Seit 60 Semestern pendelt Christoph Maas zwischen Mensa, Hörsaal und Büro hin und her. Er ist seit 30 Jahren Professor an der HAW Hamburg. Wir haben uns mit ihm über Veränderungen in der Lehre und die Regelstudienzeit unterhalten.

Der Ausblick war nicht immer so schön. Erst seit 2007 kann Prof. Dr. Christoph Maas von seinem Büro über die Baumkronen Bergedorfs gucken. In den 18 Jahren zuvor saß er auf dem Campus Berliner Tor. 1989 begann er dort sein erstes Semester als Professor der Mathematik an der HAW Hamburg.

Mittlerweile sind 60 Semester vergangen. 30 Jahre, in denen Maas nicht nur Professor, sondern auch Vizepräsident der HAW und Leiter des Departments Wirtschaftsingenieurwesen war.

Wir haben ihn in seinem Büro in der Fakultät Life Science besucht und über Regelstudienzeit, Veränderungen an der Hochschule und die Aufgaben von Professor*innen und Student*innen gesprochen.

Wie beurteilt ein Professor, der schon seit 60 Semestern an der Hochschule ist, die Regelstudienzeit von sechs Semestern im Bachelor?

Maas: Nach außen hin wird mitunter der Eindruck erweckt, dass eine grausame Folge des Bachelor-Master-Systems darin bestünde, jeden in Regelstudienzeit zu pressen. Das stimmt nicht und sollte auch nicht das Ziel sein. Regelstudienzeit sehe ich eher als eine Selbstverpflichtung der Hochschule. Wir müssen das Studium so organisieren, dass es in der Regelstudienzeit möglich wäre, wenn man will.

Was hat sich Ihrer Meinung nach 30 Jahren an der HAW geändert?

Maas: Der allergrößte Unterschied ist der Weg, auf dem die Studierenden heute zu uns kommen. Vor 30 Jahren war ganz klar: Wer an eine Fachhochschule wollte, kam aus dem Beruf. Die wollten in ihrem Beruf bestimmte Aufgaben übernehmen und mussten dafür Fachabitur und Studium machen. Heutzutage kommen die meisten Studierenden nach dem Abitur an die HAW.

Was würden Sie sich als Professor von diesen Studierenden wünschen?

Maas: Ich möchte die Studierenden dazu ermuntern sich selbst einen Zugang zum Stoff zu erarbeiten, ihn nicht wie ein Kassettenrecorder abzuspulen und fünf Minuten nach der Klausur wieder zu vergessen.

Die Studis sollten merken, dass ich nicht ihre Lebenszeit verschwende. Denn das, was wir machen, auch in der Mathematik, ist ein wesentlicher Teil ihrer Qualifikation am Ende des Studiums.

Blick in das Büro von Prof. Dr. Christioph Maas.
Das Büro von Prof. Dr. Maas. Der Ausblick ist nicht schlecht. Foto: Simon Schröder

Wie hat sich ihre Rolle als Professor verändert?

Maas: Früher wollten die Leute durch ein Studium ein, zwei Karrierestufen weiterkommen. Es wurde nicht mehr von uns erwartet, als ihnen das zu ermöglichen.

Wenn heute jemand nach dem Abitur zu uns kommt, kann er es noch weit bringen. Da müssen wir überlegen, was wir diesen Menschen mitgeben müssen. Was muss die HAW leisten, damit möglicherweise aus ihnen auch mal ein DAX-Vorstand wird?

Dafür müssen wir natürlich die Lehrformen weiterentwickeln. In vielen Bereichen sind die Rollen im Vorlesungsbetrieb noch sehr klassisch verteilt.

Klassisch im Sinne von: Die Lehrenden stehen vorne und die Studierenden hören zu?

Maas: Das ist ein Unterrichtsstil, der noch hohe, frontale Anteile aufweist. Dabei müssten wir die Studierenden mehr in ihrem Lernverhalten begleiten.

Im Studium der Biotechnologie bieten wir schon ein Erstsemester-Projekt an. Dabei können die Studierenden eine bestimmte Fragestellung sehr frei bearbeiten und sich aus einem Kreis von Lehrpersonen Unterstützung holen.

Sie müssen dabei von selbst auf Ideen kommen, um die Aufgaben zu lösen. Da gilt nicht mehr das Motto: Ich, der Professor, habe ausgesucht, was ihr Studierenden lernen müsst.

Freut man sich als Professor über Fragen oder nerven die manchmal auch?

Maas: Fragen sind immer positiv. Sie haben ja mit etwas zu tun, was ich Minuten vorher erzählt habe und von dem ich ausgegangen bin, dass die Leute es verstanden haben. Fragt mich jemand was zu dem Stoff, weiß ich, dass er oder sie es noch nicht verstanden hat.

Es ist auch nicht so, dass ich alle Fragen perfekt beantworten kann. Daraus entwickelt sich ein Gespräch oder ich stelle die Frage ans Plenum. Das hilft oft weiter. Jemand anderes findet vielleicht Worte, die mir nicht eingefallen sind.

Studierende sollten also ruhig den Mut haben, viel zu fragen?

Maas: Wie heißt das Motto der Sesamstraße?

Wer nicht fragt, bleibt dumm.

Maas: Sehen sie.