Seit dem 15. April rollen die schwarz-goldenen Elektrobusse von Moia durch Hamburg. Doch nicht alle sind glücklich darüber. Was ihr jetzt über das neue Mobilitätsangebot wissen müsst, hat FINK.HAMBURG für euch zusammengefasst.
Was ist Moia Hamburg?
Moia ist ein Sammeltaxidienst, bei dem Kunden mit einem ähnlichen Weg gemeinsam befördert werden. Ein Algorithmus berechnet, welche Strecken zusammengefasst werden. Der Nutzer nimmt also einen möglichen Umweg zu seinem Ziel in Kauf, zahlt dafür jedoch deutlich weniger als für eine Taxifahrt. Das Unternehmen schafft eine Alternative zu öffentlichem Nahverkehr und Taxifahrten.
Hinter dem Dienst steckt der Konzern Volkswagen, der das sogenannte Ridesharing erstmals in Hannover anbot. Der öffentliche Betrieb startete dort Ende Juli 2018 nach einer ausgedehnten Testphase. In Hamburg nahm der Dienst am 15. April 2019 seinen Betrieb mit zunächst 100 Fahrzeugen auf. Während in Hannover modifizierte VW T6-Vans im Einsatz sind, ging Moia in Hamburg direkt mit Elektrobussen an den Start – inklusive Einzelsitzen und Wlan. In beiden Fahrzeugen können pro Fahrt bis zu sechs Fahrgäste gleichzeitig transportiert werden.
Wie funktioniert der Dienst von Moia Hamburg?
Eine Fahrt kann nach einer Registrierung mithilfe der Moia-App gebucht werden. Zunächst gibt der Nutzer an, wo Start- und Zielpunkt liegen, wie viele Leute einsteigen, ob Kindersitze benötigt werden und wann die Abholung stattfinden soll. Nachdem die Daten eingegeben wurden, erhält der potentielle Fahrgast eine Einschätzung zu Fahrtzeit und Kosten. Gezahlt werden kann per Kreditkarte oder Prepaid-Kreditkarte.
Zwischen dem Startpunkt des Nutzers und dem Moia-Haltepunkt liegen maximal 250 Meter. Die Haltepunkte sind von Moia festgelegt und nicht flexibel. Auf dem Weg zum Ziel sammelt der Fahrer eventuell noch weitere Gäste ein. In Hamburg kann der Dienst zu folgenden Zeiten genutzt werden: montags bis mittwochs von 5 Uhr bis 1 Uhr, donnerstags ebenfalls ab 5 Uhr bis Sonntag 6 Uhr durchgängig, sonntags von 10 Uhr bis Mitternacht.
Wo ist Moia verfügbar?
Seit dem Start fahren die Moia-Elektrobusse im Kerngebiet Hamburg. Langfristig plant das Unternehmen, das gesamte Hamburger Stadtgebiet abzudecken. Dafür brauche es laut des Pressesprechers Christoph Ziegenmeyer aber rund 1000 Fahrzeuge. Im Laufe des Jahres 2019 sollte das Geschäftsgebiet zumindest auf die weniger zentralen Stadtteile ausgeweitet werden. Ob das Ziel erreicht werden kann, ist fraglich, da das Verwaltungsgericht Hamburg den Ausbau der Flotte vorerst stoppte. Ein Ausbau südlich der Elbe ist mittelfristig nicht absehbar. Damit ist Moia derzeit vor allem in einem Gebiet aktiv, das im Regelfall vom öffentlichen Nahverkehr bereits gut erschlossen ist.
Hier stand eine eingebundene Google-Maps-Karte, die aus Datenschutzgründen entfernt werden musste.
Wie läuft es seit dem Start in Hamburg?
Moia selbst twitterte zehn Tage nach dem Start, dass der Fahrdienst in Hamburg bereits 15.000 Mal gebucht worden sei. Die Zahl der Buchungsanfragen liege ein Vielfaches darüber. Twitter-Nutzer zeichnen dagegen ein anderes Bild: Sie berichten von leeren Fahrzeugen oder davon, der einzige Fahrgast zu sein.
Sitze auch immer noch alleine im #Moia, obwohl wir mitten durch die Innenstadt fahren. Eben kam uns auch ein leeres entgegen. Der Code hinter dem System scheint noch nicht so geil zu sein. Oder es will keiner Moia fahren.
— Iver 🇪🇺 (@iverbpunkt) 18. April 2019
Die letzten Fragen der Menschheit: Was ist der Sinn des Lebens? Gibt es ein Leben nach dem Tode? Hat schon mal jemand ein #moia gesehen, der nicht leer durch die Gegend fährt?
— Guacam’olé 🍺👴 (@stammtischphilo) 24. April 2019
Reeperbahn eingestiegen. Ziel Barmbeker Str. Und #Moia fährt über die Amsinkstraße. Ernsthaft? Dadurch doppelte Fahrzeit und kein Mitfahrer.
— Dirk (@schultz_dirk) 16. April 2019
In den sozialen Medien gibt es aber auch Lob für das unkomplizierte Buchungssystem, die Pünktlichkeit und die netten Fahrer. Das Portal Nahverkehr Hamburg berichtete, dass bei einer Stichprobe ein Drittel seiner Buchungsanfragen abgelehnt worden sei. Die Redakteure errechneten auf Basis der von Moia angegebenen Zahlen, dass der Fahrdienst mit derzeit 100 Elektrobussen im Einsatz pro Tag nur 15 Buchungen bewältigt habe. Auf seiner Webseite gab Moia selbst zu, dass noch nicht alles rund läuft und bat die Nutzer um Geduld.
Welche Alternativen gibt es?
CleverShuttle
CleverShuttle ist ein umweltfreundlicher Ridesharing-Anbieter, der ausschließlich mit Elektro- und Wasserstofffahrzeugen fährt.
Geschäftsgebiet: Gesamtes Hamburger Stadtgebiet
Betriebszeiten: Sonntag bis Donnerstag: 9 Uhr bis 4 Uhr, Freitag und Samstag: 9 Uhr bis 6 Uhr
Mytaximatch
Mytaximatch ist die Ridesharing-Alternative der Taxi-App Mytaxi.
Geschäftsgebiet: Gesamtes Hamburger Stadtgebiet
Betriebszeiten: Montag bis Sonntag rund um die Uhr
Ioki Hamburg
Ioki Hamburg ist ein Shuttle-Service der VHH auf Abruf, der als Ergänzung zum Nahverkehr dienen soll und mit einem Aufpreis zum HVV-Ticket genutzt werden kann.
Geschäftsgebiet: Lurup und Osdorf, ab Herbst 2019 soll Billbrook dazukommen
Betriebszeiten: Montag bis Sonntag rund um die Uhr
Welche Kritik gibt es am Angebot?
Vor allem Taxifahrer sehen sich durch Angebote wie Moia bedroht. Seit Monaten versuchen Hamburger Taxiverbände mithilfe verschiedener Protestaktionen den Start zu verhindern. Ein Taxiunternehmer klagte gegen den Hamburger Senat, der Moia die Genehmigung für den Betrieb mit 500 Fahrzeugen erteilt hatte. In einem Eilrechtsschutzverfahren entschied das Hamburger Verwaltungsgericht am 24. April 2019, dass Moia vorerst nur mit 200 Fahrzeugen operieren darf, bis eine endgültige Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes (OVG) vorliegt. Der Konflikt ist nicht neu: Bereits als Moia in Hannover startete, versuchten Taxifahrer den Sharing-Dienst zu verhindern. Der Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen kritisierte Moia vor allem immer wieder für seine Preispolitik, bei der die vielen kleinen Taxiunternehmen nicht mithalten könnten.
Wie geht es für Moia weiter?
Die VW-Tochter hat angekündigt, Beschwerde gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes einzulegen. Mit den nun 200 erlaubten Bussen sei kein stadtweiter Service möglich. „Die Entscheidung des Gerichts ist insbesondere für die Stadt und ihre Bewohner bedauerlich“, so der Pressesprecher gegenüber FINK.HAMBURG. Man habe aber wohlwollend zur Kenntnis genommen, dass ein einzelner Taxiunternehmer sein eigentliches Ziel, Moia komplett zu stoppen, nicht erreicht hat. Der Hamburger Senat stärkte der VW-Tochter nach der Entscheidung den Rücken und kündigte in einer Pressemitteilung an, ebenfalls Beschwerde beim OVG einzulegen. Wie das Handelsblatt berichtete, könnte sich das Verfahren noch einige Monate hinziehen. Wenn das keinen Erfolg hat, droht ein Hauptsacheverfahren beim Verwaltungsgericht.
Titelfoto: dpa/Christian Charisius