Der Sommer war geprägt von Hitze und Dürre. Konnte sich das Grundwasser in Hamburg davon erholen? Und welche Auswirkungen hat der Klimawandel? Eine Wasserstandsmeldung von FINK.HAMBURG.
Titelbild: Pixabay/Peggychoucair
Im Sommer waren sie überall – die Fotos von vertrockneten Pflanzen, Rekord-Niedrigständen von Rhein, Loire und anderen Flüssen und von Waldbränden in Berlin Brandenburg. Im traditionell nassen Herbst und Winter rückt das Thema Dürre und Trockenheit in den Hintergrund. An Bedeutung verliert es aber keinesfalls. Wie steht es jetzt um das Grundwasser in Hamburg?
Laut dem Unternehmen Hamburg Wasser, dem kommunalen Wasserversorger, gut. Es gab im Sommer zwar sehr lange Trockenphasen, aber auch sehr niederschlagsreiche Phasen. „Die Bilanz ist positiv“, wird Franziska Meinzinger, Leiterin der Infrastrukturentwicklung von Hamburg Wasser, in dem Wasserreport 2022 zitiert. „Viel Niederschlag im Winter 2021/22 sorgte für eine gute Grundwasserneubildung.”
Was ist eigentlich Grundwasser?
- Grundwasser ist ein wesentlicher Bestandteil des Wasserkreislaufs. „Es stammt überwiegend aus Regenwasser, das durch den Boden und den Untergrund bis in die Grundwasserleiter sickert“, schreibt das Umweltbundesamt (UBA). Oberflächennahes Grundwasser versorgt Pflanzen mit Wasser und speist Bäche und Flüsse. Besonders in regenarmen Zeiten des Jahres stamme ein großer Teil des Wassers in unseren Flüssen aus dem Grundwasser, so das UBA.
- Das Grundwasser ist die wichtigste Quelle für Trinkwasser in Deutschland— rund 74 Prozent des Trinkwassers würden daraus gewonnen. In Hamburg sogar 100 Prozent. Laut der Stadt Hamburg wird Grundwasser auch zur Brauchwasserversorgung von Industrie und Gewerbebetrieben, zur Bewässerung von Sportplätzen, zur Gartenberegnung oder für Feuerlöschzwecke genutzt.
Dürre 2022: Winterhalbjahr für Grundwasser besonders wichtig
Trotz Dürre im Sommer – zwischen April und Mai 2022 gab es ganze 26 Tage keinen Regen – lag das Jahr 2022 bezüglich Niederschlag im langjährigen Durchschnitt. Der Grund: Ein regenreicher Herbst und Winter. Der Februar 2022 war sogar der niederschlagsreichste Monat in Hamburg seit Beginn der Wetteraufzeichnungen.
“Die Niederschläge sind für das Grundwasser das gesamte Jahr wichtig“, so eine Sprecherin vom Deutschen Wetter Dienstes (DWD) auf Nachfrage von FINK.HAMBURG. Allerdings: Die Niederschläge im Sommerhalbjahr werden vor allem von Pflanzen genutzt und verdunsten teilweise. Im Winterhalbjahr brauchen Pflanzen dagegen nicht so viel Wasser und durch die geringeren Temperaturen verdunstet auch weniger, „sodass die Niederschläge dann dem Grundwasser zugutekommen“, so die Sprecherin.
Hydrologisches Jahr vs. Kalenderjahr
- Ein hydrologisches Jahr ist nicht gleich einem Kalenderjahr. Es geht von November bis Ende Oktober des Folgejahrs. „Das hydrologische Jahr bildet die wasserwirtschaftlichen Rahmenbedingungen besser ab als ein Kalenderjahr“, so Ingo Hannemann, der technische Geschäftsführer von Hamburg Wasser, „denn es endet nicht mitten in der Grundwasserneubildung“. Ein hydrologisches Jahr ist nicht gleich einem Kalenderjahr. Es geht von November bis Ende Oktober des Folgejahrs.
- „Das hydrologische Jahr bildet die wasserwirtschaftlichen Rahmenbedingungen besser ab als ein Kalenderjahr“, so Ingo Hannemann, der technische Geschäftsführer von Hamburg Wasser, „denn es endet nicht mitten in der Grundwasserneubildung“. Die regenreichen Wintermonate sind für die Neubildung von Grundwasser besonders wichtig.
Klimawandel: Neue Herausforderungen für die Wasserwirtschaft
Extrem dürre Sommer und extrem regenreiche Winter werden uns auch in Zukunft beschäftigen. So prognostiziert es jedenfalls der Deutsche Verband des Gas und Wasserfaches e.V. (DVGW). In Kooperation mit dem Helmholtz Zentrum für Umweltforschung forschte der DVGW zu den “Auswirkungen des Klimawandels auf das Wasserdargebot”. Das Fazit der Studie: “Wir erwarten eine steigende Tendenz in Bezug auf Temperatur”, so Daniel Petry, Referent für Wasserwirtschaft, -güte und -versorgung vom DVGW bei der Präsentation der Studie “und bei dem Grundwasser eine gleichbleibende bis leicht steigende Tendenz“.
Doch Durchschnittwerte bilden die Extreme nicht ab. Und gerade die seien es, die die Wasserwirtschaft und -versorgung vor Herausforderungen stellen.
Gefahr Starkregen
“Wir müssen uns jetzt Gedanken machen, wie wir mit dem Thema Starkregen umgehen”, meint Hannemann. Dass es 2022 keinen Starkregen gab, sei vermutlich reiner Zufall gewesen. Um in Zukunft darauf vorbereitet zu sein, müsse man das Konzept der “Schwammstadt” weiter ausbauen. Kern des Konzeptes ist es, das Regenwasser nicht direkt abzuleiten, sondern aufzunehmen und zu speichern, um es für später nutzbar zu machen, zum Beispiel durch Fassadenbegrünung.
Ähnlich sieht es auch der Naturschutzbund (Nabu) Hamburg: “Die höheren Wasserstände aus dem Winter müssen länger in der Landschaft gehalten werden, um diese auch im späten Frühjahr und Frühsommer noch nutzen zu können.”
Ab wann spricht man von Starkregen?
- Es gibt keine feste Definition zu Starkregen. Grundsätzlich spricht man bei kurzen aber besonders starken Regenschauern von Starkregen. Anders als bei anderen Arten von Schauern treten Starkregenereignisse lokal, punktuell und meistens im Sommer auf. Der DWD unterteilt seine Warnungen vor Starkregen in drei Stufen: Markante Wetterwarnung, Unwetterwarnung und Warnung vor extremen Unwetter.
Hamburger verbrauchen 110 Liter Wasser pro Tag
Im Durchschnitt verbraucht jede*r Hamburger*in 110 Liter Wasser am Tag – der Bundesdurchschnitt liegt mit 130 Litern sogar noch höher.
Herausfordernder als der Durchschnittsverbrauch sei für die Wasserversorger allerdings der Tagesverbrauch. Problematisch werde es dann, “wenn alle gleichzeitig den Wasserhahn aufdrehen”, so Hannemann. Es gebe zwar Möglichkeiten für Versorger sich darauf einzustellen, mit intelligenten Wasserspeichern beispielsweise, dennoch würden Abgaben von 400.000 Kubikmetern am Tag und mehr das System in eine gewisse Anspannung versetzen.
Können wir uns unseren Wasserverbrauch leisten?
Grundsätzlich sei der Wasserverbrauch in Hamburg langfristig gedeckt, bestätigt das Institut für Wasserressourcen und Wasserversorgung der Technischen Universität Hamburg auf Nachfrage von FINK.HAMBURG. Laut dem Nabu gehen wir jedoch trotzdem zu verschwenderisch mit unserer wichtigsten Ressource um. “Aber der Trinkwasserverbrauch der Bevölkerung ist nur eine Stellschraube”, so ein Sprecher des Naturschutzbundes. In der Landwirtschaft zum Beispiel müsse man auf die klimatischen Veränderung reagieren und die Bewässerung anpassen. Eine Möglichkeit dazu ist die Tröpfchenbewässerung: Hierbei wird durch ein System an Schläuchen stetig eine geringe Menge Wasser an die Pflanzen abgegeben. Im Vergleich zu Beregnungsanlagen ist die Tröpfchenbewässerung effizienter und wassersparender.