FINK.HAMBURG-Redakteurin Mia im Regen stehen lassen? Kein Problem. Denn wenn sich die meisten Menschen mürrisch nach drinnen verziehen, um dem kühlen Nass zu entgehen, blüht Mia im Regen erst so richtig auf – sie ist pluviophil.
Von Mia Holland
Kennt ihr das Entweder-Oder-Spiel noch? Buch oder Film? Meer oder Berge? Pizza oder Sushi? Eine der häufigsten Fragen war immer: Sommer oder Winter? Sommerliebhaber liegen bei der Frage gedanklich sofort auf einer Liege am Strand, einen kühlen Drink in der Hand, den Blick auf das glitzernde Meer gerichtet. Winterliebhaber steigen sofort auf den Schlitten. Sie sehen schneebedeckte Landschaften vor sich und hören, wie der Schnee beim Gehen unter den Schuhen knirscht. Und ich? Naja, Sommer und Winter sind ganz nett, aber ich mag Regen – ich bin pluviophil.
Pluviophil – was ist das denn?
Das Wort setzt sich zusammen aus dem lateinischen Wort „Pluvial“ für „Regen“ und der altgriechischen Endung “Philia” für Freunschaft, Liebe oder Zuneigung. Pluviophil ist, wer Regen liebt und an regnerischen Tagen gut drauf ist. Sowas gibt es? Oh ja! Zwischen Sommer- und Wintermenschen gibt es tatsächlich noch eine weitere Spezies: die Pluviophilen.
Was der Regen mit ihnen macht
Diese Spezies mag es weder zu heiß, noch zu kalt. Für sie herrschen ideale Temperaturen im Frühling und im Herbst. Wenn es zu regnen beginnt und die meisten Menschen miesepetrig nach dem Regenschirm greifen, geht für Pluviophile der Spaß erst los. So auch für mich!
Ich persönlich unterscheide zwischen zwei Ausprägungen der Pluviophilie: Ausprägung eins ist extrovertierter und genießt es im Regen umher zu tollen, in Pfützen zu springen und laut „Raindrops keep falling on my head” zu singen. Sie sind bestens ausgestattet mit bunten Regenschirmen und leuchtenden Gummistiefeln. Es kümmert sie nicht, ob die Frisur leidet oder die Schuhe durchnässen. Wenn du sie danach fragst, werden sie dir gut gelaunt entgegnen: „Ich bin doch nicht aus Zucker!“
Die zweite Ausprägung der Spezies ist zurückhaltender – Typ still genießend. Ihr Ideal ist der lang ersehnte Wolkenbruch, der sich nach etlichen, schier endlosen, heißen Tagen angebahnt hat. Wenn die Natur endlich durchatmen kann, macht sich das Gefühl großer Erleichterung breit. Dann werden die Fenster aufgerissen und der Duft des Regens inhaliert. Mit einem guten Buch und einem warmen Tee wird das Prasseln des Regens auf Dächer, Fenster und Straße als Begleitmusik genossen. Regen wirkt auf sie wie eine Reinigung der Welt. Ein Neustart. Als kämen nach langer, unterdrückter Trauer oder Wut endlich die Tränen und die angestaute Anspannung kann abfließt. Ein (Regen-)Ventil.
Ich schätze, ich bin eine tanzende und genießende Mischung aus beiden – das gibt es nämlich auch.
Pluviophile – ab nach Hamburg!
Und wo sind Pluviophile richtig aufgehoben? Klar, in Hamburg! Mit seinen Jahresniederschlagsmengen im deutschlandweiten Städtevergleich landet Hamburg immerhin auf Platz fünf. Das sorgt bestimmt nicht bei allen Einwohnern der Stadt für gute Laune, aber hey, man kann nicht das ganze Jahr rundherum zufrieden sein. Also für mich ist die Sache klar. Ich bleibe erst mal in Hamburg, denn ich liebe Regen. Und was ist mit euch: Sommer oder Winter?