Arbeitszeit bieten kann? Und wenn die wenigen Mitarbeitenden durch Personalmangel überlastet und durch fehlende Wertschätzung ihrer Arbeitskraft frustriert sind?
Aktuell werden von der GDL Rechte und Mittel erstritten, wovon auch zukünftige Angestellte profitieren werden – und schlussendlich der gesamte Bahnsektor. Dafür verdient die Gewerkschaft unsere Solidarität, nicht unsere Wut. Unsere Wut ist bei den Konzernführenden mit ihren hohen Boni besser aufgehoben.
Jahrgang 1997, hat schon einmal für den HR die Europameister im Fliesenlegen begleitet. Sie selbst legt lieber Musik auf. Als die Clubs in der Corona-Zeit geschlossen waren, brachte sie sich selbst bei, House-Musik zu mixen. Musik ist für Anna ein großes Thema. Ihr Abitur machte sie auf dem bekannten Musikgymnasium Montabaur. Neben dem Studium der Germanistik und Kommunikationswissenschaften in Münster arbeitete sie für die “Westfälischen Nachrichten” als Kultur- und Onlinejournalistin. Bei dem Campussender ihrer Uni leitete sie die Onlineredaktion und schrieb für das Straßenmagazin "draußen e.V." über öffentlichen Raum. Annas großer Traum: ein eigener Radiosender auf Spiekeroog.