Demo gegen Rechts wegen Überfüllung abgebrochen

Hamburg steht auf

Viele Menschen stehen vor Gebäuden uns haben Plakate mit Aufschriften.
Auf der Demo gegen Rechts waren Tausende von Menschen. Foto: Anna-Lena Schou

Frühzeitig musste am Freitagnachmittag die Demo gegen Rechtsextremismus am Jungfernstieg abgebrochen werden, da Einsatzwagen nicht mehr durch die Menge kamen. Ein Vielfaches der 10.000 erwarteten Menschen war erschienen.

Am Freitagnachmittag gab es am Jungfernstieg eine Großdemonstration gegen Rechtsextremismus unter dem Motto: „Hamburg steht auf! Gegen Rechtsextremismus und neonazistische Netzwerke!“.

Einsatzwagen konnten nicht mehr durchkommen

Die Veranstalter mussten diese um 16:37 beenden, da die Einsatzwagen nicht mehr durchfahren konnten und Menschen in der dicht gedrängten Menge kollabierten. Die Gesundheit der einzelnen sei wichtiger, teilen die Organisatoren mit. Zuvor wurde vermehrt darauf hingewiesen, dass viele Menschen vor Ort sind und sich die Menge weiter verteilen solle, da Menschen zusammengebrochen seien.

Der Bannkreis um das Rathaus wurde dabei nicht eingehalten. Da die AfD-Fraktion kurzfristig eine Sitzung im Rathaus abhielt, war es untersagt, in unmittelbarer Nähe die Demonstrationen abzuhalten. Nach dem Ende der Kundgebung versammelten sich Demonstration jedoch am Rathausplatz und skandierten „Ganz Hamburg hasst die AfD“.

35.000 Demonstrierende 30 Minuten nach Demobeginn

Um 16 Uhr teilte Kazim Abaci vom Verein Unternehmer ohne Grenzen mit, dass die Zahl der Demonstrant*innen laut Polizei bei 35.000 lege. Bei Abbruch der Demo seien es noch mehr gewesen. Die Polizei gibt 50.000 an, während die Veranstalter von mehr als 100.000 sprechen. Am Jungfernstieg, Ballindamm und am Neuen Jungfernstieg standen die Menschen eng beieinander. Videos zeigen eine gewaltige Menschenmenge, die die Binnenalster fast vollständig einrahmt.

„Hamburg bleibt bunt“ war unter anderem auf Plakaten zu lesen. HSV Flaggen wehten neben denen von St. Pauli. Gewerkschaften, Kirchen, Kulturschaffende und Wirtschaftsverbände versammelten sich. „Wir sind mehr“, „Nie wieder“ und „Ganz Hamburg hasst die AfD“ lauteten die Rufe der Demonstrant*innen auf der Kundgebung.

„Wir sind die Mehrheit und wir sind stark“

Kazim Abaci leitet die Kundgebung ein uns sagte: „Unsere Freiheit, unsere Demokratie ist akut gefährdet. Es ist unsere historische Pflicht unsere Demokratie zu schützen und zu verteidigen“.

Im Anschluss sprach der Erste Bürgermeister von Hamburg Peter Tschentscher (SPD). Er bezeichnet den aktuellen Zeitpunkt als die vielleicht schwierigste politische Phase seit dem zweiten Weltkrieg. „Wir haben einen Punkt erreicht, an dem alle rechtsschaffenden Bürgerinnen und Bürger, alle Demokratinnen und Demokraten aufstehen müssen und Haltung zeigen.“ Es gebe eine Botschaft an die AfD und ihre rechten Netzwerke: „Wir sind die Mehrheit und wir sind stark, weil wir geschlossen sind und weil wir entschlossen sind, unser Land und unsere Demokratie nach 1945 nicht ein zweites Mal zerstören zu lassen. Nie wieder, das werden wir verhindern.“

Tschentscher sagte: „Wer die Deportation von Menschen plant, ist ein rechtsradikaler Verfassungsfeind und nichts anderes.“

„Rassismus und Demokratie sind nicht politisch“

Auch die Vorsitzende des DGB Hamburg Tanja Chawla sprach. Sie betonte, dass die Hamburger Gewerkschaften einen AfD-Unvereinbarkeitsbeschuss haben.

Bischöfin Kirsten Fehrs, amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschland, fand ebenfalls klare Worte: „Wunderbar, dass wir so viele sind, und bitter zugleich, dass solche Kundgebungen nötig sind, im Jahr 2024, in unserem Land.“

Michael Thomas Fröhlich, Hauptgeschäftsführer UVNord, sprach die anstehenden Wahlen an und Patrick Esume, Commissioner der European League of Football sagte: „Rassismus und Demokratie sind nicht politisch sondern in erste Linie ein gesellschaftliches Thema und gehen uns alle was an.“

Unter anderem die Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft Carola Veit (SPD) und Joachim Lux, der Intendant des Thalia Theaters, konnten aufgrund des vorzeitigen Endes nicht mehr vor den Demonstrant*innen sprechen.

apa/jac/als

Das Fachgebiet von Anna-Lena Schou, geboren 1997 in Walsrode, sind digitale Schlagfallensysteme – das sind Nagetierfallen, die eine Nachricht schicken, wenn sie zuschnappen. Das lernte sie in ihrem Job bei einem Schädlingsbekämpfer. Während ihres Bachelor-Studiums in International Tourism Studies schrieb sie für diverse Online- und Printmedien der Hochschule Harz in Wernigerode. Später verkaufte Anna-Lena Social-Media-Beiträge für Foodguide – über Essen schreibt sie besonders gern. Eigentlich aber will sie generell viel lieber schreiben als verkaufen. Zur Not auch über Schlagfallensysteme. (Kürzel: als)

Jacqueline Kurjahn, Jahrgang 2000, gewann einmal einen Pokal für einen Laufwettbewerb, obwohl sie eigentlich gar nicht daran teilnehmen wollte – sie trat als einzige in ihrer Altersklasse an. Aufgewachsen ist sie in Visbek bei Oldenburg, bis heute organisiert sie dort Ferienlager für Jugendliche. In Salzgitter studierte sie Medienkommunikation. Um die mediale Aufmerksamkeit für unter anderem Start-ups bemühte sie sich in einer kleinen PR-Agentur. Als Werkstudentin setzt sie in der Vermarktungsabteilung der Hamburger Morgenpost Social-Media-Kampagnen für Anzeigenkunden um. Auch privat ist Jacqueline viel auf Instagram unterwegs – als lebendes Newsportal für Promi-Tratsch. (Kürzel: jac)

Anne Paulsen, geboren 1996 in Itzehoe, hat Flugangst, reiste nach dem Abitur aber trotzdem für ein Jahr auf die von der Klimakrise bedrohte Pazifikinsel Kiribati. Sie unterrichtete, pflanzte Mangroven und begann zu bloggen. Später schrieb sie für kleinere Magazine und eine NGO über Klimawandel und Nachhaltigkeit. In Hamburg studierte sie Religionswissenschaft. Auf den Salomonen hat sie den ersten Frauenboxkampf mitorganisiert und stieg auch selbst in den Ring. Einen Poetry Slam ohne Wettkampfcharakter zu organisieren, steht noch auf ihrer To-Do-Liste – dann würde sie sich vielleicht mit einem eigenen Gedicht auf die Bühne trauen. (Kürzel: apa)