Neben staatlichen Vertretern aus 197 Ländern sind bei der UN-Klimakonferenz auch zahlreiche Nichtregierungsorganisationen vertreten. Doch welche Rolle nehmen sie auf der COP28 ein und welche Ziele verfolgen sie? Ein Überblick.
Beitragsbild: Jacqueline Kurjahn und Anna-Lena Schou mit Canva
Das Interesse von Nichtregierungsorganisationen (NGOs), an den Klimakonferenzen teilzunehmen, ist groß und es nimmt zu. Während zur ersten COP im Jahr 1995 lediglich 162 NGOs zugelassen wurden, waren es auf der COP27 im vergangen Jahr in Ägypten über dreitausend. Dies bedeutet nicht zwingend, dass auch alle vor Ort vertreten sind, doch zumindest haben sie sich registriert.
Welche NGOs sind dieses Jahr in Dubai bei der Weltklimakonferenz? Was sind ihre Interessen? Und was können sie überhaupt bewirken? FINK.HAMBURG beantwortet die wichtigsten Fragen.
Wer darf an der COP teilnehmen?
Zur Weltklimakonferenz treffen sich seit der ersten Klimakonferenz im Jahr 1995 jährlich die Vertragsstaaten der United Nations Framework Convention on Climate Change, kurz UNFCCC. Das UNFCCC-Abkommen wurde 1992 als Klimarahmenkonvention beschlossen, es ist sozusagen der Ursprung der COP. Das übergeordnete Ziel der Treffen besteht laut Abkommen darin, „das Niveau der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre so zu halten, dass eine gefährliche anthropogene Störung des Klimasystems verhindert wird“.
Bei der 28. Weltklimakonferenz versammeln sich in diesem Jahr etwa 70.000 Teilnehmer*innen aus 197 Ländern, um Lösungen zur Bekämpfung der Klimakrise auszuarbeiten. Die Konferenzen und Versammlungen auf den Weltklimakonferenzen sind nicht öffentlich. Und nicht alle Teilnehmenden haben die gleichen Interessen und auch nicht dieselben Mitbestimmungsrechte.
Drei unterschiedliche Gruppen an Teilnehmer*innen sind nach einer Akkreditierung erlaubt:
- Vertreter*innen der UNFCCC-Vertrags- und Beobachterstaaten, dazu zählen beispielsweise Minister*innen und Regierungsmitglieder
- Mitglieder von Presse und Medien
- Vertreter*innen von Beobachterorganisationen.
Zu den Beobachterorganisationen gehören unter anderem auch NGOs wie World Future Council aus Hamburg. NGOs sind laut der Bundeszentrale für politische Bildung Organisationen, die in privater Initiative – unabhängig von der Regierung – politische, gesellschaftliche, soziale oder ökonomische Ziele verfolgen. Um ihre Ziele auf der COP28 zu erreichen, müssen sich die NGOs etwas einfallen lassen, denn sie dürfen auf den Weltklimakonferenzen nicht mitbestimmen – zumindest nicht im klassischen Sinne. Sie sitzen nicht mit am Verhandlungstisch und haben kein Stimmrecht.
Wie kommt man als NGO zur COP28?
Damit Mitglieder einer NGO an der Weltklimakonferenz teilnehmen können, muss die NGO zuvor zugelassen werden. Dies muss einmalig passieren. Wer einmal zugelassen ist, kann immer wieder kommen, allerdings muss die Organisation vor jeder COP ihre Vertreter*innen neu registrieren. Hierzu nominiert sie alle Personen, die an der COP teilnehmen wollen. Das UNFCCC-Sekretariat legt Teilnahmequoten fest, wie viele Vertreter*innen dann anwesend sein dürfen. Dies ist abhängig von eingehenden Bewerbungen und Sicherheitsüberlegungen.
Wenn sich eine Nichtregierungsorganisation bewirbt, kann sie sich „NGO constituencies“ zuordnen. Das sind lose Zusammenschlüsse von NGOs mit zwar unterschiedlichen, aber dennoch ähnlichen Interessen oder Perspektiven.
Insgesamt gibt es neun Gruppen mit teilweise ähnlichen Abkürzungen – etwa die Gruppe BINGO, die sich mit den Bereichen Wirtschaft und Industrie beschäftigt. ENGO – von Environment – sind NGOs aus dem Umweltbereich. Neben BINGO und ENGO gibt es noch den losen Zusammenschluss RINGO. Dies sind Forschungs- und unabhängige NGOs. Weitere Zusammenschlüsse gibt es in den Bereichen Landwirte, Organisationen indigener Völker (IPO), lokale Regierungen und kommunale Behörden (LGMA), Gewerkschaftsbereich (TUNGO), Frauen und Gender (WGC) und Jugendbereich (YOUNGO). In der Grafik ist die Verteilung aller jemals zugelassenen NGOs nach Zugehörigkeit zu sehen.
Was machen Hamburger NGOs auf der COP28?
World Future Council ist eine in Hamburg ansässige NGO, die sich für einen gesunden Planeten einsetzt. Für die Organisation, die sich 2007 gegründet hat, ist unter anderem Lena Dente vor Ort in Dubai. Für NGOs, die an klimarelevanten Themen arbeiten, gebe es keinen besseren Ort, um so viele Menschen zu finden, die gemeinsam Lösungen gegen die Klimakrise suchen und entwickeln wollen. Wenn man vor Ort sei, könne man besser verstehen, wie relevante Richtlinien entwickelt und ausgehandelt werden und an Diskussionen teilnehmen, so Dente.
Auch Universitäten aus aller Welt werden von den Vereinten Nationen im Rahmen der COP28 als NGO gelistet. So ist auch Stefan Aykut, Professor für Soziologie an der Universität Hamburg, derzeit in Dubai vor Ort, als wissenschaftlicher Beobachter. Aykut untersucht zum einen, wie auf Weltklimakonferenzen daran gearbeitet wird, eine globale Klimawende zu initiieren. Zum anderen beschäftigt er sich damit, wie die Unzulänglichkeiten globaler Klimapolitik und die Risse in der Weltgesellschaft sichtbar gemacht werden können. „Ich verfolge bestimmte Streams in den Verhandlungen und eine Reihe von zivilgesellschaftlichen Aktivitäten. Zudem führe ich Interviews mit Akteuren aus Politik und Zivilgesellschaft“, so Aykut zu FINK.HAMBURG.
Welche Ziele verfolgen die Nichtregierungsorganisationen?
Auch wenn NGOs nicht mitentscheiden dürfen, wollen sie ihre individuellen Ziele verfolgen. Lena Dente vom World Future Council definiert die Ziele ihrer Organisation wie folgt: „Wir sind hier, um sicherzustellen, dass die Rechte künftiger Generationen in den Diskussionen über den Klimawandel berücksichtigt werden“, sagt sie. Auch die Diskussionen und Entwicklungen im Zusammenhang mit einer gerechten Energiewende und der Verdreifachung des Ziels für erneuerbare Energien beobachtet sie.
Eine weitere wichtige Interessengruppe, mit denen Dente und ihre Kolleg*innen zusammenarbeiten, sind Abgeordnete: „Im Rahmen unserer Arbeit beim Global Renewables Congress auf der COP bringen wir Parlamentarier aus verschiedenen Ländern zusammen. Wir bauen Kapazitäten im Zusammenhang mit der Energiewende auf – mit Schwerpunkt auf erneuerbare Energien.“ Der Global Renewables Congress befindet sich in Hamburg. Er ist ein Netzwerk von Parlamentarier*innen, das sich dafür einsetzt, dass sich Lösungen im Bereich erneuerbaren Energien besser verbreiten.
Die COP28 vor Ort mitzuerleben, biete für Professor Stefan Aykut eine Chance, sich einen Überblick über die aktuellen Klimadebatten zu verschaffen. Für seine Forschung legt er hierbei einen besonderen Fokus auf zwei Themen: „Ich beobachte den Prozess der globalen Bestandsaufnahme, den sogenannten Global Stocktake, und die Diskussionen rund um das Ende der fossilen Energien“, sagt er.
Was kann eine NGO bewirken?
NGOs haben kein Stimmrecht. Sie haben lediglich einen Beobachterstatus. Dennoch ist ihre Teilnahme an der Weltklimakonferenz nicht unbedeutend. Sie haben Zugang zum Konferenzstandort und zu öffentlichen Sitzungen. Hier können sie ein beschränktes Rederecht haben, wenn sie einer der genannten Zusammenschlüsse angehören. Zudem können sie schriftlich Stellungnahmen einreichen, die das UNFCC-Sekretariat dann auf ihrer Webseite veröffentlicht. Ziel ist es, hierdurch Druck auf die staatlichen Delegierten auszuüben und mittels Lobbyarbeit Einfluss auf die Gespräche und Verträge zu nehmen.
„Die Teilnahme von NGOs ist essenziell bei diesem Prozess“, sagt Aykut von der Universität Hamburg. Ihre Präsenz sei wichtig, um Druck auf die Verhandlungen auszuüben und Transparenz herzustellen. Sie sollen auch „jenseits der staatlichen Politik vielfältige Kooperationen im Bereich privater Klimapolitik anstoßen und transnationale Netzwerke für Klimagerechtigkeit stärken“, so Aykut.
Auch Dente von WFC sieht einen gewissen Einfluss von NGOs auf die Weltklimakonferenz und ihre Entscheidungen: „Ich denke, dass die Verhandlungsführer die Stimmen und Ideen berücksichtigen, die die NGO-Gemeinschaft zur COP einbringt", sagt sie. Allerdings gebe es auf der Konferenz so viele konkurrierende Interessen, dass die Verhandlungsführer in der Lage sein müssen, die relevanten Informationen zu finden. Um so letztlich „auch Standpunkte derjenigen mit einbeziehen, die nicht an den Verhandlungstischen sitzen können“, so Dente zu FINK.HAMBURG.