Start Politik Fernwärme: Rückkauf des Netzes leicht erklärt

Fernwärme: Rückkauf des Netzes leicht erklärt

5 Fakten

Eine Fernwärmeleitung wird repariert. Fernwärmenetz Foto: Marcus Brandt/dpa
Eine Fernwärmeleitung wird repariert. Foto: Marcus Brandt/dpa

Die Stadt Hamburg kauft bald ihr Fernwärmenetz zurück. Das liest man gerade in den Medien. Doch was bedeutet das eigentlich? Volksentscheid, Energienetze, Kohleausstieg alles sehr verwirrend. Die wichtigsten Fakten zusammengefasst.

1. Was ist Fernwärme?

In Kraftwerken entsteht neben Strom auch Heizwärme. Heißes Wasser wird dann durch Rohre zu den Haushalten geleitet und dort in die Zentralheizung eingespeist. Ist das Wasser wieder abgekühlt, wird es zum Kraftwerk zurückgepumpt und dort erneut erhitzt.

Oft werden fossile Brennstoffe wie Kohle und Erdöl als Energiequelle genutzt. Das ist schlecht für die Umwelt. Werden erneuerbare Energiequellen eingesetzt, beispielsweise Biomasse, ist die entsprechende Fernwärme umweltfreundlicher.

Das etwa 800 Kilometer umfassende Hamburger Leitungsnetz ist mit seinen rund 11.000 Kundenanlagen das zweitgrößte in Deutschland. Im Jahr 2016 wurden mehr als 470.000 Wohneinheiten mit Fernwärme versorgt.

2. Volksentscheid “Unser Hamburg unser Netz”

Die Demonstrantin Helene Hohmeier von "NaturFreunde Hamburg" (l), trägt ein Transparent mit der Aufschrift: "Fernwärme zurück" und zieht zusammen mit weiteren Demonstranten durch die Spitalerstraße. Geschätzt etwa 300 Menschen haben für den Rückkauf des Fernwärmenetzes demonstriert. Foto: Georg Wendt/dpa
Demonstranten forderten den Rückkauf des Fernwärmenetzes. Foto: Georg Wendt/dpa

Vor fünf Jahren haben 444.000 Hamburger*innen in einem Bürgerentscheid für den Rückkauf von Strom-, Gas- und Fernwärmenetz gestimmt, die durch den Energiekonzern Vattenvall betrieben wurden. Mit einer knappen Mehrheit von 50,9 Prozent haben sie sich für eine vollständige Rekommunalisierung ausgesprochen.

Die Ergebnisse von Volksentscheiden sind in Hamburg verfassungsrechtlich bindend. Die Stadt hätte sich also nicht über das Votum hinwegsetzten können. Fraglich war nur, wie sie die Entscheidung umsetzt.

Strom- und Gasnetz wurden bereits 2015 und 2017 rekommunalisiert. Nun folgt zum 1. Januar 2019 auch das Fernwärmenetz.

3. Warum gab es Streit um die Fernwärme?

Nach dem Volksentscheid 2013 gab es zwei Möglichkeiten, wie die Stadt auf das Votum der Bürger reagiert: Eine Variante war, dem Bürgerwille zu entsprechen und das Netz von Vattenfall vollständig zurückzukaufen. Sie hätte aber auch nur die städtischen Anteile am Netz erhöhen können und der Energiekonzern Vattenfall wäre damit Entscheidungspartner geblieben. Durch den geplanten Rückkauf des Fernwärmenetzes kann nun die Stadt alleine entscheiden, wie sich die Energieversorgung Hamburgs weiterentwickelt.

4. Zahlt die Stadt zu viel?

Anfang 2014 hat der damalige SPD-Senat die Rückaufoption mit Vattenfall ausgehandelt. Dabei garantierte er dem Konzern für das gesamte Netz einen Mindestpreis von 950 Millionen Euro. Allerdings sind die Fernwärmeanlagen nach einem Gutachten vom Frühjahr 2018 heute nur noch 645 Millionen Euro wert, wie der NDR berichtet. Die Stadt würde dann mehr Geld als nötig ausgeben. Die CDU und die FDP kritisieren die Entscheidung des Senats. Es gibt jedoch auch ein Gutachten vom BUND, das den höheren Kaufpreis für wirtschaftlich gerechtfertigt hält.

5. Was hat Fernwärme mit dem Kohleausstieg zu tun?

Die Bürger haben sich 2013 nicht nur für einen Rückkauf der Energienetze, sondern auch für einen schnellstmöglichen Kohleausstieg ausgesprochen. Besonders einen Ersatz für das Kohleheizkraftwerk Wedel wurde gefordert. Ab Juli 2021 muss in Deutschland eine neue EU-Richtlinie umgesetzt werden, die für Kraftwerke deutlich niedrigere Stickoxid-Grenzwerte vorgibt. Das Heizkraftwerk Wedel kann die nicht einhalten, berichtet “Die Zeit”.

Fernwärme zukünftig ohne das Kohlekraftwerk Moorburg. Foto: Ajepbah/ Wikimedia Commons
Das Kohlekraftwerk Moorburg.
Foto: Ajepbah/ Wikimedia Commons

Weiter heißt es, dass Vattenfall das Kraftwerk Wedel mit der Einbindung des Kohlekraftwerks Moorburg in das Fernwärmenetz ersetzt hätte. Bisher wird das wenige Jahre alte Kraftwerk Moorburg fast nur für die Stromerzeugung genutzt die enstehende Wärme wird weggekühlt. Die Umweltbehörde von Senator Jens Kerstan (Grüne) will hingegen einen anderen Weg gehen und die Wärme komplett kohlefrei und mit erneuerbaren Energien erzeugen: Zum Beispiel mithilfe von Wärmepumpen und der Abwärme aus Industriebetrieben.